Frieden zwischen den Völkern

Gott spricht Recht im Streit der Völker, er weist viele Nationen zurecht. Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen.(Jesaja 2, 4)

Wahrscheinlich um die Mitte des 20. Jahrhunderts, also um 1950, als die Führung der damaligen Sowjetunion darauf vertraute, der Welt Frieden bringen zu können, hat ein sowjetischer Bildhauer diesen biblischen Vers (ebenso Micha 4, 3) für ein monumentales Bildwerk verwendet: Ein muskulöser nackter Mann schwingt einen mächtigen Schmiedehammer, mit dem er ein riesiges Kriegsschwert zu einer Pflugschar umschmiedet. Den Namen des Künstlers habe ich inzwischen vergessen, doch das Bild dieser beeindruckenden Bronzeplastik ging damals als Postkarte um die Welt. 
Viel ist inzwischen „machbar“ geworden – warum sollte nicht auch der Friede zwischen den Völkern „machbar“ sein? Auch nach den schrecklichen Ereignissen des Zweiten Weltkrieges? Durch Konferenzen und politische Maßnahmen könnte er doch verwirklicht werden... Heute wissen wir: Der Friede zwischen Völkern und Nationen bleibt ein Wunschtraum! 

Der „böse Nachbar“ 

Schon Friedrich Schiller schrieb 1804 in seinem gesellschaftskritischen Drama „Wilhelm Tell“ den zum Sprichwort gewordenen Satz. „Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Das ist bis heute die Wirklichkeit. Alle großen und kostspieligen Friedenskonferenzen haben nur eines verdeutlicht: Solange der Zeigefinger auf den „bösen Nachbarn“ weist: „Du bist schuld!“, kann es keinen Frieden geben zwischen Menschen, Völkern und Nationen. Der „böse“ Nachbar jedoch ist meistens meine Erfindung. Vielleicht ist meine vermeintlich böse Nachbarin eine gute Mutter, eine verträgliche Kollegin und eine feinfühlige Ehefrau, nur ich mache sie zur „zanksüchtigen Person“, weil ich sie durch die Brille meiner persönlichen Meinung betrachte. Dann aber müsste der „Friede“, dieser Menschheitstraum, bei mir seinen Anfang nehmen. 

Friede auf Erden 

So klang es über dem Hirtenfeld in Bethlehem, als der Heiland im Stall zur Welt kam: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden...“ Von dem aus Bistritz in Nordsiebenbürgen gebürtigen Maler Norbert Thomae (1887–1977) gibt es ein eindrucksvolles Gemälde: „Kirchgang in Mettersdorf“. Dieses in leuchtenden Farben gemalte Meisterwerk zeigt im Hintergrund das Gotteshaus der damals sächsischen Gemeinde und im Vordergrund die in ihre farbenfrohen Trachten gekleideten Gemeindeglieder, die – aus dem Gottesdienst kommend – heimgehen. Aus ihren Gesichtern spricht der empfangene Friede, den sie zu ihren Wohnstätten mitnehmen. Gelegentlich des 20. Sachsentreffens im September vor zwei Jahren war in Bistritz eine umfassende Ausstellung der Gemälde von Norbert Thomae zu sehen. Sie hat mir tiefe und bleibende Eindrücke vermittelt. 

So soll es einmal kommen! 

„Friede auf Erden“ ist ein Geschenk des Herrn. Ihm, dem Herrn, steht es zu, „Recht zu sprechen im Streit der Völker und Nationen zurechtzuweisen“. Er ist eben der Herr, auch über die Größen „Volk und Nation“, die wir zwar mit politischen Farben bemalen können, die aber dennoch auch ein Geschenk von ihm sind, denn jede Frau und jeder Mann entstammt einem Volk und gehört zu einem Volk. In unserem Monatsspruch steht das Wörtchen „dann“. „Dann schmieden die Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus Lanzen!“ Dann werden Kriegswerkzeuge überflüssig, dann, wenn der Herr allein Streit geschlichtet, wenn der Herr das „letzte Wort“ gesprochen hat!