Bewegt, in positivem Sinn

Aus dem Bericht der Alten- und Pflegeheim- sowie Hospizleiterin Ortrun Rhein

Die Altenheimbewohner helfen nach der Schweineschlacht beim Fleischverarbeiten.
Foto: Carl-Wolff-Altenheim

Sechzehn Bewohner des Dr. Carl Wolff Alten- und Pflegeheimes in Hermannstadt führen am 24. Dezember um 17 Uhr mit den Pflegern ein Krippenspiel auf. Die „Premiere“ hatte zu Weihnachten 2010 stattgefunden, als acht der Bewohner mitmachten. Hatten im Vorjahr die „Engel“ dominiert, musste Heimleiterin Ortrun Rhein heuer weitere Rollen für „Hirten“ erfinden. Selbstverständlich wurde – wie in jedem Dezember – ein Schwein geschlachtet und die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner halfen beim Verarbeiten des Fleisches und beim Zubereiten der Würste. Bei den Backnachmittagen werden nun nicht mehr Apfelkuchen oder Krapfen gebacken, sondern Weihnachtskeks für die Adventsfeiern, aber auch schon für den Weihnachtsbaum.

Dergleichen Vorbereitungen gehörten in jedes Haus, für die Heimbewohner waren sie Alltag. Der soll, soweit als möglich, erhalten bleiben, erklärte Ortrun Rhein in ihrem Bericht auf der kürzlich abgehaltenen Mitgliederversammlung des Dr. Carl-Wolff-Vereins. Der 36 Mitglieder zählende Verband ist der Träger des Altenheims und Hospizes und trifft sich nun schon seit einigen Jahren in der Adventszeit. Verabschiedet werden die Jahresrechnungen und Haushaltsvoranschläge für die beiden Einrichtungen, es ist jedoch stets der Bericht ihrer Leiterin, der mit Interesse erwartet und aufgenommen wird.      
Anders als im vergangenen Jahr, als es zu finanziellen Engpässen wegen der ausgefallenen Zahlungen durch die staatliche Krankenkasse im Hospiz und auf Grund der Migration von Pflegekräften in besser zahlende Staaten zu Schwierigkeiten beim Sichern des Pflegepersonals gekommen war, gab es heuer keine Hiobsbotschaften. Die Krankenkasse überwies die Summen für das Hospiz und von der Aktion „Kirchen helfen Kirchen“ kam die Zusicherung, dass 2012 und auch für die Zeitspanne 2013 – 2015 eine Zusatzfinanzierung gesichert sei. Dank guter und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem BMI (Deutsches Bundesinnenministerium) und dem Diakonischen Werk der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) in Stuttgart konnten im Altenheim kurzfristige Entscheidungen getroffen und aufgetauchte Probleme unbürokratisch gelöst werden, wie zum Beispiel das Ersetzen von Warmwasserrohren und einem Teil der Küchenkanalisation. Erfreulich sind die Spenden von Privatpersonen oder Organisationen, die das knapp bemessene Budget aufstocken, dankbar nimmt man sie entgegen. Der Verein „Aktion Reiskorn e.V“ aus Hamburg spendet monatlich 1000 Euro für das Hospiz und ein tragbares Ultraschallgerät ist unterwegs nach Hermannstadt.
Weniger Vertrauen scheinen die rumänischen Behörden in diese Institution zu haben, denn sie gehört zu jenen, denen ständig Kontrollen auf den Hals rücken, obwohl sich die unterschiedlichen Ämter mittlerweile überzeugt haben sollten, dass alles in Ordnung ist.
Das Pflegepersonal war bis August relativ stabil, dann aber gingen innerhalb eines Monats vier Pfleger nach Deutschland und man hatte Mühe, neues Personal zu finden. Für die Neulinge muss sehr viel mehr Zeit in die Grundausbildung investiert werden, um ganz normale Dinge wie den Wechsel der Tischtücher oder Gesprächsrunden mit den Bewohnern   aufrechterhalten zu können. Es fehlt nicht an Gutwilligkeit, aber wohl an einem gesunden Zuhause, wo dergleichen mitgegeben wird. Für die Stationsverantwortlichen bedeutet dies intensivere Arbeit als bisher in den internen Schulungen. Einige Sorgen verursachte der Mitarbeitermangel auch im Hospiz, wo vier Krankenschwestern in besser bezahlte Stellen wechselten und zwei in Geburtenurlaub traten. Mittlerweile konnten neue Mitarbeiter gefunden und geschult werden und die Teams haben sich eingespielt. Auch hier kann die Schulung intern vorgenommen werden, da zwei der Mitarbeiterinnen als Lektoren für Palliativbetreuung ausgebildet sind und per Videoübertragung aus Kronstadt Kurse anbieten können.

Die Betreuten

Im Altenheim wohnen fast ständig 106 Heimbewohner. Zum Leidwesen der Personen auf der Warteliste gab es nur 16 Vakanzen durch Todesfälle. Zum Alltag gehören Ergotherapie, Remmy-Nachmittage und sonstige Initiativen der Heimbewohner, ein Highlight für die mobilen Heimbewohner war der Ausflug nach Kerz und zur Forellenzucht in Albota. Erfreulich ist, dass derzeit nach einer Tanzlehrerin gesucht wird, weil die noch Fitten Lust am Tanzen verspüren. Besorgnis erregt hingegen die Tatsache, dass der Anteil der Demenzpatienten zunimmt, was eine intensivere Betreuung erfordert und eine Vertiefung der internen Schulungen.
Das Hospiz verfügt über 14 Plätze. Aufgenommen werden konnten über das Jahr verteilt 197 Krebskranke, die nur mehr palliativ versorgt werden, von diesen wurden 115 bis zu ihrem Tod betreut.  
Es sind leider immer mehr sehr junge Patienten, die im Haus aufgenommen werden. Ihnen wird, soweit wie möglich, eine intensive Begleitphase geboten, mit Erfüllung zahlreicher Sonderwünsche. Aber auch die Eltern müssen begleitet werden. Sehr wichtig war dabei die Zusammenarbeit mit den orthodoxen Pfarrern, beim Verstehen und Verarbeiten der Situationen half Diakonin Petra Stöckmann dem Team. Immer wieder erleben die Mitarbeiter im Hospiz, dass manche Krebskranke buchstäblich von der Familie abgeschoben werden und Angehörige nur noch mit dem Notar zur Güterüberschreibung kommen. Über 10 Prozent der Patienten wurden ohne Akten eingewiesen. Als Zauberformel, um den Todkranken Besuche von Verwandten oder Bekannten zu schenken, erwies sich der Satz, das Hospiz könne für Sarg und Begräbniskosten aufkommen. Mit Takt möchte man diesen Sterbenden das Gefühl nehmen, dass sie über ihren Tod hinaus jemandem zur Last fallen könnten. Um Patienten auch nach ihrer Entlassung aus dem Hospiz oder andere Krebskranke ambulant zu betreuen, bieten die beiden Ärzte Dr. Maria Radu und Dr. Loránd Péter seit dem März zweimal wöchentlich Sprechstunden an.
Auch 2011 war ein bewegtes Jahr, aber in positivem Sinn, in dem manches besser in den Griff bekommen wurde, lautete das Fazit von Heimleiterin Ortrun Rhein.