Ich gebe zu: Interimspräsident Ilie Bolojan erfreute sich bei mir derselben Vorschusslorbeeren, derer sich auch der zu spät vorzeitig zurückgetretene Langzeitpräsident Klaus W. Johannis in meinen Augen zu Beginn erfreut hatte. Bolojan hielt einige Wochen lang, was (nicht nur) ich von ihm erwartete: Diskret auf glitschigem internationalem Parkett, auf dem dünnen politischen Inlandeis entschlossen, direkt (ungeachtet der Folgen), weitgehend offen und schonungslos gegen Freund und Feind, offene Pressekonferenzen – ein Kommunikator, wie längst benötigt. Jemand, der die Bürger auf dem Laufenden halten kann und will. Der tut, was von ihm als das Mindeste zu erwarten ist. Der denkt nicht nur an seine eigene Ruhe, seine Gelüste, seinen Wohlstand, pocht nicht steif auf Ansehen und Würde.
Dann geschah seitens des Premierministers Ion Marcel Ciolacu eine der bei balkanesischen Südrumänen üblichen Hinterlistigkeiten, die im Banat und in Siebenbürgen so gefürchtet werden. Er schickte zwei seiner Vertrauten insgeheim in den Umkreis der Trumpschen Chaosregierung und der den Weltenkaiser Trump arschleckenden Republikaner. Einer war Lucian Romașcanu, Ex-Kulturminister (PSD) und angeblich Jugendfreund des Brezelbäckers aus Buzău, den die PSD hochgeschubst hat, um ruhig ihren Geschäftchen frönen zu können. Der andere, ein gewisser Dragoș Sprânceană, aktuell „businessman“ in den USA. Laut eigenen Angaben den US-Republikanern nahestehend. DS fiel erstmals 2021 auf, als er in einer Nachtbar am Schwarzen Meer in einer einzigen Nacht eine Rechnung über 150.000 Lei beglich und obendrauf 20.000 Lei Trinkgeld dort ließ. Über den Ex-Kellner, Ex-Model, Ex-(Pro-)TV-Hintergrund-Showmenschen eine landesweit verbreitete Nachricht. Bald tauchte er als Unternehmer in den Staaten unter, um jetzt als Politik-Lobbyist Schlagzeilen zu machen. Worauf sich der aalglatte Ciolacu von ihm sofort distanzierte.
Denn der rasch Trumpsche Überheblichkeit ausstrahlende und smart politisch orakelnde Sprânceană hatte sich erdreistet, auf Digi-TV vollmundig zu deklarieren: „Herr Bolojan hat öffentlich erklärt, dass er immer an Seiten der Ukraine stehen werde. Egal, was passiert. Das heißt, wir machen genau das, was uns Frankreichs Macron vorschreibt.“ Den Amerikanern habe er „genau dasselbe gesagt, was ich auch Herrn Ciolacu gesagt habe: die US-Administration muss die gegenwärtigen Botschaften Rumäniens ein bisschen ignorieren, die Pro-Ukraine sind und Pro-Frankreich, denn wir haben einen Interim-Präsidenten, der in einem Monat, höchstens sechs Wochen, keine Rolle mehr spielen wird.“
Nach Meinung des vom Premierminister Ciolacu Ermächtigten (der für seine Lobby angeblich nicht bezahlt wird, er tue alles bloß aus „Vaterlandsliebe“ – was wohl auch für sein Auswandern in die Staaten gilt…), sollten die Beziehungen USA – Rumänien erst wiederaufgenommen werden, nachdem Rumänien einen regulär gewählten Präsidenten hat. „Und eine stabile staatliche Verwaltung“. Die „intelligenteste Botschaft“ sei, die bilateralen Beziehungen erst wieder nach den Präsidentschaftswahlen hochzufahren.
Enttäuschend im Dickicht von Ciolacus balkanischen Intrigenspielchen (schwerlich ist glaubhaft, dass der Ur-Balkanese aus dem Ganzen für sich persönlich keine Vorteile erhaschen wollte/will) und angesichts von Sprânceanăs politisch gefährlicher Plumpheit ist die Reaktion des gewählten Senatspräsidenten und – das ist er verfassungskonform, nach dem peinlichen Ausscheren von Johannis! – Interims-Präsidenten Bolojan: er schweigt.
Komplizenhaft, so manche Beobachter. Verschreckt, so andere. Feige, die Dritten. Oder ist es der Komplex des Provinzlers, der in seinem Nestumfeld bewiesen hat, dass so manches „geht“, dem aber im byzantinischen Hornissennest Bukarest seine Grenzen brutal aufgezeigt werden?
Bukarest duldet keine Saubermacher.