30 Jahre „Verein zur Förderung bedürftiger rumänischer Kinder“

Paul Hackl (l.) und Johann Piringer beim letzten Besuch in Sathmar im vergangenen Jahr
Foto: der Verfasser

Johann Piringer und Paul Hackl verbindet eine lebenslange Freundschaft, die sie durch verschiedene Lebensabschnitte begleitete: Sie lernten sich als Schüler in der Hauptschule kennen und engagierten sich politisch in der Jungen ÖVP, der Jugendorganisation der Österreichischen Volkspartei. Ihr karitatives Engagement lässt sich auf eine Zufallsbekanntschaft in einem Wiener Café zurückführen.

Dort trafen sie auf Ga-briel Szilagyi, der aus der Region Sathmar stammte und noch während der Ceau{escu-Diktatur mehrere Fluchtversuche unternahm. Die ersten schlugen fehl, aber beim sechsten Versuch gelang ihm die Flucht nach Österreich. In seiner neuen Heimat eröffnete er ein Café, wo er zufällig auf die Gäste Piringer und Hackl traf. Als die Männer ins Gespräch kamen, schilderte der Cafébesitzer die katastrophale Situation der Kinderheime in seiner alten Heimat. Nahezu fassungslos über die Schilderungen beschlossen die Österreicher, sich vor Ort selbst ein Bild von der Situation in den Heimen zu machen.

Erste Hilfsaktion im Jahr 1990

Der erste Einblick in ein Kinderheim bestätigte nicht nur die geschilderte Situation, vielmehr war es der zündende Impuls, den Kindern zu helfen. Die ersten Hilfsaktionen wurden 1990 durch die christliche Gewerkschaft sowie den christlichen Arbeiter- und Angestelltenbund organisiert, für den Johann Piringer damals noch tätig war. Paul Hackl kam zwei Jahre später ebenfalls zur Rumänienhilfe. Im ersten Kinderheim, das unterstützt wurde, waren 170 Jungen untergebracht.

Es befand sich in Nisipeni im Kreis Sathmar.

Die ersten Hilfsaktionen nach der Wende gestalteten sich noch einfacher und unkomplizierter. Strengere Einfuhr- und Zollbestimmungen führten aber 1995 zur Gründung einer Stiftung in Rumänien sowie des Vereins „VFRK“ in Wien. Durch diese juristische Grundlage erhoffte man sich Erleichterungen im Umgang mit den Zollvorschriften sowie eine rechtlich korrekte Abwicklung der Hilfeleistungen in Rumänien. Die Stiftung in Rumänien selbst wurde vor etwa zehn Jahren aufgelöst, da sie durch den Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union obsolet wurde.

Ab 1995 unterstützte auch der deutschsprechende Journalist Marius Chinde den Verein vor Ort in Rumänien. Er fungierte als Repräsentant und war ein wichtiger Ansprechpartner im Umgang mit den rumänischen Behörden.

Waschmaschinen für Nisipeni

Der Verein konzentriert sich vor allem auf Sachspenden. Eine Erfahrung blieb den beiden Initiatoren besonders in Erinnerung. Nachdem man mit einem Transport neue Hemden für die Jungen in Nisipeni beschaffen konnte, stellten Piringer und Hackl vier Wochen später fest, dass diese immer noch diese Hemden trugen, inzwi-schen teils ungewaschen und abgenutzt.

Auf Nachfrage beim Heimleiter wies dieser da-rauf hin, dass man den Jungen die Hemden nicht abnehmen konnte, um diese zu waschen: Denn die Jungen hatten eine persönliche, fast schon innige Beziehung zu den Kleidungsstücken aufgebaut, weil sie die ersten persönlichen Geschenke waren, die sie im Heim erhalten hatten. Aber aus den staatlichen Wäschereien bekamen die Heime nicht immer dieselbe Kleidung zurück, die sie hingeschickt hatten. Für die Jungen in Nisipeni stellten die Hemden aus Österreich deshalb etwas Besonderes dar. Etwas, was nur ihnen persönlich gehörte und das sie nicht mehr hergeben wollten.

Das Erlebnis sorgte dafür, dass man in weiteren Hilfstransporten auch industrielle Waschmaschinen für das Heim als Spenden beschaffen konnte. Das Kinderheim war somit nicht mehr auf den Kreislauf der staatlichen Wäschereien angewiesen und konnte die Kleidung vor Ort reinigen. Nach einigen Jahren wurde das Heim in Nisipeni aufgelöst und die Kinder fanden in anderen Heimen einen Platz.

Gemüse, Computer und ein Spielplatz

Seit dem Jahr 2005 engagierte sich der „VFRK“ in Nanten/Hurezu Mare in einem neuen Kinderheim, wo etwa 70 Kinder ein neues Zuhause fanden. Der österreichische Verein förderte hier neben den regelmäßig mitgebrachten Sachspenden z.B. auch die Anlegung eines Gartens, der jedes Jahr große Mengen an Gemüse für eine gesunde Verpflegung der Kinder generierte, und stellte das dafür benötigte Saatgut zur Verfügung. Mit gespendeten älteren PCs konnte ein Computer-Raum eingerichtet werden, und mit Spenden der Raiffeisenbank wurde ein neuer Spielplatz errichtet.

Jährlich wurde am 1. Juni, dem Kindertag, ein Kinderfest im Heim veranstaltet. 2018 wurde auch das Kinderheim in Hurezu Mare geschlossen. Ebenfalls seit 2005 unterstützte der Verein auch ein Mädchenheim der Franziskanerinnen in Sathmar, wo 14 Mädchen leben. Außerdem kam Johann Piringer später in Kontakt mit der Leiterin eines Heimes in Halmeu, unweit der Grenze zur Ukraine, wo der Verein seit 2019 engagiert ist.

Zusammenarbeit mit dem DFDS

Seit einigen Jahren verfügt der Verein auch über gute Beziehungen zum Demokratischen Forum der Deutschen im Kreis Sathmar. Der Verein spendet regelmäßig gebrauchte Bücher für die Bibliotheken der deutschen Schulen in Sathmar und Großkarol/Carei. Der Verein organisiert bis zu zweimal im Jahr Hilfskonvois nach Sathmar. In den Anfangsjahren, als der Bedarf an Hilfsgütern noch viel größer war, waren es bis zu fünf Fahrten pro Jahr. Zu Beginn der 1990er bestand ein Konvoi auch mal aus 16 Fahrzeugen. Im Durchschnitt waren es über die Jahre sechs bis zehn Fahrzeuge.

Mit der Zeit hat sich die Häufigkeit der Hilfstransporte jedoch deutlich reduziert. Die schwieriger werdende Finanzierung, aber auch die wirtschaftliche Verbesserung in Rumänien sind dafür verantwortlich. Aufgrund der pandemischen Lage mussten diese Transporte in den letzten beiden Jahre jedoch ausfallen.
Auf größere Fördergelder kann der kleine private Verein nicht zurückgreifen. Der Verein finanziert sich hauptsächlich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden sowie Einnahmen durch Tombolas, die man bei Veranstaltungen durchführt.

Hilfe ist immer weniger notwendig

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Situation und auch die Infrastruktur der Heime wesentlich verbessert. Vor allem die Veränderungen während des Zeitraums von über zehn Jahren in Nisipeni beeindruckten Johann Piringer und Paul Hackl. Die Standards in den Institutionen wurden deutlich angehoben. Ebenso sorgen EU-finanzierte Programme zur Verbesserung der Situation in den Heimen.

Heute wird nahezu alles von den Aufsichtsbehörden überwacht und überprüft, von der Verpflegung bis hin zur medizinischen Betreuung. Das Wohl der Kinder steht, im Vergleich zur Anfangszeit, deutlich im Fokus. Aber auch private Organisationen wie der „Verein zur Förderung bedürftiger rumänischer Kinder“ haben in den letzten drei Jahrzehnten einen bedeutungsvollen und wichtigen Beitrag dazu geleistet.