Tietz-Ehrung in der Akademie-Filiale

Eine Tagung von beachtenswertem Niveau in Temeswar, unter Beteiligung von Tietz-Nachkommen

Rudolf Gräf bei seinem Vortrag in der Temeswarer Akademiefiliale. Im Präsidium (v.l.n.r.) Ioan David, Erwin Josef Ţigla. Foto: Zoltán Pázmány

Temeswar – Auf Initiative von Erwin Josef Ţigla und in der Organisation des Akademieinstituts für Banatstudien „Titu Maiorescu“ fand am vergangenen Freitag im Ovalsaal der Akademiefiliale Temeswar eine feierliche Tagung statt, die dem Lehrer und Volkskundler Alexander Tietz (9. Januar 1896, Reschitza – 10. Juni 1978, Reschitza) gewidmet war. Unter der Moderation des Leiters des Temeswarer Akademieinstituts für Banatforschungen, Ioan David, gab es eine umfangreiche Einleitung durch den Leiter der Akademiefiliale Temeswar, Dan Dubină (der einen geschichtlichen Überblick vermittelte), durch Johann Fernbach, dem Vorsitzenden des Banater Forums (der eine kleine Einführung ins Werk von Tietz machte), durch den Abgeordneten Ovidiu Ganţ (der mit seiner Regierungskritik, fußend auf Zitaten aus der rumänischen Klassik, Szenenapplaus erhielt) und durch übermittelte Grußworte von Konsul Ralf Krautkrämer.

Eines der ersten Highlights der Veranstaltung war der Vortrag des aus Reschitza stammenden Klausenburger Historikers Rudolf Gräf, der eine soziologisch-historisch-ethnologische Wertung der Veröffentlichungen von Tietz vornahm und dabei einige Paradoxa der Lokalgeschichte des Banater Berglands bewusst machte (etwa, dass die Reschitzaer Bürgergarde aus Deutschen bestand, die an der Seite der Ungarischen Revolutionsheere kämpften und dabei die Beschützer des Kaisers zum Gegner hatten, die Soldaten des Karansebescher Grenzregiments, fast vollzählig Rumänen waren; oder dass die Bufänen, aus Südrumänien ins Banater Bergland geflüchtete ehemalige rumänische Leibeigene, in der von Historikern gern als „Gefängnis der Nationen“ beschriebenen Habsburgermonarchie ihre Freiheit fanden; usw.). Gräf wies auch auf die Sondersituation des Banater Berglands hinsichtlich der Befriedigung des Bildungsbedarfs hin: die Mittelklasse des Banater Berglands bestand aus der (in hohem Maß durch Selbststudium) gebildeten Schicht hochqualifizierter Fachleute – ohne Hochschulbildung.

Mit Doina Bogdan-Dascălu und Damian Vulpe ergriffen zwei der Nachkommen von Alexander Tietz das Wort, die über die Beziehungen von Tietz zu Temeswar und über die Rolle der Musik im Sozialleben des Banater Berglands, speziell von Reschitza, sprachen (Tietz selber schreibt irgendwo, man konnte in der Zwischenkriegszeit vom (Süd-)Bahnhof bis in die Stawilla in der Oberstadt gehen, und die Musik hörte unterwegs niemals auf). Doina Bogdan-Dascălu unterstrich auch die besondere Neigung von A.Tietz zum Wandern (er hatte in Reschitza den „Wandervogel“ gegründet und vorübergehend geleitet) und zum Erschließen der Natur, ein Vorgang, an dem er auch gern seine junge Verwandtschaft teilnehmen ließ.

Erwin Josef Ţigla zog eine Bilanz des bisher Vorgenommenen bezüglich einer Neuwertung des Werks von Alexander Tietz, sowie der (meist von ihm initiierten) öffentlichen Ehrungen (Büste, Briefmarken, Namensgebung von Institutionen, Veranstaltungen usw.), während der Forscher Bogdan Mihai Dascălu (ein Ur-Ur-Enkel von Tietz) vom Banatforschungsinstitut der Akademie den Vorschlag erläuterte, eine kritische Werksausgabe von Tietz unter der Ägide der Akademie herauszugeben.

Ada Cruceanu-Chisăliţă versuchte sich in einer vergleichenden Analyse der rumänischen (Original-)Version und deren Deutschübersetzung von Hans Liebhardt. Man merkte, dass die Referentin nicht beide Sprachen gleichermaßen gut beherrscht. Der Literaturkritiker Gheorghe Jurma versuchte eine Einbettung von Tietz in die Epochen, in denen der Geehrte aufwuchs und lebte und identifizierte – ähnlich wie vor ihm Gräf – zwei grundlegend verschiedene Epochen (bis zum Ende des ersten Weltkriegs und die Zeit danach).