Erzieher behaupten: Bullying kann schon im Vorschulalter beginnen

„Salvați Copiii“ führte Präventionsprogramm in rumänischen Kindergärten durch

Bullying kann schon im Kindergarten beginnen und zum Ausschluss der Kleinen von Aktivitäten und Spielen beitragen. | Foto: Caleb Woods, Unsplash

Im Rahmen eines Bullying-Präventionsprogramms wurden Erzieherinnen und Erzieher aus ganz Rumänien geschult, um dem Phänomen entgegenzusteuern. | Foto: Salvați Copiii Rumänien

Bullying kann früh beginnen – und zwar schon im Kindergarten. Davon sind die Experten von „Salvați Copiii“ Rumänien überzeugt. Die regierungsunabhängige Organisation weitet mit Unterstützung der OMV-Petrom-Stiftung das Präventionsprogramm „Lass uns Freunde sein – kein Bullying“, das auf einer von der Mary Foundation und „Save the Children“ Dänemark entwickelten Methodik beruht, auf über 260 Kindergärten in ganz Rumänien aus. Eine Umfrage, die vor der Einführung des Programms in den Kindergärten durchgeführt wurde, zeigt, dass 85 Prozent der in den ausgewählten Einrichtungen Tätigen glauben, dass die Vorschulkinder, mit denen sie arbeiten, mit Bullying konfrontiert werden, und 54 Prozent von ihnen behaupten, dass nicht alle Kinder Spielkameraden im Kindergarten haben.

Bullying im Kindergarten äußert sich in Form von Ausschluss von Spielen und Aktivitäten, Nichtakzeptanz in Gruppen, Etikettierung und Beleidigungen. Laut einer Pressemeldung von „Salvați Copiii“ beruht das Programm „Lass uns Freunde sein – kein Bullying “ auf vier Werten: Toleranz, Respekt, Fürsorge und Mut. Gleichzeitig unterstützt die Methodik die Erzieherinnen und Erzieher durch die Bereitstellung eines pädagogischen Modells und einiger pädagogischer Instrumente, die für die Umsetzung einer wertebasierten Erziehung im Einklang mit dem nationalen Lehrplan für die frühkindliche Bildung erforderlich sind.

Von Juni bis September dieses Jahres wurden 1244 Vorschulspezialisten in ganz Rumänien ausgebildet – im Jahr zuvor waren es 606. Sie arbeiten im Schuljahr 2024/2025 mit mehr als 26.000 Vorschulkindern und ihren Eltern zusammen, um integrative und sichere Lerngemeinschaften zu schaffen und positive Beziehungen zwischen den Kindern zu fördern. 

Die Fachkräfte erhalten außerdem kontinuierliche Unterstützung im Rahmen der Praxisgemeinschaft „Lass uns Freunde sein“. An dem Programm beteiligen sich zahlreiche Kindergärten in Kleinstädten und der ländlichen Gegend – im Kreis Temesch waren es beispielsweise 13 Kindergärten, die an dem Programm teilnahmen, davon nur einer (der Kindergarten mit verlängerten Öffnungszeiten Nr. 23) in Temeswar. 

Im Anschluss an die Schulung wurden die Kindergärten mit sogenannten „Ressourcen-Koffern“ ausgestattet, die spezielle pädagogische Hilfsmittel enthalten: den freundlichen Teddybären, Leitfäden, Aktivitätsbücher, Gesprächskarten und Beispielkarten zur Unterstützung von Gesprächen mit Kindern. Mit ihrer Hilfe lernen die Kinder, ihre Emotionen auszudrücken, entwickeln ein tieferes Verständnis für ihre eigene Rolle in der Interaktion mit ihren Freunden, wobei die Kindergruppe als Ganzes gestärkt wird. Durch die Verwendung der Materialien, zahlreiche Gespräche und Gruppenaktivitäten lernen Kinder, Eltern und Fachleute, wie sie mit Hänseleien und Mobbing umgehen können. Die Wirkung der Intervention wird während des gesamten Schuljahres gemessen, und die Ergebnisse werden genutzt, um die Programme in den kommenden Jahren zu verbessern und zu erweitern.

„Bullying ist ein komplexes Phänomen, das sich auf das emotionale Wohlbefinden, die soziale Entwicklung und die geistige Gesundheit von Kindern auswirkt und Folgen sowohl für diejenigen hat, die Ziel von Mobbing sind, als auch für diejenigen, die es initiieren oder stillschweigend miterleben. Aus diesem Grund ist eine frühzeitige Erziehung für alle Kinder unerlässlich, damit sie ihre Unterschiede akzeptieren und wertschätzen und gesunde soziale Beziehungen entwickeln können“, sagt Gabriela Alexandrescu, geschäftsführende Vorsitzende von „Salvați Copiii“ in Rumänien.

An der Umfrage beteiligten sich 608 in das Programm eingebundene Fachleute (Erzieher, Berater, Schulleiter). Die Fragebögen wurden vor der Einführung der Methodik im Unterricht ausgefüllt. Die bisherigen Ergebnisse der Mobbing-Befragung unter den Unterrichtenden brachten unterschiedliche Daten ans Licht. Fakt ist: Bullying wird im Kindergarten wahrgenommen – 97 Prozent der Lehrkräfte gaben an, dass das Phänomen in dem Kindergarten, in dem sie arbeiten, präsent sei. 

54 Prozent der Befragten stellten eine Zunahme der sozialen Isolation fest und gaben an, dass nicht alle Kinder in dem Kindergarten, in dem sie tätig sind, jemanden haben, mit dem sie spielen können. In fast einem Viertel der Fälle (23 Prozent) fanden sich Kinder, die vom Spiel mit Gleichaltrigen ausgeschlossen sind, häufig oder dauerhaft in solchen Situationen wieder. 60 Prozent der Befragten waren der Ansicht, dass Mobbing auch außerhalb des Kindergartens ein Problem darstellt. 

Bei der Frage nach der Verantwortung für Bullying unter Kindern wurden am häufigsten die Eltern genannt (75 Prozent der Antwortgeber), gefolgt von der Gruppe des Kindes (50 Prozent), den Kindern selbst (48 Prozent), den Erziehern (42 Prozent) und der Schulleitung (12 Prozent). 72 Prozent der Befragten machten mehrere Faktoren verantwortlich, was auf eine korrekte Wahrnehmung der Komplexität des Phänomens hindeutet. 

 „Mobbing ist vermeidbar. 72 Prozent der Lehrer, die nun am Programm teilnehmen, sind davon überzeugt. Wir müssen so früh wie möglich eingreifen, um die Kinder dabei zu unterstützen, ihre eigenen Gefühle zu erkennen und zu lernen, mit ihnen auf gesunde Weise umzugehen. Durch die Ausweitung des Programms bieten wir Kindern, Eltern und Pädagogen in 20 Verwaltungskreisen Handlungsmöglichkeiten und Instrumente zur Verhinderung von Mobbing und zur Förderung positiver Beziehungen“, sagt Amalia Fodor, Direktorin der OMV Petrom Stiftung. 

Eine Wirkungsanalyse des Programms, die im Schuljahr 2023/2024 durchgeführt wurde, bestätigt die der Methodik. Sie zeigt, dass 70 Prozent der Vorschulkinder, die vom Programm „Lass uns Freunde sein – kein Bullying“ profitiert haben, nun in der Lage sind, ihre Emotionen auszudrücken und sie auf positive Weise zu bewältigen. Darüber hinaus stellten 64 Prozent der Fachkräfte eine Verbesserung des Klimas in ihrem Kindergarten fest. 24 Prozent der Eltern sind nun besser organisiert, um die Beziehungen zwischen Kindern auch außerhalb des Kindergartens zu stärken.