Gute Gespräche in München und Berlin

Interview mit Ovidiu Ganț, dem Abgeordneten des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien

MP Ovidiu Ganț, Botschafterin Adriana Stănescu, MdB Achim Post und Harald Berwanger, Referent der SPD-Bundestagsfraktion (v.l.) | Fotos: privat

Sylvia Stierstorfer, Beauftragte der bayerischen Landesregierung für Aussiedler und Vertriebene, Josef Zellmeier, Vorsitzender des Haushaltsausschusses, Ilse Aigner, Landtagspräsidentin Bayerns, MP Ovidiu Ganț und Dr. Bernd Fabritius, Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen (vorn, v.l.)

Von einer mehrtägigen Informations- und Gesprächsreise in der Bundesrepublik Deutschland kehrte Ovidiu Ganț, der Abgeordnete des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), kürzlich zurück. Zwischen dem 27. November und 4. Dezember hatte er in Berlin und München Treffen mit Vertretern der Bundesregierung sowie des Bundestages und des Bayerischen Landtages, aber auch mit Repräsentanten von in Rumänien aktiven Stiftungen und Initiativen. Über den Inhalt und die Ergebnisse der Reise sprach Hannelore Baier mit MP Ganț.

Welches war die erste Station Ihrer Reise, Herr Abgeordneter?
Auf Einladung von Dr. Bernd Fabritius, dem Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen, war ich zunächst in München. Dort wurde ich von der Landtagspräsidentin Bayerns, Frau Ilse Aigner, zu einem Gespräch eingeladen und führte desgleichen Gespräche mit Herrn Josef Zellmeier, dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, sowie Kollegen aus der Arbeitsgruppe Vertriebene der CSU-Fraktion.  

Der Besuch in München erfolgte mit der Absicht, die Tradition der guten Kontakte der deutschen Minderheit zu den bayerischen Landtagskolleginnen und -kollegen fortzusetzen, im traurigen Kontext des Ablebens der vormaligen Landtagspräsidentin Barbara Stamm, deren Arbeit wir auch bei dieser Gelegenheit gewürdigt haben. Um über die Fortführung ihrer Initiativen, die wir alle als sehr wichtig betrachten, und die diesbezügliche künftige Zusammenarbeit zu sprechen, traf ich mich mit Mitgliedern des Vorstands der Stiftung Bavaria – Romania, bei dem auch ein Vertreter des Ministeriums für Arbeit und Soziales dabei war. 

Konkret handelt es sich um die weitere Unterstützung des Seniorenheimes und Hospizes in Hermannstadt, das Zentrum der an Diabetes- und Hämophilie erkrankten Kinder in Busiasch sowie jenes für Jugendliche mit Behinderungen in Păstrăveni im Kreis Neamț und das Haus für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt sind, in Jassy/Iași. Es sind Projekte der Stiftung in Rumänien, deren politische Triebfeder Frau Stamm war. Ich bin sehr froh, die Bestätigung erhalten zu haben, dass ihre Förderung im Haushalt weiterhin vorgesehen ist, das heißt, dass diese Projekte von Bayern weiter gefördert werden. Die Kolleginnen und Kollegen haben großes Interesse für Temeswar/Timișoara als europäischer Kulturhauptstadt 2023 gezeigt. Ich habe sie zur Eröffnungsfeier eingeladen, sollte ein Besuch zu jenem Zeitpunkt nicht klappen, wird er später erfolgen und ich hoffe, dass sie im kommenden Jahr das Banat, aber auch Siebenbürgen besuchen werden.

Die zweite Station war Berlin?
Ja, und da hatte ich Gespräche im Bundestag, im Auswärtigen Amt (AA) und im Bundesministerium des Inneren (BMI). Ein erster Termin war bei Frau Natalie Pawlik, der Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. Gesprochen haben wir über die letzte Jahresplanungskonferenz sowie die Projekte, die das BMI auch 2023 weiterhin fördern wird, und das sind vorrangig die Seniorenheime und die Jugendarbeit. Frau Pawlik hatte mehrere BMI-Mitarbeiter zum Gespräch hinzugezogen, sie war gut informiert, es war eine nette und aufgeschlossene Atmosphäre, wir hatten ein sehr gutes Gespräch. Auf meine Einladung, 2023 Rumänien zu besuchen und sich die Dinge vor Ort anzusehen, meinte sie, dass ein solcher Besuch tatsächlich willkommen wäre. Ich habe sie zum Heimattag der Banater Schwaben eingeladen und vielleicht gelingt es, den Termin mit der Konferenz der gemischten rumänisch-deutschen Regierungskommission zu verbinden. 

Ein weiteres sehr gutes Gespräch hatte ich im AA mit Stefan Rössel, dem Beauftragten für Auswärtige Kulturpolitik. Ein Hauptthema war das Lehrerentsendeprogramm, das in letzter Zeit etwas vernachlässigt wurde. Ich habe vorgeschlagen, alle Partner des Programms – die deutsche Botschaft in Bukarest, die Zentrale für das Auslandsschulwesen (ZfA) und das DFDR – im kommenden Jahr zu einem gemeinsamen Gespräch zusammenzuführen, um über die Weiterführung zu sprechen. Es geht sowohl um Schulen mit Deutsch-Muttersprache-Unterricht, wo es keine Lehrer aus Deutschland mehr gibt, wie zum Beispiel im Honterus-Gymnasium, als auch den Deutsch-als-Fremdsprache-Bereich, wo es an Fachkräften in Konstanza, Craiova, Jassy oder Suceava mangelt und verhindert werden sollte, dass dieses Unterrichtsangebot abgebaut wird. Ich meine, dass über eine effizientere Werbung in Deutschland Lehrerinnen und Lehrer, eventuell auch solche, die von Rumänien hingezogen sind, gefunden werden könnten, die bereit sind, für eine bestimmte Zeitspanne nach Rumänien zum Unterrichten zu kommen. Da ich leider keinen Termin bei Frau Claudia Roth, der Staatsministerin für Kultur und Medien bekommen konnte, habe ich Herrn Rössel desgleichen das neue Kirchenburgen-Projekt der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) vorgestellt. Es handelt sich um 30 Kirchenburgen, die in nächster Zeit renoviert werden sollten und wofür die EKR von der Bundesregierung finanzielle Unterstützung erwartet. Dieses Vorhaben habe ich dann auch vor den Kollegen des Bundestages angesprochen. 

Worum ging es sonst in den Gesprächen mit den Bundestagsabgeordneten?
Bei allen Gesprächen standen die deutsche Minderheit und ihre Anliegen im Vordergrund, doch wurde auch über den Schengen-Beitritt Rumäniens, den Krieg in der Ukraine und Rumäniens Politik der Flüchtlingsaufnahme, aber auch die Hilfe, die die deutsche Minderheit den Flüchtlingen geboten hat, gesprochen. Getroffen habe ich im Bundestag Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen – außer AFD und Linke –, und es ergaben sich sehr gute Gespräche. Wiedergetroffen habe ich Bundestagsvizepräsidentin Frau Katrin Göring-Eckardt (Grüne), die im Mai Rumänien besucht hatte und die dabei gemachte Erfahrung gern ausweiten möchte. Ein weiteres Gespräch fand mit Herrn Helge Braun (CDU), dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, zusammen mit seinem Parteikollegen Herrn Carsten Körber statt. Diskutiert haben wir über die Förderung der in deutscher Sprache unterrichtenden Lehrer aus Bundeshaushaltsmitteln und die deutsche Kulturpolitik im Ausland, aber auch einen möglichen Besuch in Rumänien. Herr Braun meinte, ein solcher könnte eventuell in der zweiten Jahreshälfte 2023 erfolgen. Getroffen habe ich sodann Herrn Thomas Hacker (FDP), Mitglied im Unterausschuss für deutsche Auslandskulturpolitik sowie im Europa-Ausschuss, Herrn Frank Schwabe (SPD), den Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religions- und Anschauungsfreiheit sowie Herrn Achim Post, den stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden. Alle sprachen Unterstützung zu für die Projekte der deutschen Minderheit.

Da hatten Sie aber ein sehr vielseitiges Gesprächsprogramm! 
Die aufgezählten Gespräche waren noch nicht alle! Getroffen habe ich desgleichen Frau Wiebke Papenbrock (SPD) aus Brandenburg, Bundesland, mit dem die Entwicklungsregion Zentrum eine Partnerschaft pflegt, und in der Botschaft dann auch Frau Birgit Schliewenz, die diese Partnerschaft aktiv fördert. Gemacht wurde der Vorschlag, bei Besuchen in Berlin auch in Potsdam vorbeizuschauen und dass es zu gegenseitigen Besuchen sowohl von Abgeordneten als auch von Fachleuten kommen sollte. 
Ein weiterer wichtiger Gesprächspartner war Herr Bernhard Hermann, Bündnis 90/Die Grünen, der Vorsitzende der deutsch-rumänischen Parlamentariergruppe. Im Mittelpunkt unseres Gesprächs stand der Besuch der deutschen Kollegen im Juni nächsten Jahres in Rumänien, wobei wir in einem netten und sehr positiven Gespräch Einzelheiten und Möglichkeiten erörtert haben. Eine große Freude bereitete mir sodann das Treffen mit Frau Susanne Kastner, der ehemaligen Vizepräsidentin des Bundestages.

Sie haben auch den rumänischen Nationalfeiertag in Berlin verbracht?
Aus Anlass des Nationalfeiertages gab es in der Botschaft einen Empfang und in der Berliner Philharmonie ein sehr schönes Konzert, an beiden nahm ich teil. Ich möchte bei dieser Gelegenheit der Botschafterin Rumäniens, Frau Adriana Stănescu, und ihrem Stellvertreter, Herrn Michael Fernbach, für ihr Wirken in der Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland danken und für die Unterstützung dafür, dass mein Besuch erfolgreich war.