„Kurz vor dem Untergang oder doch nicht?“

Antrittsvorlesung von Dr. Johannes Klein

Dr. Johannes Klein überraschte in seiner Antrittsvorlesung mit dem Vergleich zwischen dem Stamm Benjamin und den Siebenbürger Sachsen. Foto: der Verfasser

Die Notwendigkeit einer deutschsprachigen evangelischen theologischen Ausbildung in Rumänien wurde nach 1990 immer wieder thematisiert. Es gab sowohl Stimmen für die Auflösung des Theologischen Instituts in Hermannstadt/Sibiu, implizit die Ausbildung der Theologen mittels kirchlicher Unterstützung im Ausland, wie auch Stimmen, die sich für den Weiterbestand desselben einsetzten. Trotz mancher Durststrecke konnte das Theologische Institut in der Schewisgasse/Bld. Victoriei, nun Teil der Universität „Lucian Blaga“, seine Resilienz unter Beweis stellen. Auch wenn es manchmal an Professoren fehlte – zeitweilig war eine einzige Professorenstelle fest belegt – oder aber sich niemand für das Studium anmeldete, konnte das Institut weiterhin ein qualitativ hohes Ausbildungsangebot aufrecht erhalten.

Nun konnte auch die dritte Professur besetzt werden: Seit dem Herbstsemester 2022/23 belegt Dr. habil. Johannes Klein das Katheder für Biblische Theologie. Der 1969 in Reps/Rupea gebürtige Fogarascher Pfarrer promovierte 2001 an der Universität Bern.

An der gleichen Schweizer Universität erhielt er 2011 seine Habilitation für das Fach Altes Testament. Als Sohn des bekannten Neutestamentlers Dr. Hans Klein, welcher selbst als Dekan für mehrere Jahre das theologische Institut leitete, führt Dr. Johannes Klein durch die angetretene Professur eine lange Familientradition fort.

Am 8. November 2011 fand im Festsaal des Theologischen Instituts im feierlichen Rahmen seine Antrittsvorlesung statt. Dafür wählte sich Dr. Johannes Klein als Vortragsthema „Kurz vor dem Untergang oder doch nicht? Ein Blick auf den Stamm Benjamin als mehrfach schwindende Gemeinschaft.“

Zwar setzte sich der Vortragende in dem Hauptteil seines Referats mit der Geschichte des kleinsten israelitischen Stamms auseinander, wie sie dem Alten Testament zu entnehmen ist, doch überraschte er die im Saal und online anwesende Zuhörerschaft mit der Parallele, die er zwischen dem besagten Stamm und der Minderheit der Siebenbürger Sachsen zog. Die in dem Vortrag betreffend den Stamm Benjamin immer wiederkehrende Frage: „War das das Aus?“, wurde jedes Mal verneint. Das gleiche treffe auch für die deutsche Minderheit in Siebenbürgen, überhaupt nach 1990, zu.

Zu den Gemeinsamkeiten der beiden Bevölkerungsgruppen zählte Dr. Johannes Klein: die Rolle als Kulturgutbewahrer, die politische Aufgabe, das selbstbewusste Auftreten als Brückenbauer und die Rolle als Mittler in schwierigen Situationen.

Definitorisch für beide sei die Tatsache, dass ihre Rolle und soziopolitische Funktion größer war/ist als es die Anzahl der dazugehörenden Bevölkerung erahnen ließe. An manchen Punkten, bemerkte der Referent, war das Tätigkeitsfeld des Stammes Benjamin weiter angelegt als das der zur Zeit kleinen deutschen Minderheit in Siebenbürgen, doch könnte man dieses auch als eine mögliche Zukunft der Siebenbürger Sachsen verstehen.

Abschließend bemerkte Dr. Johannes Klein, dass es sich mit Sicherheit lohnen würde, die Überlebensstrategien kleiner Minderheiten in Zukunft interdisziplinär zu erforschen.