Der Araber in mir

Man sollte meinen, dass der arabische Kulturkreis nicht gerade das passende Reiseziel für alleinreisende Frauen sei. Und doch zog es mich immer wieder nach Ägypten & Co. Ich liebe das schmackhafte Essen mit exotischen Gewürzen, die Wüste, die Dattelpalmen... Und die bequeme Kleidung, die wie ein überdimensionales Nachthemd wirkt! Meine erste Tat bei einer Tunesienreise: der Kauf von Jesuslatschen und einer Dschellaba auf dem Bazar, die ich dann zwei Wochen lang ununterbrochen trug. Im Sammeltaxi, mit Einheimischen in der Hitze zusammengepfercht, merkt man ja nicht, wer da so muffelt. Touristinnen in kurzen Röckchen und Spaghettiträgerleibchen lächelten süffisant bei meinem Anblick. Doch ich hatte mir neben Bequemlichkeit auch Bewegungsfreiheit erkauft – denn in diesem Aufzug konnte ich, von nach Westfrauen gierenden Wüstensöhnen unbehelligt, überall hin.

Mit tapferem Kampfarabisch ausgerüstet, galt es dann, die Hemmungen bei der Aussprache der kehligen Laute, die oft wie Rülpser klingen, zu überwinden. Das Lesen von Straßenschildern ist ein Ratespaß, denn die arabische Schrift kennt keine Vokale. Wenn im deutschen Reiseführer „Kairo“ steht, „Al Qahira“ auf Hocharabisch, dann liest man nur: „Qhr“. Der auf Kunden wartende Busfahrer hingegen brüllt „Mâßrrr, Mâßrrr!“ Das ist Kairo im Dialekt. Deutsche Konsularbeamte kann sowas zur Verzweiflung bringen, denn ob man den Einreisewilligen als „Abdallah“ oder „Abdulla“, „Muhammad“ oder „Mohamed“ ins Formular einträgt, ist völlig schnurz. Mich könnte man demnach ebenso „Nene Mäh“ oder „Nani Muh“ nennen, denn was im Arabischen von meinem Namen übrig bleibt, ist „NnM“. Hamdullah, dass Allah unsere Schrift mit Vokalen gesegnet hat! Wer reist, lernt, auch für kleine Dinge dankbar zu sein...

In Saudi-Arabien gilt zum Beispiel auch als Ausländerin die Pflicht, Abaya zu tragen. Das ist ein schwarzes Zeltgewand mit farblich harmonierendem Kopftuch und Schleier, aus dem kein Härchen herauslugen darf, weil es sonst Stunk mit der an jeder Ecke lauernden Religionspolizei gibt! Was daran gut sein soll? Wer auf einer Wüstenfahrt mal Pipi muss, wird die vielgeschmähte Abaya sofort zu schätzen wissen. Es gibt nämlich keine Büsche oder Bäume, nur freies Blickfeld bis zum Horizont. Womit sich der zweite Vorteil der Abaya andeutet: Darunter geht es herrlich luftig zu. Sieht ja keiner! Auch die Lockenwickler braucht man unter dem Kopftuch nicht abzunehmen, wenn man vor dem Frühstück schnell zum Laden rennt. Nur Essen in einem saudischen Restaurant ist mit dem Schleierchen ein wenig blöde. Ein weiterer Vorteil ist der Beobachterposten: Alles sehen, aber nicht gesehen werden! Unter einer Abaya kann man viel verstecken – Speckringe, Brotlaibe, kleine Kinder, Kühlschränke, Schmuggelgut, Terroristen...

Ein Irrglaube ist, dass Araber keinen Whisky trinken. Der Islam verbietet zwar den Konsum von Alkohol, doch Allah scheint entweder sehr gutmütig, naiv oder blind zu sein, denn in Teekännchen schaut er nicht hinein. Und so ahnen wir, was sich darin befindet, wenn ein Ägypter „amerikanischen Tee“ bestellt...

Lieb gewonnen habe ich Kamele als Fortbewegungsmittel, die einen so gemütlich durch die Wüste schaukeln. Man sollte nur wissen, dass die Viecher sich zum Aufsitzen zwar bereitwillig hinknien, dann jedoch heimtückischerweise mit den Hinterbeinen zuerst aufstehen. Über die kopfüber in den Sand purzelnden Touristen amüsiert sich der Kameltreiber. Ich hab die Kerle schon lange im Verdacht, dass sie die Tiere extra so dressieren. Zum Schluss ein guter Tipp für beruflich reisende Beamte: Vor einer Dienstreise in arabische Länder bitte unbedingt erkundigen, ob das Futter für das Wüstenschiff unter „Spritkosten“ oder unter der Sparte „Gästebewirtung“ abzurechnen ist!