Meilenstein Nr. 1400

Die Via Transilvanica wurde offiziell eröffnet

Auch das Warnschild bringt Martha und Vincent nicht von ihren Zeltplänen ab.

Schon am Vormittag fanden sich zahlreiche Gäste unter strahlend blauem Oktoberhimmel in der Zitadelle von Alba Iulia ein. Fotos: die Verfasserin

Das Engagement mancher Freiwilliger reicht bis zur Wahl der Socken.

Ein Stand war der „Terra Dacica“ gewidmet.

Am vergangenen Samstag, einem strahlenden Herbsttag, wurde der letzte Meilenstein der Via Transilvanica gesetzt. Damit ist der Weitwanderweg, der von der Bukowina bis zur Donau quer durch Rumänien führt, offiziell eröffnet. Der Verein T²{uleasa Social, der hinter dem Projekt steht, lud zu diesem Anlass zu einem großen Fest nach Alba Iulia.

Schon vormittags ist der große Platz in der Zitadelle gut gefüllt. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher spazieren zwischen den Ständen umher, die Informationen und Waren anbieten. Je einer davon ist einem der sieben Abschnitte der Via Transilvanica gewidmet und repräsentiert diesen mithilfe von Bildern, Karten, lokalen Produkten und freundlichen Freiwilligen, die Auskunft geben. Andere Stände informieren über weitere touristische Tätigkeiten in Rumänien – etwa Projekte zum Erhalt der Schmalspurbahn Moc˛ni]a – oder verkaufen Essen und Getränke. Es gibt außerdem verschiedene Ausstellungen, die etwa Miniatur-Versionen aller 1400 Meilensteine zeigen, oder Gemälde von Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke.

Das Publikum ist bunt gemischt: Familien mit Kindern, viele junge Leute, manche in traditionellen, manche in seltsamen Kostümen. Um 10 Uhr werden die Feierlichkeiten eröffnet, bei den folgenden Reden wird vielen Menschen gedankt, und man ist zu Recht stolz auf die Zahlen, die dabei präsentiert werden: Auf 1400 Kilometern Wanderweg, gesäumt von 1400 Meilensteinen, die durch 10 Landeskreise und etwa 400 Ortschaften führen, wurden 35.900 Markierungen angebracht – möglich war dies durch etwa 10.000 Freiwillige.

Eine von all den engagierten Personen, die das Projekt ermöglicht haben, ist Patricia. Seit sie 14 Jahre alt ist, engagiert sie sich bei T˛{uleasa Social – seit fast zehn Jahren also. Sie fand es aufregend, beim größten Projekt des Vereins dabei zu sein – „auch, weil das für das ganze Land so wichtig ist“. Sie war unter anderem in einem der Teams, die die Wan-derwege ausprobierten, bevor sie für Wanderer freigegeben wurden. Das sei so gewesen, erzählt sie: Das erste Team – dabei auch Alin U{eriu, der Präsident des Vereines – habe erst einmal herausgefunden, welche Wege, Pfade und Straßen sich zu einem Wanderweg verbinden ließen. Das zweite Team sei dann diese mit Farbe und Pinsel entlanggegangen, um die Markierungen (das orange T auf weißem Grund) anzubringen. Und das dritte Team schließlich, in dem auch sie war, sei die Strecke abgegangen, um zu kontrollieren, ob auch alles in Ordnung sei – ob es ausreichend Markierungen gibt, die Strecken nicht zu lang oder schwierig seien, etc. Darauf habe man vor allem geachtet – deshalb seien in ihrem Team zahlreiche Altersklassen vertreten gewesen: Um sicherzustellen, dass die Via Transilvanica möglichst vielen Menschen zugänglich ist.

Während Patricia erzählt, wird in der Gemeinde Ciugud der allerletzte Meilenstein von den Botschaftern des Projekts signiert und damit die letzten 141 Kilometer Streckenabschnitt eröffnet. Warum dieser letzte Meilenstein nicht am Ende des Wanderweges in Drobeta Turnu-Severin, sondern hier in Alba Iulia steht, kann Patricia ebenfalls erklären: Denn im Jubiläumsjahr 2018 sei aus historischen Gründen hier in Alba Iulia das Projekt lanciert worden – deshalb ergibt es Sinn, dass auch die offizielle Eröffnung wieder hier stattfindet.

Auf der Bühne wurde inzwischen der letzte Meilenstein feierlich enthüllt – und im Anschluss folgt zur Begeisterung des Publikums das erste Konzert: Ada Milea und Bobo Burl˛cianu betreten die Bühne. Unter den Besucherinnen und Besuchern fallen zwei junge Leute mit großen Rucksäcken auf, die sich für die Musik weniger zu interessieren scheinen: Martha und Vincent aus Deutschland legen hier tatsächlich nur einen kurzen Zwischenstopp ein, bevor sie nach Mediasch fahren und dort ihre Wanderung starten. Ihr Ziel ist das gut 90 Wanderkilometer weit weg liegende Wolkendorf/Vulkan, wo Vincents Familie ein Haus hat – seine Familie stammt eigentlich aus Hermannstadt.

Ob die Via Transilvanica inzwischen bis nach Deutschland bekannt ist? Nein – zumindest ist  dem jungen Mann das orange T zum ersten Mal bei einer Wanderung um Wolkendorf aufgefallen. Er hat bald herausgefunden, was es damit auf sich hat, und sich für die Idee begeistert. Ein bisschen Wandererfahrung hat er schon, Martha kaum – sie schaut bei den Ausführungen ihres Wanderpartners zu Gaskocher, Zelt und Bären auch eher skeptisch drein. Aber nein, winkt sie lachend ab – sie freut sich auf die Natur und ist gespannt auf die Erfahrung. Auch vor Bären fürchtet sie sich nicht wirklich – auch wenn wir gerade vor einem Warnschild stehen… man wünscht den beiden eine schöne Wanderung!

Unterdessen geht das Festprogramm mit zahlreichen Gästen weiter: Nachmittags gibt es mehrere Podiumsdiskussionen, gleich zu Beginn gibt es dabei einen Star der Wanderszene kennenzulernen: Die Weitwanderin und Autorin Christine Thürmer gilt mit 60.000 Kilometern als die „bewandertste“ Frau der Welt. Andere Weitwanderwege Rumäniens werden vorgestellt – etwa die Via Mariae, die wie die Via Transilvanica in Putna beginnt, aber ins österreichische Mariazell führt, und das Netzwerk des Camino de România. Später tauschen sich Journalistinnen und Journalisten aus, Vertreterinnen und Vertreter von Sponsoring-Firmen kommen ebenso zu Wort wie solche verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen.

Am Abend schließlich wird die Via Transilvanica nach viereinhalb Jahren Bauzeit von den Botschaftern des Projekts hochoffiziell eingeweiht – und der Tag klingt aus mit Konzerten von Urma, Vi]a de Vie und Subcarpați.