„Gott sieht nicht auf die Person“

Petrus sagte: „Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.“ (Apostelgeschichte 10, 34f)

Da steht es nun, dieses Fremdwort, das wir fast nur noch in der Zusammensetzung mit anderen Hauptwörtern benützen, das Wort „Person“. Zwar sprechen wir vom „Personenzug“ im Unterschied zu einem Lastzug, vom „Personenwagen“ oder „Personentransport“, doch statt „Person“ sagen wireinfach „Mensch“.  Aber so ist es ja auch gemeint: Eine Person ist eineigenständiger  Mensch. „Personare“ (lateinisch) heißt „hindurchklingen“. In einer  Person klingt das So-Sein eines Menschen auf, so wie Gott ihngeschaffen hat, mit einer bestimmten Augen-, Haut- und Haarfarbe, mitbestimmten Veranlagungen und besonderen Vorzügen oder auch Schwächen. Eine Person ist eine Frau oder ein Mann in ihrem/seinem von Gott gegebenen Sein.Durch sie hindurch klingt Gottes Schöpfungswort, so wie wir das mit unserem „Kleinen Katechismus“ bekennen: „Ich glaube, dass mich Gottgeschaffen hat.“ Wir Menschen sehen uns freilich den anderen Menschen – die andere Person –sehr genau an. Mir selbst geht es so: Wenn ich einer Frau oder einem Mann begegne, habe ich sofort einen „persönlichen Eindruck“. Durch das Gespräch kann dieser Eindruck verstärkt oder gemildert werden, je nachdem. Die„Liebe auf den ersten Blick“ gibt es wirklich; aber auch das Gegenteil, die Ablehnung. Und ich beneide keinen „Personalreferenten“, der über die Anstellung eines Bewerbers zu bestimmen hat. Das ist ein überaus verantwortungsvoller Beruf, denn er muss sich „die Person“ sehr genau ansehen, die sich für einen Posten gemeldet hat. In unserem Monatsspruch aber steht: „Gott sieht nicht auf die Person.“ Für Petrus war das eine ganz neue Erkenntnis! Bisher hat auch er immer auf die Person gesehen. Und er war der Meinung: Nur die Juden – und Petrus war ja ein Jude – sind Gott angenehm! Doch dann hatte er eine himmlische Erscheinung, und durch dieses Erlebnis hat er seine Meinung grundlegend geändert! Aber das sollte im 10. Kapitel der Apostelgeschichte einmal nachgelesen werden. Jedenfalls befindet sich Petrus im Haus des römischen Hauptmanns  Kornelius und hält hier eine Christuspredigt, deren erste Worte unser Monatsspruch sind. Schon im nächsten Satz sagt Petrus: „Gott hat den Menschen Frieden verkündigt durch Jesus Christus!“ Die unüberwindbare Kluft zwischen Juden und Heiden verliert ihre Bedeutung. DerFriede gilt allen Menschen, in jedem Volk. Mir tut es leid, dass der Satz „Gott hat den Menschen Frieden verkündigt durch Jesus Christus“ nicht auch im Monatsspruch steht, dass da nichts von Jesus Christus steht. Denn das Wort „Gott“ hat in jeder Religion einen anderen Bedeutungsinhalt! Darum benütze ich das Wort kaum noch in meinen Predigten. Für Petrus war „Gott“ der Gott der Juden. Doch dann wurde er ein Jünger Jesu, und für Petrus wurde  der „Gott der Juden“ plötzlich „der Vater Jesu Christi“. Und dies war das „neue Begreifen“, von dem Petrus hier redet. Darum hat Luther diesen Bibelvers so übersetzt: „Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht...“  Und hier schwingt für  mich das Wort Jesu mit: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben;  niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Diesen Monat beginnen wir  mit dem Pfingstmontag, der uns an den HeiligenGeist erinnert, der von „Gott dem Vater und von dem Sohn“ ausgeht. Dieser Geist lehrt uns ein „neues Sehen“ im Bezug auf die anderen, mit denen wir leben. Darum sei dies unsere Pfingstbitte: „Lass uns in Ehrfurcht vor Dir leben, Herr, und tun, was recht ist.“