Kraft schöpfen aus dem Zusammenleben

Doppelte Buchvorstellung in Hermannstadt

„Es gibt zwei Arten Bücher“, erklärte Dr. Alexandru Marius Crișan vom Ökumenischen Institut Hermannstadt/Sibiu, indem er ein Zitat von Ignatius von Loyola umschrieb: „Bücher, die nach dem Lesen gleich nach dem nächsten Buch verlangen und Bücher, welche nach dem Lesen dich auf der Ebene der Gefühle und Gedanken weiterhin beschäftigen.“

Mit diesen Worten leitete Dr. Cri{an am 17. Oktober 2022 im Multimediasaal des Begegnungs- und Kulturzentrums  „Friedrich Teutsch“ die Vorstellung des Buches: „Spiritualitate ecumenic². Experiență transculturală. Con-viețuire interetnică“ (Ökumenische Spiritualität. Transkulturelle Erfahrung. Interethnisches Zusammenleben) von Dechant Dr. Hans Bruno Fröhlich ein.
Das im Honterus Verlag erschienene Buch (ISBN 978-606-008-104-3) umfasst Predigten und Vorträge des Schäßburgers Dechanten, welche dieser im Laufe der Jahre, beginnend mit 2010, innerhalb der Gebetswochen für die Einheit der Christen oder zu verschiedenen Anlässen gehalten hat. Dr. Alexandru Marius Crișan hielt drei Elemente des Buches fest. Erstens: Die Idee der Spiritualität, welche in ihrer, in den Seiten des Bandes, ökumenischen Auffassung zur Siebenbürgischen Seele jenseits ihrer Konfession passt und orthodoxe, katholische und evangelische Theologen in einen Dialog bringt.

Dabei ist das Leitmotiv des „Fremden“ definierend für den siebenbürgischen Raum, in welchem im Laufe der Geschichte jede Bevölkerungsgruppe einmal als „das Fremde“ wahrgenommen wurde. Zweitens: Die siebenbürgisch-sächsische Spiritualität und Identität, wobei die kritische und entspannte Haltung des Autors gegenüber seiner eignen Ethnie bemerkenswert sei. Drittens: Die ökumenische Öffnung gegenüber der nichtdeutschsprachigen Mehrheitsbevölkerung, wobei das Buch sich in eine längere Folge von rumänischsprachigen Veröffentlichungen der deutschen Minderheit einreiht.

Im Vorwort des Buches schreibt Dr. Hans Bruno Fröhlich: „Im Konzept der ‚Einheit der Kirche Christi‘ und der Vielfalt der Ausdrucks- und Lebensformen des Glaubens besteht, meiner Meinung nach, kein Widerspruch. Darum sind mir die ‘ökumenische Spiritualität‘, ‘die transkulturelle Erfahrung‘ und das ‘interethnische Zusammenleben‘ zum Lebenskonzept geworden, zu einer mir lieben Lebensweise. Und ich bin der festen Überzeugung, dass diese Lebensweise nicht nur eine Laune, sondern, ausgehend von dem zeitgenössischen Kontext mit seinen vielfachen Überschneidungen zwischen Ethnien, Kulturen und Konfessionen oder sogar Religionen, eine Notwendigkeit ist.“

Im zweiten Teil der Veranstaltung stellte Pfarrer Gerhard Servatius-Deppner, Leiter des Zentrums für Evangelische Theologie Ost (ZETO) den Bilderband: „Biserica Evanghelică de Confesiune Augustană din România: istorie, spiritualitate {i patrimoniu“ (Die Evangelische Kirche Augsburger Bekenntnisses in Rumänien: Geschichte, Spiritualität und Patrimonium) vor.
Die englische Fassung des Buches wurde im Paideia Verlag anlässlich des EU-Summits in Hermannstadt 2019 veröffentlicht. Die vorliegende rumänische Übersetzung (ISBN: 978-606-748-593-6) führt anhand von einem reichhaltigen Bildmaterial und knappen, aber informationsreichen Texten den rumänischsprachigen Leser durch die Geschichte, die Glaubenswelt und die Gegenwart der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien. Pfarrer Servatius-Depner erklärte, dass die drei Begriffe, welche sich im Untertitel des Buches finden, die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der deutschsprachigen evangelischen Minderheit in Rumänien verbinden. Es handle sich dabei um „eine Kirche, die aus einer sturen Zuversicht nach Wegen sucht, Kirche zu bleiben“ erklärte der Mediascher Pfarrer. Wobei die Evangelische Kirche heutzutage nicht nur als ein Ort der Verkündigung, sondern auch der Lehre und der Kulturgutbewahrung zu verstehen sei.  Gerhard Servatius-Deppner hielt fest, dass die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien und die deutsche Minderheit nach 1990 aus der bereichernden Ökumene und dem kraftgebenden Zusammensein mit den anderen lebt. Abschließend bemerkte Hauptanwalt Friedrich Gunesch, dass sich die beiden vorgestellten Bücher gegenseitig ergänzen und dem rumänischsprachigen Publikum einen neuen Zugang zur Glaubenswelt und dem Leben der deutschen Minderheit in Rumänien ermöglichen.