Klimawandel und Kleinbauerntum

Umweltschützer des WWF Romania führen eine gezielte Befragung zum Thema durch

Symbolbild: Pixabay

Der am 29. April 1961 im schweizerischen Morges gegründete World Wide Fund For Nature (WWF), der seit 2006 auch eine Zweigstelle WWF Romania mit Hauptsitz in Bukarest und Filialen in Kronstadt/Bra{ov, in Reschitza, Neustadt/Baia Mare, Klausenburg/Cluj-Napoca und in Tulcea betreibt, führt gegenwärtig von der Maramuresch über Siebenbürgen bis ins Banat mit Kleinbauern Gespräche über deren Arbeit, Leben, Zukunft (Zeithorizont: fünf bis zehn Jahre) und die Auswirkungen des Klimawandels auf ihr Dasein. In der Untersuchung werden die Gesprächspartner „Kleinfarmer“ genannt.

Im Banater Bergland führten sie u.a. Gespräche mit einem „Nistor“ genannten „Kleinfarmer“ „aus einer Gegend zwischen Karansebesch und Herkulesbad“, „wo es nie eine Kollektivwirtschaft gab“. Die vagen Angaben zum Interviewpartner sind mit Absicht gewählt, für Kenner des Raums ist das aber entschlüsselbar, insofern „Nistor“ ein häufiger Vorname in und um die Großgemeinde Teregova ist, die nie eine Kollektivwirtschaft hatte und wo der Lebensstandard der Landbevölkerung demzufolge in der kommunistischen Zeit ein viel höherer war als in „kollektivisierten“ ländlichen Ortschaften mit ähnlichen klimatischen und pedologischen Voraussetzungen. Zudem: Teregova liegt ein paar Kilometer von Armeni{ entfernt, wo der WWF Romania zusammen mit dem Stammhaus WWF das große und auch international beachtete Auswilderungsprojekt der europaweit hergebrachten Wisente gestartet hat und weiterhin betreut.

Für „Nistor“ bedeutet seine Arbeit und der Boden, der ihm gehört und ihn durch seiner Hände Arbeit ernährt, alles. Aber der Klimawandel bringt auch in sein altväterlich durchorganisiertes Leben grundlegende Veränderungen, konstatierten die Klimaaktivisten des WWF Romania. Erstens hat der „Kleinfarmer“, der vor allem vom Obstbau (Pflaumen, Äpfel, Birnen, Kirschen) und der Viehzucht (Schafe und Milchkühe) lebt, von Jahr zu Jahr mehr Arbeit, seit die Sommertemperaturen immer höher klettern und die traditionellen Wasserressourcen des Bergstocks des Semenik – einst als „Wasserturm des Banats“ bezeichnet – versiegen. Zweitens sieht „Nistor“ zunehmend, dass die Arbeit, die er tagtäglich verrichtet, auf die junge Generation keinerlei Anziehungskraft ausübt – obwohl er, nach eigenen Aussagen, ein zufriedenstellendes, ein „dezentes Auskommen“ hat. Und „Nistor“ denkt zunehmend daran, seine Beschäftigung als „Kleinfarmer“ (im Raum Teregova haben solche „Kleinfarmer“ zwischen 10 und 20 Hektar Landbesitz und meist eine ähnliche Produktions- und Produktestruktur wie „Nistor“) unter den gegebenen, sich verhärtenden Umständen in einem Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren aufzugeben.
Aus Sicht des WWF Romania klingt das so: „Wir machen Feldbegehungen in der Maramuresch, auf den Hügeln des Siebenbürgischen Hochlands und im Banat. Wir führen Gespräche mit ortsansässigen landwirtschaftlichen Produzenten über die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen, auch über andere Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert werden. Nistor, ein Kleinfarmer in einer Berglandortschaft im Banat, ist ein typischer Vertreter des Raums zwischen Karansebesch und Herkulesbad: sehr fleißig, sehr gut organisiert, unentwegt arbeitend, mit dezentem Einkommen. Seine Arbeit und sein Grund und Boden stehen für ihn an erster Stelle. Das ist bei ihm seit Generationen immer so gewesen. In seiner Gegend gab es keinerlei Kollektivisierung. Vor Zeiten ging es Farmern seines Schlags hier sehr gut. Was sie produzierten, war gesucht in den hungrigen Städten. Nistors Farm ist eine traditionelle. 2006 profilierte er sie genauer. Er legte eine Apfelplantage an, pflanzte auch andere Obstbäume, und er legte sich Nutztiere zu: Schafe und Kühe. Nistor lässt sich von Schwierigkeiten nicht niederringen. Etwa vom schwierigen und kargen Gebirgsboden oder von meteorologischen Überraschungen. Er verstand es, seine Ernten zu steigern und auch deren Absatz, durch Verkaufsstände auf Märkten und Jahrmärkten.

Das Landwirtschaftsjahr 2024 hat seine Situation zusätzlich komplizierter gemacht. Sein Arbeitsprogramm musste er einmal mehr aufstocken. Viel Zeit raubte ihm 2024 das Herbeischaffen von Wasser, in Zisternen und Fässern, für seine Tiere. Die Dürre machte ihm auch im Bergland viel zu schaffen. Dazu kamen Hagelschlag und das zunehmende Austrocknen der Wasserquellen, das Verschwinden kleiner Quellbäche bis ganzer Flussläufe. Das ist neu in dieser Gegend, wo die ersten Berge am Ostrand der Pannonischen Tiefebene meist viel Regen brachten. So gab es in dieser Gegend immer ein dichtes Netzwerk von bergab fließendem Wasser. Der Klimawandel hat damit zum ersten Mal Schluss gemacht. Das ist die neue und sehr ernstzunehmende Herausforderung des Farmers Nistor. Er selber weiß: ‚Jedes Gleichgewicht in der Natur ist delikat und sehr leicht zu zerstören.‘

Obwohl Nistor ein grundsätzlich fleißiger und sich meist schnell mit jeder Situation zurechtfindender Mensch ist, äußert er sich skeptisch betreffs der kommenden fünf bis zehn Jahre. Er findet, in allernächster Zukunft wird dieser Wirtschaftsbereich – das Kleinfarmertum - in Rumänien ganz große Probleme haben: „Die neuen Generationen scheuen schwere Arbeit.“ Und die Politiker, die Verantwortlichen der öffentlichen Verwaltung, müssten JETZT mehr und umfassend etwas für die Kleinfarmer tun.“

Schlussendlich erklären die Umweltaktivisten von WWF Romania, dass sie weiterhin unterwegs bleiben, um das Leben der „Kleinfarmer“ Rumäniens zu dokumentieren, deren Geschichten aufzuzeichnen, um auf sie aufmerksam zu machen.