Hermannstadt – Im Bereich Cyber-Spionage und der Bekämpfung von Internetbetrug gehören rumänische Spezialisten zu den besten in Europa. Seit Mai unterstützt das Staatsunternehmen Rasirom den ukrainischen Staat im Cyber-Krieg gegen Russland. Hybride Kriegsführung durch Cyberattacken werden indes immer häufiger und gefährlicher, das zeigte der Internetangriff auf Estland im Jahr 2007 durch die bewusste Überlastung von Infrastruktursystemen, aber auch die Sabotage iranischer Atomanlagen durch die Einschleusung mit Schadprogrammen. 2013 haben unbekannte Angreifer 48.000 Computer südkoreanischer Banken und Fernsehsender angegriffen und dabei einen Schaden von 820 Millionen US-Dollar angerichtet. Bei einer weiteren Attacke Ende 2014 wurde versucht die Baupläne von Kernkraftwerken in Südkorea zu stehlen.
Das Sicherheit im Internet jedoch kein abstraktes Thema ist, machte der „Awareness Day“ im Gewerkschaftskulturhaus am Mittwoch in Hermannstadt/Sibiu deutlich. Veranstalter war die Swiss WebAcademy, ein IT-Service- und Trainingszentrum das heuer zum dritten Mal den internationalen Kongress „Cybersecurity in Romania“ veranstaltete.
Im Rahmen dieser interaktiven Dialogplattform für staatliche und private Einrichtungen, IT-Fachleute sowie Unternehmen, sollte in diesem Jahr mit einer speziellen Veranstaltung auch die allgemeine Öffentlichkeit über die Gefahren im Internet informiert werden. Gemessen an der Teilnehmerzahl, von den 700 Plätzen im Saal waren nur einige Dutzend besetzt, scheinbar kein sehr spannendes Thema. Doch Sicherheit im Internet, das wurde von den Sprechern mehrfach betont, betrifft jeden Nutzer. Diese beginnt schon bei der Preisgabe persönlicher Daten in sozialen Netzwerken. Im harmlosesten Fall findet ein Personaler lediglich einige unvorteilhafte Fotos eines Bewerbers, doch können bestimmte Informationen auch für Einbrüche und bis hin zum Identitätsdiebstahl genutzt werden. Im sozialen Netzwerk „Swarm“ teilt der Benutzer bewusst mit, an welchen Orten er sich momentan aufhält, aber auch Smartphone-Fotos speichern den Ort der Aufnahme. Facebook, Twitter und Instagram nutzen dieses sogenannte „Geo-Tagging“ von Fotos und Statusmeldungen um gezielt Werbung einzublenden. Indes können diese Informationen auch für Kriminelle äußerst wertvoll sein. Potenziellen Einbrechern sagen solche Daten unmissverständlich, dass eine Wohnung zum Zeitpunkt der Schnappschüsse am Strand, welche sofort auf Facebook geteilt werden oder dem einchecken via „Swarm“ im Einkaufszentrum, mit großer Wahrscheinlichkeit ungenutzt ist. Und auch für Stalker, also Personen, die andere durch aufdringliches Verfolgen belästigen, sind die Ortsinformationen in Fotos eine große Hilfe.
Die Fülle an Informationen, welche über eine Person ganz einfach zusammengetragen werden können, machte ein etwas unbeholfener Dracula-Schauspieler am Mittwochabend im Gewerkschaftskulturhaus deutlich. Ovidiu, ein Gast im Publikum, war doch sehr erstaunt, welche bewusst und unbewusst von ihm im Internet verbreiteten Angaben abrufbar sind und von den Organisatoren des Kongresses ganz legal abgerufen wurden. Dazu gehörten peinliche Fotoaufnahmen, aber auch Informationen zu Internetverkäufen, einer privaten Email-Adresse, die „nur maximal 10 Leute kennen“ und seinem Vermögen. Für Personaler entsteht so schon vor dem ersten persönlichen Treffen ein umfangreiches Bild des Bewerbers. Mit krimineller Energie kann durch sogenanntes „Phishing“, also dem Versuch über gefälschte Webseiten oder E-Mails an persönliche Daten eines Internet-Benutzers zu gelangen, Identitätsdiebstahl begangen werden und letztlich das Konto des Betroffenen geplündert werden.
Vorgeführt wurde auch die Internetseite „wearedata.watchdogs.com“, ein kostenloses Browserspiel, welches wiederum das Computerspiel „Watch Dogs“ bewerben soll. Der Spielehersteller Ubisoft zeigt hier sehr anschaulich die Fülle an öffentlich zugänglichen Daten aus den drei internationalen Großstädten Berlin, London und Paris und stellt sie auf dreidimensionalen Karten dar. Die Karten sind gespickt mit Informationen über Internetzugänge, Überwachungskameras, Twitter-Postings, Instagram-Bildern und vielem mehr. Gezeigt werden aber auch Angaben zu Durchschnittseinkommen, Arbeitslosenquoten, Kriminalitätsraten und dem Stromverbrauch von Stadtvierteln. Dies sind wohlgemerkt alles öffentlich zugängliche Daten, die lediglich professionell ausgewertet werden müssen. So steht am Ende des Abends die Erkenntnis: „Privatsphäre existiert nicht, seien sie sparsam und bedacht im Umgang mit persönlichen Daten.“