Gesetz zur Sozialwirtschaft löst Proteste aus

NGOs setzen sich gegen den jüngsten Entwurf ein

Ein neuer Gesetzentwurf soll die Sozialwirtschaft in Rumänien definieren. Es will Akteure und Hauptaufgabengebiete festlegen und den Weg für eine rumänische Sozialwirtschaft ebnen. Den Entwurf reichte Senator Iulian Iancu ein. Ein Gesetzentwurf, den der Senat in der vergangenen Woche vermutlich angenommen hätte, wenn nicht zahlreiche Nichtregierungsorganisationen dagegen protestiert hätten.

Programmatisch ist das Gesetz eine Katastrophe, behaupten die Vertreter der NGOs. Es widerspreche nicht nur der EU-Resolution vom 19. Februar 2009 über die Sozialwirtschaft, sondern es widerspreche auch sich selbst. Der Entwurf wurde so ausgearbeitet, dass er diejenigen benachteiligt, die es eigentlich schützen müsste, und er führt neue Akteure ein, die mit der Sozialwirtschaft nichts zu tun haben. Durch das geplante Gesetz werden auch Großunternehmen zu sogenannten Social Entrepreneurs. Was der Entwurf anstrebt, widerspricht den Grundideen des Sozialunternehmertums. Denn ein Social Entrepreneur ist ein Unternehmer, der nicht finanzielle Gewinne, sondern gesellschaftlichen Erfolg anstrebt. Es handelt sich um ein Unternehmen, das den Menschen vor den Profit stellt.

Die Hauptaufgabe der Temeswarer Nichtregierungsorganisation CRIES (Centru de Resurse pentru Iniţiative Etice şi Solidare) ist die Förderung der Sozialwirtschaft in Rumänien. Für Mihaela Veţan liest sich der Entwurf wie ein schlechter Witz. „In keinem anderen EU-Land würde dieses Gesetz durchgehen“, sagt Veţan und verweist auf die Punkte in dem Entwurf. Sowohl der Staat als auch Großkonzerne werden als Social Entrepreneurs definiert. Begründet wurde dies dadurch, dass beide Akteure sich auch sozial engagieren und zur sozialen Entwicklung des Landes beitragen. „Großunternehmer fallen laut dem Entwurf unter die Kategorie Social Entrepreneur, wenn sie soziale Projekte durchführen“, sagt Veţan.

Dabei vermeidet das Dokument zu erklären, was man unter „soziale Projekte“ versteht. „Wenn ein Großunternehmen eine Fabrik aufmacht und dadurch Arbeitsplätze schafft, gilt das dann auch als soziales Projekt?“, meint die CRIES-Leiterin. „Oder, wenn ein Großunternehmen zum Beispiel in Roşia Montană Häuser für die Angestellten baut, wird das dann auch als soziales Projekt angesehen?“, fügt sie hinzu. Für den Großunternehmer lohnen sich diese „sozialen Projekte“ dann, wenn es darum geht, weniger Steuern zu zahlen. Für den Großunternehmer fallen zehn Prozent der Steuern weg. Eine immense Summe für ein Unternehmen, das einen Umsatz in Millionenhöhe erzielt. Für kleine Nichtregierungsorganisationen, die durch ihre Tätigkeit kaum Gewinn einbringen, bedeutet dieser Steuererlass gar nichts. 

Des Weiteren bindet der Entwurf NGOs an Unternehmen und den Staat. Das Dokument sieht vor, dass NGOs nur dann als Social Entrepreneurs anerkannt werden, wenn sie eine Partnerschaft mit einem Großunternehmen oder dem Staat haben. „Erneut werden vage Formulierungen verwendet“, erklärt Veţan anhand des Entwurfs. „Was bedeutet eine Partnerschaft in diesem Fall? Darauf wird überhaupt nicht eingegangen.“

Den Entwurf komplett zu verwerfen, scheint dem Senat jedoch nicht vorzuschweben. Schließlich hieß es am vergangenen Dienstag auch nur: „Ausbessern“. Zwar wurden die NGOs gebeten, Vorschläge einzubringen, wie man das Gesetz korrigieren könnte, doch dahinter vermutet Veţan eine Falle.
„Das Gesetz wurde so schlecht entworfen, dass wir kaum Veränderungen vornehmen können. Am besten wäre es, wenn man einen komplett neuen Entwurf macht“, sagt die CRIES-Leiterin. Doch ein neuer Entwurf wäre nicht notwendig, weil es bereits einen Gegenentwurf zu dem von Iulian Iancu vorgeschlagenen Gesetz gibt. Das Arbeitsministerium arbeitet seit zwei Jahren zusammen mit den Hauptakteuren der rumänischen Sozialwirtschaft an einem solchen. Dieser Gesetzentwurf, der auch den Voraussetzungen der Europäischen Union entsprach, hätte dem Parlament vorgestellt werden müssen. Nun gibt es gleich zwei Gesetzentwürfe, die eigentlich das Gleiche anstreben.

In drei Wochen soll der korrigierte Gesetzentwurf erneut dem Senat vorgestellt werden. Der Schlachtplan der NGOs in der Zwischenzeit lautet, den entstandenen Schaden zu minimieren. Dafür wird an den Ausschuss für Sozialwirtschaft in Brüssel appelliert, um auch seitens der EU Unterstützung zu erhalten.
PSD-Mitglied Iancu und seine Parteikollegen verteidigen den Entwurf, den sie als Notlösung in Wirtschaftskrisenzeiten betrachten. Man möchte die Großunternehmer begünstigen, damit es nicht zu einem weiteren Nokia-Vorfall kommt.