Heilung an Leib und Seele

Liebe Leser, nehmen Sie bitte Ihre Bibel zur Hand und lesen Sie die Verse Jakobus 5,13-16. 

Jedermann weiß, dass geteiltes Leid halbes Leid ist und geteilte Freude doppelte Freude. Wer aber davon betroffen wird, erfährt, wie gewagt es ist, die Nächsten am eigenen Schicksal teilhaben zu lassen. So wurde z.B. Hiob durch die Reden seiner Freunde gar nicht getröstet und auch Jesus stößt auf Unverständnis bei seinen Jüngern, als er von seinem Leiden zu ihnen spricht: Er muss sie tadeln, weil Petrus ihm einen teuflischen, weil menschlichen Rat gibt, und in Gethsemane, weil sie schlafen, statt mit ihm zu wachen. So wird auch mancher von uns in Leid und Freud ernüchtert angesichts der Reaktionen der Freunde.

In einem alten Spruch heißt es: „Über Nacht kommt Freud und Leid, über Nacht verlassen dich beid und gehen, dem Herrn zu sagen, wie du sie getragen.“ Freude und Leid sind Elemente einer unmittelbaren Beziehung zu Gott: er schickt sie und er nimmt sie. Darum empfiehlt Jakobus, dass wir uns in beiden Lagen direkt an Gott wenden mit Gebet und Lobgesang. Dem Rat Jesu zufolge soll das im „Kämmerlein“ geschehen. Unser Zimmer soll nicht nur von Lautsprechern und Bildschirmen beherrscht werden, sondern es soll auch unsere Stimme hören, unsere Tränen und unser Lachen sehen. Gott ist doch unser Gott nicht bloß im Beisein von anderen Gläubigen, sondern auch im Verborgenen, und vor allem dort.
Anders verhält es sich mit Krankheit und Sünde: Beide schwächen den Menschen und zehren an seinen Kräften, so dass er nicht mehr zu einer für das Gebet notwendigen Konzentration seiner Aufmerksamkeit gelangen kann. Darum rät Jakobus, die Ältesten der Gemeinde zu Hilfe zu rufen. Die „Ältesten“ waren geprüfte und durch Handauflegung eingesetzte Brüder im Glauben, die in nachapostolischer Zeit sehr schnell zu jenen wurden, die wir heute Priester nennen. Sie haben u.a. den Auftrag, Kranke zu salben, und das nicht im Alleingang, sondern in Gemeinschaft von bis zu sieben. Die evangelischen Pfarrer haben keinen Auftrag, zu salben, deshalb sind sie an Krankenbetten ziemlich hilflos.

Es kann sein, muß es aber nicht, dass Krankheit eine Folge von Sünden ist oder parallel zu diesen auftritt, dann schenkt Gott auf die ernstlichen Bemühungen der Priester hin Heilung und Vergebung im Doppelpack. Kein Zweifel ist angebracht, denn das Gebet des Glaubens vermag viel. So wie Christen ihre Krankheit nicht einsam tragen sollen, so sollen sie auch nicht allein bleiben mit ihren Sünden. Krankheit und Sünde, auch wenn kein ursächlicher Zusammenhang zwischen ihnen besteht, stellen sich schleichend ein, lähmen des Menschen Willen und werden im Verborgenen immer schwerer. Deshalb müssen sie aufgedeckt werden, damit durch die Fürbitte der Brüder von Gott Heilung und Vergebung kommt.

Wenn man aufmerkt, wie der hl. Jakobus über das Gebet schreibt, kriegt man den Eindruck, es sei ein Produkt, wie Brot etwa, das, einmal gebacken, mehreren zur Nahrung dient. Nicht jeder muß das Brot selber backen, das er dem Gast vorsetzt; er kann es auch fertig kaufen. Und nicht jeder fabriziert das Geschenk selbst, mit dem er die Gunst von Höhergestellten erlangen will; es ist meist sogar zweckdienlicher, etwas schön Gelungenes fertig zu kaufen und zu überreichen. So ist es auch mit dem Gebet: da der himmlische Vater sowieso im Voraus weiß, was wir bedürfen, ist die Darbringung eines schon erprobten Gebets ihm wohlgefälliger als eine unter Wehen ad hoc erstellte Improvisation. Amen.