Demokratie interaktiv entdecken und verstehen

Sathmarer Schülerinnen und Schüler beteiligten sich an Projekt zur politischen Bildung

Die einzelnen Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse im Rahmen des Workshops. Fotos: Iosif Bandura

Dr. Roxana Stoenescu referierte zunächst über das Themengebiet Demokratie.

Die USA haben bereits gewählt. In Rumänien und Deutschland stehen in Kürze Wahlen an. Politische Themen sind allgegenwärtig und bestimmen maßgeblich die Agenda der Medien. Wahlanalysen zeigen, dass vor allem auch junge Menschen in den Fokus der Parteien und politischen Interessengruppen geraten. In Zeiten aktueller und komplexer politischer Debatten ist die Förderung von Demokratiekompetenz und politischer Bildung bei Jugendlichen daher von zentraler Bedeutung. Das Projekt „Demokratie verstehen und leben“, welches vergangenen Freitag vom Kulturverband Sathmarense in Kooperation mit dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in Sathmar/Satu Mare veranstaltet wurde, setzte genau hier an.

Was ist Politik? Was ist Demokratie, und was bedeutet sie? Wie hat sie sich im Verlauf der Geschichte entfaltet? Mit derartigen Fragen beschäftigten sich insgesamt 26 Schülerinnen und Schüler der elften Klassenstufe des Deutschen Theoretischen Lyzeums „Johann Ettinger“ in Sathmar im Rahmen des Projekts „Demokratie verstehen und leben“. Im Workshop setzten sich die Jugendlichen zudem interaktiv mit Demokratieprinzipien und Gestaltungsmöglichkeiten auseinander.

Von der Theorie zur Praxis

Dr. Roxana Stoenescu ist in Sathmar mittlerweile keine Unbekannte mehr. Die Dozentin, die an der Fakultät für Europastudien an der Babe{-Bolyai-Universität in Klausenburg/Cluj lehrt, hat in den vergangenen Jahren vor allem das deutschsprachige Lyzeum „Johann Ettinger“ schon mehrfach besucht. Vor allem im Vorfeld von Europawahlen hielt sie Vorträge zu den Themenschwerpunkten Politik und Wahlen.

Sie stand daher auch für das Demokratieprojekt mit ihrer Expertise zur Verfügung. In einer etwa einstündigen Präsentation lieferte sie den interessierten Schülerinnen und Schülern zunächst das theoretische Werkzeug. Dabei standen Demokratie, Politik, Herrschaftsformen und politische Ideologien im Fokus. Im Anschluss waren die teilnehmenden Jugendlichen aufgerufen, den theoretischen Input auch interaktiv umzusetzen.

Planspiel: Wir erschaffen einen Staat!

Für die interaktive und praktische Umsetzung des Gelernten formierten die Elftklässler insgesamt vier Gruppen. Jede Gruppe hatte die Aufgabe, einen eigenen Staat zu entwerfen. Die Gruppenmitglieder schlüpften somit in die Rollen von „Staatsarchitekten“. Bei der „Erschaffung“ ihres eigenen Staates mussten die Gruppen sich auch mit den Elementen eines Staates auseinandersetzen und diese in ihre Planung und Diskussionen einbeziehen. Hierbei stand die Frage „Was macht einen Staat aus?“ im Vordergrund.

Ein Staat zeichnet sich durch ein Territorium, Grenzen, ein Volk, eine Verfassung und Grundgesetze aus. Zudem mussten sich die Jugendlichen auch Gedanken über die politische Gestaltung ihres Staates machen. Welche Regierungsform hat der Staat? Wie ist die Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger geregelt? Ebenso mussten sich die Gruppen auch Gedanken zur Wirtschaft und Kultur ihres Staates machen. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. Bewusst konnten die Schüle-rinnen und Schüler auch einen Staat mit totalitären oder monarchischen Strukturen entwerfen. Diese sollten den Gegenentwurf zu unserem demokratischen Staatskonstrukt aufzeigen. Die Jugendlichen diskutierten dabei konstruktiv innerhalb der Gruppenarbeit. Demokratisch musste dann auch in der Gruppe eine Lösung gefunden werden. Die Schülerinnen und Schüler wurden während der Arbeitsphase von Dr. Stoenescu mit Hinweisen und Ratschlägen begleitet.

Demokratischer Inselstaat oder totalitäre Diktatur – alles erlaubt

Nach der intensiven Gruppenarbeit präsentierten die vier Gruppen jeweils ihren eigenen Staat. Dabei mussten alle Mitglieder einzelne Aspekte ihres Staates erklären und begründen, warum sie sich dafür entschieden hatten.
Das Spektrum der entworfenen Staaten reichte vom demokratischen Inselstaat, in dem alle zwei Jahre die Minister gewechselt werden, über eine ideologisch kommunistisch geprägte Diktatur bis hin zum 2,5 Millionen Einwohner zählenden Kleinstaat, der von einem absolutistischen Monarchen geführt wird. Während der Präsentation diskutierten die Teilnehmenden jedes einzelne Staatsmodell. Hierbei wurden auch Vergleiche angestellt und darauf hingewiesen, wie selbstverständlich wir heute unsere freien, demokratischen Grundwerte nehmen. Die Schülerinnen und Schüler setzten sich in der Gruppenarbeit und dem Planspiel detailliert und tiefgreifend mit politischen Modellen auseinander. Der Workshop war so eine gelungene und praxisnahe Umsetzung der politischen Bildung.

Auch in der abschließenden Feedbackrunde äußerten sich die Jugendlichen durchwegs positiv. Vor allem der interaktive Part des Workshops hatte ihnen gefallen. Besonders die Möglichkeit, ihre Ideen kreativ zu gestalten und diese dann zu präsentieren, wurde positiv bewertet. Alle Schülerinnen und Schüler würden wieder an einem vergleichbaren Projekt teilnehmen. Politische Bildung kann also viel mehr sein als nur trockene Theorie.

Das Projekt „Demokratie verstehen und leben“ wurde mit Mitteln des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland durch das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) gefördert.