Eine schier endlose Justizgeschichte

Neuer Aufschub im Korruptionsprozess gegen den Arader Bürgermeister Gheorghe Falcă

Salopp und zuversichtlich: der Arader Bürgermeister Gheorghe Falcă

Wenn man sich im Ausland auch weiterhin die Augen reibt: Für niemand hierzulande, der die Eigenart und den chronisch schleppenden Rhythmus der rumänischen Justiz nach der Wende kennt, gilt es als eine Überraschung, dass das Amtsgericht Alba im Prozess um den Arader Bürgermeister Gheorghe Falcă auf einen weiteren bzw. einen fünften Aufschub allein beim Amtsgericht Alba entschied.

Diesen allgemein erwarteten Zwischenentscheid im Prozess gegen den amtierenden PDL-Bürgermeister der Maroschstadt, der nun schon seit 2005 läuft und „läuft“, fällte das Amtsgericht Alba am 24. Oktober. Der neue Aufschub – als nächster Verhandlungstermin wurde der 21. November bestimmt – wird von der Instanz damit begründet, dass die vom Gericht geforderten Gegenexpertisen betreffend das Haus des Bürgermeisters in der Arader Caragiale-Straße sowie das Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik nicht rechtzeitig präsentiert werden konnten.

Die vom Gericht beauftragten unabhängigen Gutachter sollten nämlich den genauen Wert der genannten Immobilien (Stand 2005), als die Staatsanwälte der Antikorruptionsbehörde DNA den Bürgermeister wegen Amtsmissbrauchs und der Annahme von Schmiergeldern angeklagt hatten, feststellen. Die ersten Gutachten in dieser Sache wurden von Experten aus der Einflusssphäre der Angeklagten erstellt. Die Experten wurden vom Amtsgericht Arad bestimmt, deren Gutachten fielen damals, wie nicht anders erwartet, ausnahmslos zugunsten der Angeklagten aus.

Der Prozess gegen Gheorghe Falcă, 2004 als hoffnungsvoller Kandidat der PDL zum Arader Bürgermeister gewählt und 2008 schon als sichere Parteigröße aus der Provinz ohne rechten Gegenkandidat neugewählt, verzeichnete bisher 40 Verhandlungstermine mit über 40 vorgeladenen und angehörten Zeugen. Das Ergebnis: Dutzende Aufschübe. Weiter-hin erfreut er sich einer festen Unterstützung der Regierungspartei PDL und bekanntlich wurde zwi-schendurch Staatspräsident Traian Băsescu in einer von den Medien stark beachteten Großaktion zum Taufpaten seines Kindes.

Laut Anklage soll Bürgermeister Falcă im Jahr 2005 von den Aradern Francisc Demeter und Radu Gavril Vasil, Verwalter der Arader HG Elecon Plus, für sein Drei-Zimmer-Appartement ein Haus im Stadtzentrum (242 Quadratmeter Nutzfläche, 111.000 Euro mehr wert als die eingetauschte Wohnung) erhalten haben. Seine „Geschäftspartner“ hätten dieses Appartement zwei Wochen später um 80.000 Euro verkauft.

Darauf hätte sich Falcă als Stadtoberhaupt im Stadtrat dafür stark gemacht, dass die beiden Geschäftsleute ein von der Immobilienmafia heiß umworbenes Grundstück in der Stadtmitte (das Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik erstreckt sich auf über 52.000 Quadratmeter) von der Stadt Arad um rund 800.000 Euro ankaufen konnten.

Ein Tag darauf verkauften die beiden das Grundstück um 2.936.304 Euro an eine andere Handelsgesellschaft. Ein Bombengeschäft: Ihr Gewinn, der nun in der Anklageakte als Sachschaden geführt wird, betrug mehr als zwei Millionen Euro. Francisc Demeter und Radu Vasil wurden von der Antikorruptionsbehörde wegen Zahlung von Schmiergeldern und Komplizität im Amtsmissbrauch angeklagt. Mitangeklagt, wegen Amtsmissbrauch, wurde auch Florica Mioara Popa, Leiterin des städtischen Dienstes für Verwaltung des Stadteigentums.

Es heißt, dass die rumänische Justiz nach der Wende unabhängig sei. Genügt das?  Für die rumänische Öffentlichkeit, die mit diesem Prozess seit Jahren verballhornt wird, ist die ganze Sache eine deftige Ohrfeige mehr und eine Beleidigung. Sollte den Außenstehenden – gibt es das übrigens in einem derartigen Korruptionsprozess, der doch jeden Bürger und vor allem die Arader Bürger und Steuerzahler betrifft? – nichts anderes übrig bleiben, als zuzusehen, wie hier vor aller Augen auf Zeit geschunden, wohl auf Verjährung der Delikte hin gearbeitet wird?