„Dissonanz“:  Ausstellung vielleicht bald in Rumänien

Künstlerischer Leiter des Berliner „Künstlerhaus Bethanien“ zu Besuch in Bukarest

Das Nationale Kunstuseum Rumäniens in Bukarest organisierte Ende Juni eine neue „Meet at the Museum“-Veranstaltung. Dabei begrüßte der Museumsdirektor, C˛lin Stegerean, den Leiter des „Künstlerhaus Bethanien“, Christoph Tannert. Dieser berichtete den Zuhörern über das Berliner Künstlerhaus und die dort angebotenen Künstlerstipendien. Zudem stellte er sein Überblickswerk „Dissonance. Platform Germany“ vor, das er gemeinsam mit Kurator und Kunsthistoriker Mark Gisbourne verfasste. Kunstwerke von 40 der 81 Künstler aus Tannerts Buch wurden im vergangenen Jahr in der Ausstellung „Dissonanz“ in Berlin ausgestellt. Derzeit läuft die Finanzierungsphase, um die Ausstellung 2024 auch in das Nationale Kunstmuseum Rumäniens zu bringen.

Bei seinem Vortrag im Nationalen Kunstmuseum in Bukarest berichtete Christoph Tannert seinen Zuhörern von dem von ihm geleiteten Berliner Kulturzentrum: „Das Künstlerhaus Bethanien ist etwas zwischen einem Kunstmuseum, einem Kunstverein und dem Kunstmarkt. Wir sind nicht kommerziell, sondern arbeiten gemeinnützig. Bisher haben wir mit circa 2500 internationalen Künstlerinnen und Künstlern zusammengearbeitet.“ Das Künstlerhaus zog 2010 vom namensgebenden ehemaligen Krankenhaus Bethanien in ein größeres Gebäude um, das nun Platz für 25 Künstlerstudios bietet und eine rund 730 Quadratmeter große Ausstellungsfläche. Hinzu kommen mitunter Werkstätten sowie Arbeitsplätze für Bild- und Tonbearbeitung.

25 Künstler pro Jahr haben dort die Möglichkeit, durch ein Künstlerstipendium bis zu zwölf Monate in den Räumlichkeiten zu arbeiten. Zusammen mit einem Team versuchen sie „der Idee ihrer eigenen Projekte näher zu kommen.“ Außerdem werden Diskussionsveranstaltungen zu internationalen Diskursen angeboten sowie Treffen, bei denen die Arbeiten präsentiert werden können. Zudem werden Verbindungen zu verschiedenen Personen und Institutionen hergestellt und am Ende eines Stipendiums können die Künstler ihre Arbeiten ausstellen. „Wir bieten solche Künstlerstipendien bei uns im Haus an. Die Stipendien werden aber nicht von uns selbst, sondern von externen Geldgebern finanziert. Das können Regierungs- oder Nicht-Regierungsorganisationen oder auch private Sponsoren sein. Erst nachdem die Finanzierung steht, kann der Auswahlprozess gestartet und ein Künstler oder eine Künstlerin eingeladen werden“, erläuterte Tannert.

Bei der abendlichen Veranstaltung im Nationalen Kunstmuseum berichtete der Leiter des Künstlerhauses Bethanien auch über sein Buch „Dissonance. Platform Germany“. Dieses soll einen Überblick über die wichtigsten, aufstrebenden Künstler geben, die in Deutschland leben und aus den Generationen 1970-80 stammen. „Grundsätzlich ging es darum, zuerst in Buchform und dann auch mit Ausstellungen jene Künstlerinnen und Künstler vorzustellen, die erst nach dem Fall der Mauer, also im ‚neuen‘ Deutschland, an den deutschen Kunstakademien zu studieren begannen und ab Ende der 90er Jahre in der Malerei in Deutschland öffentliche Sichtbarkeit erlangten. Wir haben es hier insofern mit einer neuen Generation unter neuen gesellschaftlichen Bedingungen zu tun“, erläuterte Tannert. Abgesehen vom rumänischen Künstler Adrian Ghenie hätten er und Mitverfasser Gisbourne Künstler ausgewählt, die nicht schon in der Kunstszene etabliert waren.

Die Wahl des Buchtitels sei auf „Dissonance. Platform Germany“ gefallen, weil es so viele neue Tendenzen in der Kunstwelt gebe, als dass es beispielsweise „Painting Germany“ heißen könnte. Das Buch beschäftige sich zwar prinzipiell mit der Malerei, aber es gebe sehr viele neue Strömungen in dem Bereich. „Wenn man den heutigen Trends folgt, kann man nicht ganz konkret sagen, was zeitgenössische Malerei bedeutet. Es gibt ein offenes Spektrum an Möglichkeiten – die Definition dafür ist bisher einfach noch nicht gefunden. Nur wenige der 81 Künstler benutzen herkömmliche Farben und Leinwände.“

Die ausgewählten Künstler kämen aus der ganzen Welt, aber würden in Deutschland arbeiten, lernen und ihre Kunst präsentieren – die meisten von ihnen in Berlin. „Ich glaube die Künstler kommen nach Berlin, weil die Stadt so unprofessionell, so chaotisch ist. Nichts funktioniert so richtig, alles ist offen. Berlin ist seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts in einem ständigen Veränderungsprozess. Ich denke, die Künstler und Künstlerinnen wollen Teil dieser Veränderung sein“, erklärte Tannert.

Auf die Frage des Direktors des Nationalen Kunstmuseums, C˛lin Stegerean, ob er Rückmeldungen von einigen Künstlern bekommen hat, ob ihre Kunstwerke nach der Veröffentlichung des Buches häufiger verkauft wurde, erzählte Tannert: „Die meisten der Kunstwerke aus dem Buch sind verkauft. Das ist der krasse Effekt eines jeden Kunstbuches, würde ich sagen.“

Die Ausstellung „Dissonanz“ soll gegen Herbst nächsten Jahres im Nationalen Kunstmuseum in Bukarest gezeigt werden. Geplant sei eine Zahl von 20 bis 25 Kunstschaffenden, die jeweils bis zu drei Kunstwerken ausstellen. Das Zustandekommen der Ausstellung stehe noch nicht ganz fest –„aber wir haben das Entgegenkommen des Museums und das Interesse des Direktors“, erzählte Tannert im Anschluss an die Veranstaltung. „Jetzt muss natürlich die Finanzierung sichergestellt werden. Dazu brauchen wir Partner, die das Projekt für uns mitfinanzieren.“