Entdeckt den Karpaten-Garten

Oder wie man für Rumänien nicht werben sollte

Auch das Kloster Suceaviţa, das zum UNESCO-Kulturerbe gehört, durfte nur von draußen gefilmt werden. Foto: Dumitru Popescu

Für die meisten Westeuropäer hat der Begriff Rumänien einen negativen Nachgeschmack. Franzosen, Deutsche, Italiener, Spanier oder Holländer singen davon ein Lied. Doch können sie diesen EU-Mitgliedsstaat auf dem Balkan zumindest ohne besondere Schwierigkeiten bereisen und sich eine eigene Meinung über Rumänien bilden. Ganz anders als zum Beispiel die Russen.

Die Bewohner des flächengrößten Landes der Welt haben meistens Schwierigkeiten, all die zahlreichen Gebiete des eigenen Staates zu kennen, geschweige denn, mit den „kleinen Nachbarn“ vertraut zu sein. Die meisten Russen würden nicht einmal Transilvanien in Rumänien einordnen können. Viele hätten das Land mit Mühe auf der Karte gefunden und nur die Wenigsten wüssten etwas über die Geschichte Rumäniens zu sagen. Ein weiteres, diesmal bürokratisches Problem, stellt die Beschaffung eines Reisevisums für diesen EU-Staat dar.

Die Wissenslücken der Russen sollten mithilfe mehrerer Sendungen über Rumänien geschlossen werden, die einer der größten Fernsehsender des Riesenlandes im Herbst ausstrahlen wird. Desgleichen sollen diese Sendungen den Russen die schöne Seite Rumäniens, seine Geschichte und Traditionen näherbringen und sie nicht zuletzt zu einer Besuchsreise anregen.
Ein kleines Fernsehteam reiste Ende April zwecks Dreharbeiten zehn Tage durch Rumänien. Die Einladung dazu hatte es von höchster Stelle des Tourismusministeriums erhalten. Sie trug die Unterschrift des Ministers. Die Kosten dieser Werbereise übernahm dasselbe Ministerium, das auch das Besichtigungsprogramm zusammengestellt hat. Das Außenministerium trug zur Reise mit kostenlosen Visa bei. Damit betrachteten die Ministerien ihr Engagement für beendet und entließen das TV-Team ins Land.

Überwältigt von der Größe des Baus und dem Größenwahn des Erbauers betrachteten die russischen Journalisten die zahlreichen Räume des Parlamentspalastes am ersten Reisetag. Doch in diesem höchstgeschützten Gebäude durften sie nicht nur zusehen, sondern auch filmen. Der zuständige Beamte im Tourismusministerium hatte es nicht versäumt, ein offizielles Schreiben an das Parlament zu schicken, mit der Bitte um eine Drehgenehmigung. „Im russischen Parlament hätten wir nicht so problemlos drehen dürfen“, meinte der Kameramann begeistert. Doch die Begeisterung währte nicht lange. Bereits der Versuch in einer der zahlreichen Bukarester Kirchen zu filmen, scheiterte an der Sturheit des zuständigen Pfarrers und des Pressesprechers des Patriarchats sowie am totalen Desinteresse seitens des Ministeriums. Das als offizielle Delegation geführte Fernsehteam hatte weder ein Ministerialschreiben, welches es ausweisen könnte, noch eine weitere Drehgenehmigung für die vielen geschichts- und kulturträchtigen Reisepunkte.

Ohne die Drehgenehmigung blieben dem arbeitswütigen Team die Kirchen, die Klöster und die vielen Museen verschlossen. „Die Landschaften und die Außenansicht sind natürlich schön zu filmen, doch würden wir unseren Zuschauern gerne auch die Innenansicht anbieten“, bedauerte der Chefredakteur der Sendung nach dem zweiten misslungenen Versuch, in einer Kirche zu filmen. Dieser Satz kam während der zehntägigen Reise noch sehr oft über seine Lippen. Nur die Honterus-Gemeinde in Kronstadt/Braşov zeigte sich kooperativ und genehmigte die Dreharbeiten in der Schwarzen Kirche auf Ansuchen des Reisebegleiters binnen wenigen Stunden. Die orthodoxe Kirche, der Staat im Staat, verwies auf die internen Regelungen, das Verbot zwischen Ostern und Pfingsten in den Klöstern zu filmen oder schob die Verantwortung auf den Pressesprecher des Patriarchats, der seinerseits ein Schreiben seitens des Tourismusministeriums verlangte. Das Ministerium schmetterte aber alle Anfragen ab mit dem typischen: „Ihr werde euch schon durchschlagen“.

So zog das Fernsehteam von einem Misserfolg zum anderen, beäugte die kunstvollen Bauten und filmte die Außenansicht. Doch sogar das war nicht überall problemlos möglich. Im malerischen Kloster Bârsana kam es fast zu einem Handgemenge mit den Nonnen, da diese dem Kameramann sogar das Filmen des Klostertors von außen verbieten wollten und dem Team mit der „maica stareţă“ drohten. Jeder Morgen begann mit zwei Fragen: „Was steht heute auf dem Programm? Und wo dürfen wir filmen?“.

Die Russen verließen das Land mit gemischten Gefühlen. Einerseits, begeistert und überwältigt von der Vielfalt, die dieses Land bietet, seiner Schönheit, dem guten Service und dem vorzüglichen Essen. Andererseits enttäuscht von der Ignoranz des zuständigen Ministeriums, das ganze sechs Monate für die Reisevorbereitung Zeit hatte, und den sinnlosen Verboten, die ihnen von den kirchlichen und kulturellen Einrichtungen in den Weg gestellt wurden. „Diese Sendungen über Rumänien bringen wir sicher, doch werden wir nicht einmal zehn Prozent davon zeigen können, was wir mit eigenen Augen gesehen haben. Und das ist echt schade“, gab der Chefredakteur zum Abschied zu bedenken.

Das Markenzeichen, unter dem das Tourismusministerium Rumänien im Ausland vermarkten will, kostete seinerzeit 900.000 Euro. Mit diesem Geld könnte bestimmt mehr erreicht werden, wenn man für Fernsehteams der zahlreichen Reisesendungen aus der ganzen Welt gut vorbereitete Inforeisen organisiert. Doch müsste dafür jemand im Ministerium arbeiten, Drehgenehmigungen ausstellen oder einfordern, die Kirche zum Mitwirken bewegen etc. Die Vielfalt, die das Land seinen Besuchern bieten kann, ist enorm und das bringt das überteuerte grüne Blatt nicht einmal annähernd zum Vorschein. Eigentlich schade.