Hundert Jahre Ungarländischer Deutscher Volksbildungsverein

Historikertagung der Deutschen Kulturgemeinschaft Budaörs

Am 21. September veranstaltete die Deutsche Kulturgemeinschaft Budaörs (Wudersch) in Zusammenarbeit mit der Jakob Bleyer Gemeinschaft e.V. und dem Jakob Bleyer Heimatmuseum die schon alljährlich zur Tradition gewordene Historikertagung, die heuer unter dem Titel „Vor hundert Jahren (1924-2024): Gründung und Zulassung des Ungarländischen Deutschen Volksbildungsvereins“ unter der Leitung und Moderation von Prof. Dr. Nelu Bradean-Ebinger im Jakob Bleyer Heimatmuseum statt stattfand.

Zu diesem Thema wurden folgende interessante Fachvorträge präsentiert: In seinem Vortrag „Grundrisse der ungarischen Minderheitenpolitik nach Trianon“ präsentierte Prof. Dr. Zoltán Tefner eine Einführung zum besseren Verständnis der folgenden Vortragsthemen, die eine spezifische Problematik behandeln, indem die Lage aller Minderheitengruppen des Karpatenbeckens dargestellt wurde und die wesentlichen Merkmale der Regierungen zwischen 1919 und 1931 beleuchtet wurden. Vor allem wurde die Politik der Bethlen-Regierung untersucht und anschließend auf die Charakterisierung der Persönlichkeit von Jakob Bleyer eingegangen, sowie auf dessen minderheitenpolitische Konzepte.

Im darauffolgenden Vortrag setzte sich der Referent Dr. Ferenc Eiler mit dem Thema „Gustav Gratz und die deutsche Volksgemeinschaft“ auseinander und unterstrich anhand der Publikationen von Gratz, dem Vorsitzenden des Ungarländischen Deutschen Volksbildungsvereins (UdV), die Art und Weise, zu zeigen, wie er den Sinn der Volksgemeinschaft interpretierte und welche Folgerungen seine diesbezügliche Einstellung für die Entwicklung der Organisation hatten. Wichtig ist, festzuhalten, dass das Konzept der deutschen Volksgemeinschaft Mitte der 1920er Jahre große Bekanntheit erlangt hatte. Der Gebrauch des Konzepts im ungarndeutschen politischen Sinn hat vor allem im außenpolitischen Kontext Bedeutung - nämlich die „Einheit der deutschen Nation“ endlich zu schaffen, was auf den Schwerpunkt der Bestrebungen des deutschen Staates und der deutschen Minderheiten zurückzuführen war.

Stefan Pleyer setzte sich in seinem Referat „Deutschtumspolitik der Weimarer Republik zwischen Revisionismus und Raumpolitik in (Süd-)Osteuropa: ein Vergleich“ mit dieser Thematik auseinander und weist darauf hin, dass nach dem Ersten Weltkrieg die Weimarer Republik nach dem Versailler Vertrag sich mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert sehen musste. Nicht nur die in ehemaligen Siedlungsgebieten ihrer Heimat verlustig gewordenen Deutschen veranlassten die Regierung zu einer neuen Außenpolitik – mitunter als „Deutschtumspolitik“ in die Geschichte eingegangen–, sondern auch die Tatsache, dass die deutschsprachige Bevölkerung, die als Minderheiten in den Ostgebieten lebte, die Schutzfunktion Deutschlands erwartete, was allgemein als Revisionspolitik aufgefasst wurde, was sie jedoch – aus deutscher Sicht - nicht sein wollte.

Die deutsche Bevölkerung Rumäniens, der Tschechoslowakei und Ungarns sowie die des Serbisch-Kroatisch-Slowenischen Königreiches erhofften sich von Deutschland wirtschaftliche und kulturelle Unterstützung, was zum Teil zu euphorischen Kundgebungen führen sollte.

In seinem Vortrag „Die katholische Kirche in Ungarn und der Ungarländische Deutsche Volksbildungsverein (1924-1933)” unterstrich der Referent Dr. András Grósz eingangs, dass der Großteil der im nachtrianonischen Ungarn lebenden Deutschen römisch-katholisch war, was sich positiv auf die Bestrebungen nach Selbstorganisation (die Gründung des Ungarländischen Deutschen Volksbildungsvereins) und den Gebrauch der Muttersprache auswirken sollte. Obwohl seitens der Kirche diese ungarndeutsche Bewegung misstrauisch beäugt worden war, berücksichtigte sie jedoch den muttersprachlichen Gebrauch im Unterricht und in der Liturgie. Für die Kirche war die Aufrechterhaltung der Kontinuität des religiösen Lebens von größter Wichtigkeit.

Durch die innen- und außenpolitischen Umstände sowie durch die Einstellung der leitenden Bischöfe in den  Diözesen und die der Pfarrer in den Kirchengemeinden wurde die Frage der Lösung der landesweiten und örtlichen Nationalitätenkonflikte wesentlich beeinflusst.

Das Referat von Hans Dama „Das Banat nach dem Ersten Weltkrieg bzw. in der Zwischenkriegszeit“ wurde wegen Abwesenheit des Referenten, der gleichzeitig anderweitig beschäftigt war, von Prof. Dr. Nelu Bradean-Ebinger übernommen.

Darin wurde auf die Entwicklung des nach Trianon dreigeteilten Banats mit Schwerpunkt auf die  Zustände im rumänischen Teil des Banats eingegangen, wo die dortige deutsche Bevölkerung, den Fängen der ungarischen Nationalitätenpolitik entwichen, eine kurze liberalere Entwicklungsphase erlebte, jedoch dem Einfluss der politischen Ereignisse der NS-Zeit nicht entkommen konnte, was zu prekären Situationen führte. Wirtschaftlich und kulturell konnte man im Banat jedoch in der Zwischenkriegszeit beachtliche Erfolge verzeichnen. Vor allem in der Industrie und im  Agrarbereich erzielte man im Banat hervorragende Ergebnisse, die das Banat in Rumänien an die erste Stelle im Bereich der Wirtschaftsproduktion katapultieren sollte und erheblich zur Steigerung von Güterexporten beigetragen hat.