Ein Zeichen gesetzt

Kinderferienhaus eröffnet dem Dorf Radeln neue Perspektiven

Blick vom Kirchturm auf das Kinderferienhaus im ehemaligen Pfarrhof von Radeln

Alles ist bereit, um den Kindern im Ferienheim einige schöne Tage zu bieten
Fotos: Ralf Sudrigian

Große Infrastrukturprobleme (Schwierigkeiten mit der Trinkwasserversorgung, kein Kanalisationssystem, keine Erdgaszufuhr, nicht asphaltierte Verbindung zur DN13), fehlende Investitionen, die den rund 300 Einwohnern, größtenteils  Roma, Arbeitsplätze und somit ein Einkommen sichern könnten – für Radeln /Roadeş, Gemeinde Bodendorf/Buneşti, bei Reps/Rupea gab es keine günstigen Zukunftsaussichten. Die Siebenbürger Sachsen sind ausgewandert und hinterließen außer ihren Wirtschaften eine einstmals stolze Kirchenburg, die aber dem Verfall preisgegeben schien.

Diese traurige, aussichtslose Lage änderte sich, als die Peter-Maffay-Stiftung Radeln als Standort eines Ferienheimes für traumatisierte Kinder entdeckte. Ähnlich wie in Mallorca (Finca Ca‘n Sureda) entstand hier ein Schutzraum, in dem Kinder in Not eine Auszeit nehmen können und sich in Begleitung ihrer Betreuer für ein bis zwei Wochen eine Erholungspause auf Kosten ihrer Gönner leisten werden. So entstand die Funda]ia Tabaluga, die rumänische Variante der spanischen gleichnamigen Stiftung, beide „Töchter“ der Maffay-Stiftung.

In Radeln, am ehemaligen evangelischen Pfarrhof, ist inzwischen alles bereit, um im Februar nächsten Jahres eine erste Kindergruppe empfangen zu können, sagt Marina Reller, Assistentin des Geschäftsführers der Peter-Maffay-Stiftung, Albert Luppart, die vor Ort die letzten Details der Vorbereitungen koordiniert. Bis dahin wird aber auch an die Kinder im Dorf gedacht: Für sie sind Aktivitäten wie Backen für Weihnachten oder Basteln vorgesehen, sodass sie und ihre Familien sich nicht nur als Zaungäste des Hilfsprogramms für auswärtige Kindergruppen fühlen müssen.

Das schmucke Heim mit dem aus einer alten langen Scheune neugestalteten Unterkunftsgebäude und dem in ein Gemeinschaftshaus und Verwaltungsgebäude umgewandelten Pfarrhaus ist aber mehr als nur eine ausländische Investition. Es ist ein Hoffnung gebendes Zeichen, dass ins Dorf mehr Leben kommen kann, dass Radeln aus seinem Schattendasein herausfinden kann. Das sind nicht nur gut klingende, noble Absichtserklärungen, sondern bereits von der Bevölkerung bemerkbare Änderungen. Im Dorf wurden, dank Sponsoren und Projektpartnern wie BayWa Stiftung, Bernd Pohl Foundation, Clemens Tönnies, die Handwerkszeitung „Deutsches Handwerk hilft“, „Carat“ u. a., mehrere Bauernhäuser gekauft, die als ökologischer Bauernhof, Ärztepraxis, Gästehaus, Metzgerei und anderes zu neuem Leben geweckt werden sollen und ein Signal für einen möglichen wirtschaftlichen Aufbruch geben könnten.

Somit werden gleich mehrere bislang abstrakte Konzepte wie Sozialverträglichkeit oder Nachhaltigkeit mit Leben erfüllt. Denn diese Modellprojekte sollen Arbeitskräfte unabhängig von der ethnischen Herkunft beschäftigen, alte  lokale Handwerksverfahren mit Verwendung örtlicher Materialien und Produkte revitalisieren,  neue umweltverträgliche Methoden bekannt machen. Hinzu kommt die Renovierung der evangelischen Kirchenburg, die, außer dem malerischen, naturbelassenen landschaftlichen Rahmen, eine durchaus interessante touristische Sehenswürdigkeit darstellen kann.

Ein Gesundheitsprojekt, das die Maffay-Stiftung zusammen mit der Ärztin Anna Şestekova aus Bodendorf abwickelt, hat bereits begonnen. Das ist notwendig, denn „ es gibt Kinder mit Parasiten, es gibt akute und chronische Krankheiten im Dorf“, sagt Marina Reller. Es werden kostenlose ärztliche Untersuchungen angeboten, die Bevölkerung wird von der Ärztin medizinisch versorgt.  Was kann da an unmittelbarer, direkter Hilfeleistung überzeugender sein?

Im Mittelpunkt bleibt aber das Tabaluga-Ferienheim. Die zehn Doppelzimmer, einige von ihnen für Kinder mit Behinderungen eingerichtet, die da zusammen mit ihren Betreuern untergebracht werden können, warten auf die ersten Gruppen. Die können aus Deutschland oder Osteuropa kommen, aber auch aus dem Inland. Kontakte gibt es zum Kronstädter Kinderschutzamt, zu der Hospizbewegung „Casa Speranţei“, zu mehreren Nichtregierungsorganisationen aus Schäßburg/Sighişoara und Klausenburg/Cluj-Napoca. Den Kindern stehen auch Gemeinschaftsräume,  Esszimmer und Küche  im ehemaligen Pfarrhaus zur Verfügung und sie werden die Kirchenburg besichtigen können. Mehr noch: Wenn es ihr gesundheitlicher Zustand und ihr Alter erlauben, werden sie sich an kleineren Haushaltsarbeiten wie Unkrautjäten, Holzdielen schleifen u. a. mitbeteiligen. So können sie anschließend stolz sagen: „Wir haben da mitgearbeitet. Wir haben was geschafft!“

Das Kinderferienheim, das von Karin und Michael Mordt, ein aus Siebenbürgen stammendes deutsches Ehepaar, verwaltet wird, bringt somit, außer seiner Funktion als Schutzraum benachteiligter Kinder, auch viel Hoffnung für die Zukunft von Radeln mit sich.