Dakisch-römische Spuren verschwinden

Kulturminister Puiu Haşotti, ein ehemaliger Archäologe, ist gefragt

Carnuntum, ehemals Hauptstadt Pannoniens: Gesamtansicht des rekonstruierten Teils
Foto: Werner Kremm

Dr. Dumitru Ţeicu, Archäologe, Mittelalterforscher und Museumsleiter in Reschitza, wandte sich in einem Brief an Kulturminister Puiu Haşotti und machte auf den zunehmenden Verfall der wichtigsten archäologischen Fundstätten aus dakisch-römischer Zeit in Siebenbürgen und im Banat aufmerksam. Sarkastisch bemerkt Dr. Ţeicu: „Um das Munizipium Tibiscum sehen zu können, muss man erst eine Sense und eine Rodehacke zur Hand nehmen.“

Ohne minimale Geschichtskenntnisse wisse ein Zufallsbesucher überhaupt nicht, dass er sich am Ufer der Temesch/Timiş bei Jupa, einer in die Stadt Karansebesch/Caransebeş eingemeindeten Ortschaft, auf dem Gebiet der größten Römersiedlung Rumäniens befindet, die von keiner späteren Ortschaft überbaut ist und wo man nun schon seit fast hundert Jahren archäologische Forschung betreibt: Das allerdings nur mit schriftlich festgehaltenen Erkenntnissen, kaum mit etwas, was man bei einer Feldbegehung hindernisfrei besichtigen könnte. Alles ist von Unkraut und Sträuchern überwuchert. Dr. Ţeicu bezieht sich im Kontrast dazu auf die Hauptstadt der römischen Provinz Pannonien, Carnuntum, wo Österreich Modellhaftes an Rekonstruktion und Konservierung geleistet hat und von wo man lernen könnte. Wenn man es will.

Die am intensivsten erforschte archäologische Fundstätte des Banats, mit der für Rumänien nahezu einzigartigen Chance, vollkommen freigelegt werden zu können, da sie nie überbaut wurde, sei in derselben traurigen Situation wie Ulpia Traiana Sarmizegetusa, spätere Hauptstadt der römischen Provinz Dakien, wie Porolissum bei Thorenburg/Turda oder wie die frühere dakische Hauptstadt Sarmizegetusa bei Grădiştea Muncelului. An eine didaktische oder touristische Einbindung dieser antiken Städte sei erst mal gar nicht zu denken, denn die Lage vor Ort sei eher abstoßend denn anziehend.

Deshalb appelliert Dr. Ţeicu an die kollegialen Gefühle des amtierenden Kulturministers, der mal als Archäologe seine Karriere begonnen hat, dringend etwas zu unternehmen. Und nicht nur auf finanziellem, sondern auch auf organisatorischem Gebiet. Der Direktor des Museums des Banater Montangebiets geht etwas konkreter auf die Lage in Tibiscum ein und bietet dem Kulturminister auch Vorschläge zur ihrer Verbesserung. „Der tiefere Grund für die bestehende Situation liegt in der ungenügend geklärten rechtlichen Lage der Verwaltung der archäologischen Fundstätte des archäologischen Reservats Tibiscum“, schreibt er. „Daraus folgt die Schwierigkeit, das archäologische Reservat effizient zu verwalten, eine kohärente und nachhaltige Forschungspolitik umzusetzen und die einzigartigen Funde dauerhaft zu konservieren.

All das erst würde auch die vielseitige wissenschaftliche und kulturelle Förderung des Objekts begünstigen. Wissenschaftliche Forschung wird hier einzig durch die West-Universität Temeswar betrieben, der sich jeweils ein Archäologe aus dem Museum für Ethnografie und des Grenzregiments Karansebesch – dem verwaltenden Museum – anschließt. Die doppelköpfige Forschungsleitung“, schreibt Dr. Ţeicu, „hat die archäologischen Grabungen immer schon vor Hürden gestellt und Improvisationen gefordert. Die Ausstellung über das römische Munizipium Tibiscum, deren Einrichtung aus den freigelegten Artefakten vor Ort bestand, ist seit mehr als zehn Jahren geschlossen, ein guter Teil der freigelegten Bauten ist von Vegetation – hohem Gras und Buschwerk – überwuchert, die römischen Thermen befinden sich in einem Zustand fortgeschrittenen Zerfalls.“

Als Lösung schlägt Dr. Dumitru Ţeicu dem Kulturministerium vor, einen Administrator für das archäologische Reservat, mit dem Status einer Rechtsperson, einzusetzen – dem also auch eine Budgethoheit zukommt –, einen Verwaltungsrat einzusetzen (gegebenenfalls: zu ernennen) und einen wissenschaftlichen Beirat zu bestimmen. All dies, um die immer wieder aufflammenden Konfliktsituationen zwischen den gegenwärtig implizierten Institutionen definitiv auszuschalten. Die Lösung gelte gleichermaßen für Ulpia Traiana (auch hier sind zu viele (?) impliziert, ohne dass klar ist, wer das letzte Wort hat...) oder auch für Porolissum. Mit dieser Lösung würde in Tibiscum eine klare Trennung zwischen dem Museum für Ethnografie und Geschichte des Grenzregiments in Karansebesch – mit ganz anderen Hauptaufgaben als der Wahrung und Erforschung römischer Geschichtszeugnisse – und dem archäologischen Reservat Tibiscum vollzogen. Damit wäre dann ein erster Schritt in die richtige Richtung getan, meint der Direktor des Museums des Banater Montangebiets.