Europäisch, heimatlich und bodenständig

„Bega Brass Festival“ umrahmte Heimattage der Banater Deutschen

Thomas Gansch (in rot ganz links) und seine Supergroup gehörten zu den Highlights und bestbesuchtesten Konzerten des Bega Brass Festivals 2023.

Sašo Avsenik und seine Oberkrainer aus Slowenien

Helga Salm und Walter Berberich wurden vom Banater Publikum bei ihrem Come-Back mit den Original Karpaten Krainern gefeiert. | Fotos: Adrian Ardelean

16 Konzerte besonderer Art gaben in Temeswar/Timișoara und Sackelhausen/Săcălaz vor und nach den Heimattagen der Banater Deutschen mehrere bekannte Blaskapellen aus sieben europäischen Ländern. 

Die Eröffnungsveranstaltung des Bega Brass Festivals 2023 fand zu Pfingsten in Sackelhausen, in der Sporthalle statt, alle anderen Konzerte wurden in der reformierten Kirche „Neues Millennium“ in der Temeswarer Fabrikstadt bei freiem Eintritt gegeben. Es wurden Spenden gesammelt, die einem Projekt der Kolping-Familie Temeswar sowie der Freddy-Kafka-Stiftung zu Gute kommen. Das Publikum setze sich hauptsächlich aus ausgewanderten Banater Deutschen und Fans der Blasmusik zusammen, die auf Urlaub in Temeswar waren, weil mehrere Konzerte an Wochentagen am frühen Nachmittag gegeben wurden.

Das Festival sollte den Temeswarern zeigen, wie vielfältig Blasmusik ist, und zugleich hochwertige Blechmusik durch renommierte Ensembles fördern. Entsprechend wurden Gruppen aus Deutschland, Österreich, Tschechien, England, Slowenien, Ungarn und Rumänien eingeladen. Die Konzerte des „Bega Brass Festivals“ wurden von Adrian Ardelean von Radio Temeswar auf Deutsch und Rumänisch präsentiert und teils moderiert. Die Temeswarer Musikanten unter der musikalischen Leitung von Franz Hoffner, die tschechische Blaskapelle Gloria und Tornádó Zenekar aus Pécs/Fünfkirchen begeisterten die Kirchweihgäste in der Sporthalle der Temescher Gemeinde Sackelhausen, während in Temeswar die Konzertreihe mit dem „BBC – Burgenland Blech Cuvée“ aus Österreich in der reformierten Kirche „Neues Millennium“ begann. 

Die „Blech Cuvée“ ist ein feiner Verschnitt österreichischer Musiker aus fünf Bezirken des Burgenlands. Durch das Programm der Cuvée führte Reinhold Bieber, Moderator des „ORF Burgenland“ und selbst Tenorhornbläser. „Wie ein guter Wein, der jahrelang reifen muss, um seine Vollmundigkeit zum Ausdruck zu bringen, entstand auch die ‚Burgenland Blech Cuvée‘ und ihre lange Reifezeit auf den unterschiedlichsten Bühnen der Welt. Sie vereint die Musiker zu einem großen Ganzen“, so Reinhold Bieber. Zu hören gab es Polkas, Walzer oder Tangos und Klassisch-Böhmisches à la Ernst Mosch. Gespielt und auch viel gesungen wird bei diesen Burgenländern mit Leidenschaft und viel Erfahrung – gespickt mit feinem Humor, an den man sich anhand von Witzen und Anekdoten während der beiden in Temeswar gegebenen Konzerte erfreuen konnte. 

Mit Thomas Gansch und der Blasmusik Supergroup stand Blasmusik aus Mähren auf dem Programm. Gansch: „Ich bin mit tschechischer Blasmusik aufgewachsen, die mein Vater immer zu Hause auf Schallplatte abgespielt hat. Und das war meistens die Musik vom Zentralorchester in Prag oder vom Supraphonorchester, sehr, sehr tolle, symphonische, schwierige, aber wunderschöne Musikstücke. Die spielt niemand, weil sie zu schwer sind und weil das Repertoire auch sehr anspruchsvoll ist. Und ich wollte das immer mal machen, dass ich mir die besten Blasmusiker suche, die ich finden kann, und mit denen genau diese Musik spiele. So habe ich diese Supergroup gegründet und darin die besten Musiker aus Österreich, Deutschland und Rumänien vereint“. 

Für den Banater Franz Tröster aus Deutschbentschek war es ein Erlebnis und etwas ganz Besonderes, wieder in seiner Heimatstadt zu spielen und sich daran zu erinnern, wie er einst auf Kirchweihfesten oder Hochzeiten auf dem Land mit verschiedenen Kapellen gespielt hat: „Blasmusik ist für mich ein wichtiger Bestandteil der Musik, wobei ich ja eigentlich die Abwechslung liebe. Ich habe Klassik studiert, mache Jazz, spiele Musicals, auch Popmusik, aber ich bin halt mit der Blasmusik groß geworden. Und dann hatte ich das Glück, 1990 bei Ernst Mosch und seinen Original Egerländer Musikanten aufgenommen zu werden. Und da spiele ich bis heute noch. Das sind jetzt 33 Jahre.“

Mit „da Blechhauf’n“ trat in Temeswar außerdem eine Brassband, bestehend aus drei Trompeten, drei Posaunen und einem Helikon, auf, die es schon seit 25 Jahren gibt. Beim vielseitigen Konzertabend bediente man verschiedene Genres von Pop und traditioneller Volksmusik bis zu klassischer Musik, alles auf die Blasinstrumente „zurechtgeschneidert“.

Das „Danube-Brass-Ensemble“ aus Wien, geleitet von Daniel Muck, setzt sich aus Musikern aus Niederösterreich zusammen. „Unser Repertoire entsteht dadurch, dass wir uns immer vornehmen, ein bisschen einen Blumenstrauß zu arrangieren, also von Barock bis zur Filmmusik und zeitgenössischer Musik den Bogen zu finden“, erklärt Daniel Muck. Mit „Federspiel“ lernte das Banater Publikum ein Ensemble aus sechs Blechblasinstrumenten und einer Klarinette bestehend kennen, das nur Eigenkompositionen darbot, denn fünf der Musiker schreiben ihre Musik selbst. „Als künstlerisches Schwergewicht mit federleichten Kompositionen im Gepäck bespielt das Ensemble längst die etabliertesten Konzertbühnen weltweit, darunter der Goldene Saal des Wiener Musikvereins, die Berliner Philharmonie, die Hamburger Elbphilharmonie, das Vancouver Island Music Festival oder die Stanford University“, so die autobiografische Darstellung auf ihrer Webseite.

Nach den Heimattagen der Banater Deutschen ging das Festival mit vier vollen Konzerttagen weiter. Groß war die Freude um die „Come-Back-Show“ der „Original-Karpaten-Krainer“, die als Banater und Schwarzwälder Quintett zwei Stimmen ins Banat zurückbrachte, die beim rumäniendeutschen Publikum in den 1970er Jahren sehr beliebt waren: Helga Salm (verheiratete Heintzler) und Walter Berberich. Mit Oberkrainer-Sound, flotten Liedern und sogar einem leicht abgewandelten „Drumurile noastre“ ernteten sie tosenden Beifall und viele Zugabe-Rufe. „Ich hatte Lampenfieber davor, muss ich zugeben, denn es ist so, im Alter lässt die Stimme nach, lässt die Wespentaille nach... Aber meine ganze Familie, Mann und Kinder, haben mich begleitet und ich habe es wirklich sehr genossen. Ich hatte eigentlich nicht erwartet, dass so viel Publikum kommt. Denn ich bin seit 46 Jahren weg, war damals 22. Wer lebt denn noch oder wer kann noch in ein Konzert kommen, der mich damals gesehen hat? Aber wir haben alle die Musik genossen, die Interaktion zwischen Musiker und Publikum war da. Egal, ob ich auf einer Bühne stehe und ein Konzert singe oder ob ich in einem Tanzsaal Musik mache oder in einer Kirche singe, was auch öfter mal passiert, es ist immer das Publikum, das dir zeigt, du bist am richtigen Platz. Und dafür muss man dankbar sein. Und ich bin es“, gestand Helga Salm am Ende des Auftritts in Temeswar.

Original Oberkrainer Musik war jedoch auch zu hören, mittels des Konzerts von Saso Avsenik und seinen Oberkrainern aus Slowenien. Saso ist der Enkelsohn des berühmten Slavko Avsenik, und er führt die Tradition der Musik seines Großvaters erfolgreich weiter.

Die „Franz Hoffner Blaskapelle Temeswar“ feierte beim Blasmusikfestival Anfang Juni ihr 20-jähriges Bestehen. Die Kapelle ist der Nachfolger der einstigen „Temeswarer Spitzbuben“ und ist mittlerweile eine der drei Konzertensembles des Vereins „BigBand Timișoara“, der in den letzten Jahren von den inzwischen erwachsenen Orchestermitgliedern ins Leben gerufen wurde und nun als Mitveranstalter des Bega-Brass-Festivals wirkte. 

Die beiden anderen Konzertensembles des Vereins „BigBand Timișoara“ eröffneten die beiden letzten Festivaltage. Das „West-Brass-Quintett“ besteht aus ehemaligen Hochschulkollegen der Temeswarer Musikhochschule, heute Top-Instrumentalisten der Banater Philharmonie oder der Temeswarer Nationaloper und Dozenten an der Musikhochschule. Die Temeswarer BigBand kombiniert die klassische Blasmusik mit Jazz, Big Band- und Filmmusik. Als Instrumentalsolisten nahmen die Temeswarer zwei Kollegen vom Big-Band-Orchester des Rumänischen Rundfunks ins Boot: Sebastian Burneci und Eugen Mamot. Die musikalische Leitung übergaben sie der Dirigentin des BigBand-Orchesters aus Bukarest, Simona Strungaru.

Für die Abendkonzerte der beiden letzten Festivaltage luden die Veranstalter zwei renommierte europäische Ensembles nach Temeswar ein: Das „London Brass Ensemble“ spielte hauptsächlich angelsächsische geistliche Musik und ist der Nachfolger des „Philipp-Jones-Brass-Ensemble“ mit Top-Musikern verschiedener Orchester aus London, und das „German-Brass-Ensemble“, eines der weltweit berühmtesten Ensembles der gehobenen Brass-Musik. Gegründet wurde es 1974 als Quintett, zehn Jahre später wurde es verdoppelt, um auch schwerere Musikstücke ohne Kompromisse darbieten zu können. Sie geben international Konzerte, sind für ihre klassischen Arrangements von Mathias Höfs und Alexander Erbrich-Crawford sowie für die künstlerische und technische Exzellenz ihrer Mitglieder bekannt und bestreiten ein reiches Repertoire mit verschiedenen konzertanten Stilen: Vorklassik, Klassik, Romantik und Filmmusik, bearbeitet für Blechblasinstrumente. 

Unterstützung für das „Bega Brass Festival“ gab es seitens des Deutschen Konsulats in Temeswar, des Vereins „Big-Band-Timișoara“ und des „Vereins zur Förderung des Kulturerbes“ von Stuttgart, des Kolping-Gesellenhauses in der Fabrikstadt, der reformierten Kirche „Neues Millennium“ sowie mehrerer Sponsoren. Wünschenswert wäre eine Wiederholung dieses Festivals, vielleicht auf Freilichtbühnen, vielleicht zu besseren Aufführungszeiten und mit etwas mehr Unterstützung seitens der Kommune und des Deutschen Forums – zumal es sich um Musik handelt, die zu den Banater Deutschen und ihren Festen gehört.


„Ich wollte eine Hommage an die schwäbische Blasmusik, an die rumänische Blasmusik machen, weil im Banat diese Tradition am meisten verbreitet ist. In verschiedenen renommierten Blaskapellen in Europa spielen sehr viele Banater Musikanten, zum Beispiel Franz Tröster, Helmut Kassner oder Hans Kaszner, das sind zwei Jahrmarkter und ein Bentscheker, oder bei Gesang Nicky Loris, Klarinette – Anton Hollich; es sind sehr viele, sehr gute Musiker, die in guten, renommierten Blaskapellen weltweit spielen. Ich wollte dieser Stadt einfach etwas zurückgeben, was sie mir gegeben hat: eine gute musikalische Ausbildung.“

Der Banater Musikmanager Freddy Kafka, 
Initiator und Veranstalter des Blasmusikfestivals