Corona Blues II

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Dass wir Risiko-Gruppe, d. h. über 65-Jährigen, nun von 7 bis 11 und 19 bis 22 Uhr ausgehen dürfen, betrachte ich als ersten Schritt zu der nach dem 15. Mai versprochenen Lockerung. Und als Generalprobe für unser Verhalten noch eine geraume Zeit. Denn selbst wenn es keine Ausgeheinschränkungen mehr geben wird, bleiben das Virus und die Gefahr, sich anzustecken, präsent. Mundschutz, Distanzhalten, Menschenmengen meiden, aufpassen, was angefasst wird, Hände desinfizieren, wenn waschen nicht möglich ist, die unterwegs getragene Kleidung möglichst rasch ausziehen und draußen lassen, Mitgebrachtes abwischen, usw. müssten zur Routine werden. Diese wird uns noch einige Zeit begleiten. Und sollte nicht in Zwangserscheinungen oder Ticks ausarten!

Versprochen wird das Eröffnen der Parks. Meiner Ansicht nach hätte das diese Woche, d. h. bald nach dem 1. Mai, geschehen können. Alle Fachleute sind der Ansicht, dass frische Luft und Bewegung gut tun. Sie stärken die Abwehrkräfte und die braucht jeder, um mit dem Virus kämpfen zu können. Die Eltern sorgen sicher gerne dafür, dass die Kinderspielplätze sauber sind, froh darüber, dass ihre Kinder sie wieder nutzen können – wobei vermutlich eher eine Säuberung nach den vielen versprühten Desinfektionsmitteln nötig sein wird. Wo zu viele verantwortungslose Leute auf einem Haufen stehen oder sitzen, werden die eh in den Parks patroullierenden Ordnungskräfte sie schon auseinanderscheuchen. Was nach dem 15. Mai noch möglich werden sollte, ist das Wandern: Das erfolgt bekanntlich in frischer Luft, in kleinen bis kleinsten Gruppen und nicht auf Tuchfühlung.

Was ich noch erwarte, ist die angekündigte Eröffnung der Terrassen und Biergärten. Für die Betreiber ist es weniger lukrativ, die Tische in gehörigem Abstand voneinander aufzustellen, sie sollten aber einsichtig sein, dass sie so zumindest etwas statt gar nichts verdienen. Wie groß die Ansteckungsgefahr ist, den Kaffee oder Tee oder das Bier aus Tasse oder Glas zu trinken, die vorher von einem Virus-Träger benutzt und nicht richtig heiß gespült worden sind, sollten uns die Epidemiologen bis dahin erklären.

Ein Fan der Online-Theatervorstellungen und -Konzerte bin ich nicht, aber es ist gut, dass es sie gibt. Um Entzugserscheinungen zu vermeiden. Das live Miterleben im Theater- oder Konzertsaal ersetzen sie nicht. Sie vermitteln Bilder und Klänge, die Kommunikation und der Austausch von Emotionen zwischen Darstellern oder Musikern und Publikum kommt nicht zustande. Die Theater- und Konzertsäle werden vermutlich noch eine geraume Zeit verschlossen bleiben. Ich erwarte und hoffe, dass die Theater- und Konzertmanager Hermannstadts ihre Vorstellungen auf die zahlreichen Plätze der Stadt verlegen. Das geschah auch bisher jeden Sommer, warum also heuer nicht? Es liegt an jedem von uns, ob wir Corona-bewusst im Publikum auf Distanz zu den anderen bleiben oder unsere Gesundheit aufs Spiel setzen.

Reisen habe ich für die nächste Zeit vom Plan gestrichen. Ob wir aber in diesem Sommer baden und schwimmen gehen werden? Wissen Sie, was ein Trikini ist? Die Antwort zirkuliert als Bild über WhatsApp: Slip, BH und Mundschutz. Kann in modischem Design und in schönen Farben gefertigt werden! Ob das Virus beeindruckt sein wird? Ich wage es zu bezweifeln. Im Wasser soll die Ansteckungsgefahr gering sein, man muss also darauf achten, Stellen zu meiden, wo vorher potenzielle COVID-19-Träger gesessen oder gelegen haben.

Es wird ein anstrengender und gefahrenvoller Sommer werden. Wir werden uns vor dem Virus schützen lernen – und dennoch nicht die Gewissheit haben, dass alles richtig war. Wir werden theoretische Risiken eingehen und diese bereuen, wenn es im Hals zu kratzen beginnt. Ist mir schon zweimal passiert. Doch kam ich drauf, dass das Kribbeln im Hals und trockene Hüsteln von der Chlorlösung herkommen, mit der die Straßen und Gehsteige abgesprüht werden. Man wird zum Hypochonder, auch wenn man es sonst nicht ist!

Ein Trost in all den Einschränkungen: Stellen Sie sich vor, was die Ausgangssperre unter den Bedingungen vor 35 Jahren bedeutet hätte. Kein Internet und keine Millionen Online-Plattformen, keine Möglichkeit via Internet zu arbeiten und (mehr schlecht als recht) zu lernen, sich Lebensmittel und Essen liefern zu lasen, kein Handy und nur ein schlecht funktionierendes Festnetz-Telefon, das alle Familienmitglieder benutzen wollen, zwei Stunden Sendung im Fernseher, in denen sich der Genosse echauffiert ...