Nachhaltige Landwirtschaft für gesunde Nahrung

Schweizer Familienbetrieb setzt im Banat neue Meilensteine für Biolandwirtschaft

Katharina Haeni auf dem Hof vor der Manufaktur Fotos: Astrid Weisz

Fast unscheinbar der Kräutergarten - und doch so ergiebig: Auf einer Fläche von rund einem halben Hektar wachsen hier verschiedene Zutaten für Teemischungen und Gewürze für Senfe: Basilikum und Kren.

Zwar wird die Auswahl und somit das Regal für Bioprodukte im Supermarkt langsam immer größer, dass dann die Produkte darin auch aus der lokalen Lebensmittelindustrie oder zumindest aus Rumänien kommen, ist nach wie vor noch eine Seltenheit. Und doch kann es auch kleineren Manufakturen gelingen, das eine oder andere Produkt so an den Mann zu bringen. Ein Familienunternehmen, das mit Erfolg Biolandwirtschaft und eine kleine Manufaktur betreibt, gibt es in der Arader Ortschaft Firiteaz. Beim Interview kann man dort auch gleich Unterricht in ökologischer Landwirtschaft bekommen.

Kurz nach der Dorfeinfahrt stehen rechter Seite in Firiteaz die Gebäude des Familienunternehmens Biofarmland. Dahinter das Eingangstor zur alten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) des Ortes. Der Kräutergarten ist eine Straße weiter im Dorf. Ohne Chemikalien werden hier die Zutaten für die Teemischungen und für die verschiedenen Senfsorten gezüchtet, aber auch für ein buntes Kräutersalz: alles in geordneten Reihen mit einem gezielten Bewässerungssystem und einer Strohdecke um die Sträucher und Pflanzen herum, die sowohl Unkraut fernhält als auch den Boden vor dem Austrocknen schützt. Den Garten führt Katharina Haeni vor, die sich bei Biofarmland hauptsächlich um den Bereich der Manufaktur kümmert. „Wir hatten zunächst draußen auf dem Feld angebaut, aber weil uns da öfter mal Schafe hineingeraten sind und außerdem zu der Zeit hier noch mit Flugzeugen gespritzt wurde, haben wir uns dazu entschlossen, eher eine Fläche im Dorf zu bebauen, die leichter zu umzäunen und zu pflegen ist. Hier züchten wir bestimmte Gewürze wie Liebstöckl, Oregano, Kren für die Senfe, haben aber auch etwas Hopfen für unseren ‚Gute Nacht Tee‘, nebst anderen Kräutern, aber auch Korn- und Ringelblumen.“ Keine gentechnischen Mittel und keine synthetischen Düngemittel kommen bei den Haenis zum Einsatz, zudem versucht man alles so lokal und regional wie möglich zu vertreiben. Ihre Produkte kann man direkt im Bioladen des Familienbetriebs online bestellen, findet sie jedoch auch in der dm-Kette im Bioregal. Doch der Weg bis dahin war kein leichter...

Katharina Haeni kommt aus der Schweiz. Sie zog ihrem Bruder und den Eltern nach Rumänien nach. Christian ist genau wie Katharina studierter Landwirt (er hat das Agronomiestudium an der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft in Zollikofen im Jahr 2004 abgeschlossen), der seinem Beruf nachgehen wollte, im Heimatland aber zu wenig und zu teuren Boden dafür hatte. Also hat sich die Familie auf die Suche nach einem Land gemacht, in dem man sich niederlassen und Felder bearbeiten konnte. Von Anfang an sei klar gewesen, dass man etwas als Familie gemeinsam unternehmen wolle, sagt Katharina, die seit 2008 auch in Firiteaz lebt und sich am Auf- und Ausbau des Biobetriebs beteiligt. Zu-nächst kaufte die Familie Land auf oder pachtete es und man fing damit an, den Boden für Biolandbau aufzubereiten. „Damit man das Prädikat Bio für seine Produkte benutzen darf, braucht es mindestens zwei Jahre, in denen der Boden mit keinerlei Pestiziden, Fungiziden, synthetischen Düngemittel oder anderen Chemikalien behandelt wird und auch im weiteren Umkreis sollten diese nicht eingesetzt werden. Unsere Lösung war, dass wir die ersten Jahre nur Weißklee gesät haben, was beim Bodenaufbau auch hilft. Natürlich haben die Leute hier im Dorf gestaunt, wie wir uns so etwas leisten können, das Feld quasi nicht zu bebauen. Doch langfristig hat es sich gelohnt. Wir können teils säen, ohne den Boden irgendwie zu bearbeiten und es wächst fast kein Unkraut darauf“ sagt Frau Haeni lächelnd und stolz.

Den Schlüssel zu einer besseren Welt sehen die Schweizer von Firiteaz in sich selbst und stellen auch ihre Webseite unter das Zitat von Mahatma Gandhi: „Wir müssen die Veränderung sein, die wir in unserer Welt sehen wollen“. In drei Bereiche teilt sich ihre Tätigkeit auf: Landwirtschaft – also Getreideanbau, Manufaktur und das jüngste Projekt, Ecovillage. Mit der Manufaktur hat sich Katharina Haeni einen Traum erfüllt. Auf dem Hof führt sie, an den Scheunen mit Maschinen vorbei, in die gekühlten, sauberen Räume (die man nur mit Haube, im Kittel, mit Schuhüberzieher und Mundschutz betritt), in denen mit geringem Einsatz von Maschinen Mehl und Brotmischungen bei niedrigen Temperaturen hergestellt, die Pflanzen getrocknet und für die Teemischungen vorbereitet werden. In einem würzig duftenden Raum siebt eine Frau Kornblumen per Hand aus. „Zum Einsatz kommen die Blütenblätter, die so vom Kelch getrennt werden in den verschiedenen Teemischungen, aber auch in einem Kräutersalz, das zu den ersten Produkten der Manufaktur gehört, beliebt ist und so manchen Salat, Brotaufstrich oder Tofu attraktiver macht, aber auch besseren Geschmack gibt“, so Katharina Haeni. Eine Tür weiter: das geordnete Lager und danach der Raum für die Senfherstellung, sechs Sorten sind im Angebot. Viel ist nicht zu sehen, denn besonders Senf und Getreideprodukte werden nur auf Bestellung hergestellt und lagern nicht lange, damit alles frisch an den Kunden kommt. Verpackt wird auch per Hand und das bei einigen Tonnen Mehl und Körnern im Jahr. In der Manufaktur, aber auch auf dem Feld werden Leute aus dem Dorf beschäftigt. „Es war von Anfang an ein Traum nebst dem Getreideanbau, welcher wirtschaftlich für uns wichtig ist, auch Frauen aus dem Dorf Arbeit bieten zu können. Die Dinge, die wir anfertigen, sind somit auch ein Mittel zum Ziel und nicht nur das Ziel selbst.“  Handarbeit gehört zum Konzept, denn es wird daran geglaubt, dass Landwirtschaft, so wie man sie ursprünglich betrieben hat, eines der gesündesten Syteme ist, um im Einklang mit der Natur und von ihr zu leben. Für Körper, Seele und Geist sei das Handanlegen wichtig, dass man so seinen Beitrag an das Produkt leistet und eine bessere Energie mitschwingt. Und die Handarbeit ist nicht wenig: vom Jäten, Gießen, Hacken, Schneiden, Ernten bis zum Verpacken. Es sei erfüllend, alles was man isst, vom Samen bis zum Essen im Teller zu begleiten und so wenig wie möglich das Nährwertpotential durch maschinelle oder thermische Bearbeitung zu mindern und richtig zu schätzen, was man zu sich nimmt, erzählt Kahtarina Haeni strahlend, die sich selbst seit Jahren vegan ernährt und auf der Webseite des Familienbetriebs auch einige Rezepte auflistet. 

Auch wenn die Schweizer Familie Haeni in Firiteaz es schon seit über 15 Jahren so macht, haben sie erst in diesem Jahr auch das Zertifikat für ihre biozyklisch-vegane Landwirtschaft erhalten – als erstes Unternehmen in Rumänien. Außerdem hat sich der Biobetrieb auf pfluglosen Ackerbau festgelegt und setzt das Wenz Eco-Dyn System auf den 800-1000 Hektar Land, die sie jährlich bearbeiten, um. Das System von Manfred und Friedrich Wenz fördert den Ertrag ohne Zufuhr von Düngern. Die pfluglose Anbautechnik versucht, durch die Erhaltung der natürlichen Schichtung des Bodens den Lebensraum des Regenwurms und anderer Bodenorganismen möglichst wenig zu zerstören. Der Boden wird mit dem eigens entwickelten Gerät maximal auf eine Tiefe von fünf Zentimetern gelockert. Damit können hohe Regenwurmpopulationen erzielt werden, welche den Boden fruchtbar machen und natürlich und effizient bearbeiten. Eine gute Regenwurmpopulation kann Pflugsohlen und andere Bodenverdichtungen langfristig auflösen. Außerdem wird auf den Feldern nicht immer das Gleiche gesät: Nach den zwei Jahren Reinbestand Klee, der zur natürlichen Düngung beiträgt, folgen im dritten Jahr Weizen, Einkorn, im vierten Hafer oder Gerste, dann Dinkel oder Roggen. Ein Durchschnittsertrag von 2 Tonnen über die ganze Fruchtfolge sei dadurch zu erreichen.

Das jüngste Projekt von Katharina Haeni befindet sich gegenüber vom Kräutergarten. Über eine Wiese verstreut stehen ca. zwei Kubikmeter große Kisten mit Namen wie Sanftmut, Geduld, Frieden, Begeisterung usw. - eine Art „Zeltlager“, wo man einfachst auf einer Pritsche mit Matratze übernachten kann. Am Wiesenende hat die Familie zusammen mit Dorfbewohnern und anderen Naturfreunden eine überdachte Terrasse aufgebaut, in der Workshops stattfinden sollen. Erst im Sommer hat man an einem Nachmittag Lehmstampfen gelernt und damit den Boden des Pavillions ausgelegt. Ecovillage Firiteaz, das neue Projekt, soll die Werte, die die Haenis in ihrer Familie und in ihrem Betrieb leben, auch an andere weitergeben: etwa, mit der Natur sensibel umzugehen, mit ihr zu arbeiten und nicht gegen sie, das, was sie einem gibt, voll auszukosten und das alles in der Natur selbst und so umweltschonend wie möglich.