Von Truhen, Chorgestühlen und Johannes Reychmuth

Stiftung Kirchenburg startet neue Veranstaltungsreihe

Hermannstadt – „Wir machen die Kirchenburgen-Gespräche, weil wir gerne zeigen möchten, was unsere tägliche Arbeit ist“, sagte Ruth István am Dienstag-abend im Sitzungssaal des Landeskonsistoriums in Hermannstadt/Sibiu. István ist Fachtourismusreferentin der Stiftung Kirchenburgen, die sich dem Erhalt des kirchlichen Kulturerbes angenommen hat. Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe „Kirchenburgen-Gespräche“ sprach Diplom-Restaurator Dr. Ralf Buchholz zum Thema „Von Stollentruhen und Blockintarsien. Das Engagement der HAWK Hildesheim in Siebenbürgen“.
Buchholz’ Name wird in Siebenbürgen insbesondere mit drei Stichwörtern verbunden: den Henndorfer Truhen, dem Tobsdorfer Chorgestühl und dem Schreinermeister Johannes Reychmuth aus Schäßburg/Sighişoara.

Im gut gefüllten Oberen Sitzungssaal im Bischofspalais gab Buchholz einen kurzweiligen Einblick in seine fast 15-jährige Tätigkeit in Siebenbürgen sowie die gesamte Arbeit der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim. Bereits Ende des vergangenen Jahrhunderts erreichte Prof. Dr. Gerdi Maierbacher-Legl von der HAWK ein Hilferuf aus Henndorf/Brădeni. Hier standen auf dem Dachboden der Kirchenburg 127 Stollentruhen und rotteten vor sich hin. Wind und Regen sowie Schädlinge und Taubenkot hatten dem in Europa einmaligen Kulturgut stark zugesetzt. Buchholz gab spannende Einblicke in die Restaurierung und Konservierung, musste aber auch auf Nachfrage enttäuschen – zu mehr als dem Aufbewahren von Lebensmitteln wurden die Truhen nie genutzt.

Während ihrer Arbeit an den Henndorfer Truhen wurden die Wissenschaftler aus Hildesheim auch auf einen wenig bekannten Tischlermeister aufmerksam: Johannes Reychmuth. Seine Intarsien, also Einlegearbeiten aus Holz, sind in verschiedenen Kirchen der Region zu finden. Gefertigt haben soll der Schreinermeister auch das Tobsdorfer Chorgestühl, welches 2003 aufgrund des sehr schlechten Zustandes am ursprünglichen Standort in Tobsdorf/Dupuş, im kirchlichen Depot in Großau/Cristian eingelagert wurde. Dieses spätgotischen Chorgestühls hat sich die HAWK 2010 angenommen. Nach Abschluss der Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten soll es mittelfristig in der großen Pfarrkirche von Mediasch eine neue Heimat finden. Dabei ist Buchholz ein großer Verfechter, Objekte an ihrem Ort zu belassen, wie er in der anschließenden Diskussionsrunde betonte: „Natürlich wäre es ein Traum, wenn es wieder in Tobsdorf stehen könnte, dort stand es 500 Jahre.“

Doch gibt es in dem Dorf am oberen Lauf des Harbach/Hârtibaciu weder einen Kurator noch eine Gemeinde. „Es macht keinen Sinn es dort wieder aufzustellen,“ so Buchholz weiter, denn es steckt viel Arbeit und Geld in der Restaurierung und auch die Aufmerksamkeit in Mediasch ist deutlich höher, wo es auch wieder genutzt werden könnte! Doch, auch das betonte Buchholz, das Gestühl werde so gebaut, dass es sich wieder zerlegen lässt, sodass es eines Tages durchaus wieder an seinem ursprünglichen Platz in Tobsdorf stehen könnte. Die Kirchenburgen-Gespräche sollen von nun an quartalsweise stattfinden. Der nächste Termin ist im Oktober und wird anlässlich des 200. Geburtstages von Bischof Georg Daniel Teutsch sein Wirken in der siebenbürgischen Kirchenburgenlandschaft zum Thema haben.