Nachwachsende Hydraköpfe

2019 war das Jahr, als zwei der Köpfe der Hydra PSD abgeschlagen wurden, Parteichef Liviu Dragnea und der PSD-Traum von der Präsidentschaft. Es war das Jahr herber politischer Rückschläge, die diese Riesenpartei und ihre bildungsneutrale Chefin Vasilica Dăncilă kassierte. Wer jedoch glaubt, dass die PSD jetzt am Boden liegt und eingehen wird (wie nach den Präsidentschaftswahlen geunkt), irrt.

Die Regenerierungsfähigkeit der PSD ist ungebrochen. Sie fußt auf einem orthodoxienahen erzkonservativen Fundamentalismus, auf agiler Manipulation (lies: geschmeidige Lügnerei und Leugnerei aller Offensichtlichkeiten), auf balkanischer Schlitzohrigkeit (für welche ihr Interim-Chef, Marcel Ciolacu, Präsident der Abgeordnetenkammer, als Paradeexponent gilt) und auf grenzenlosem Egoismus und Populismus ihrer Führungsriege, die bloß noch von deren sprichwörtlicher Kleptokratieeignung übertroffen werden.

Mit jedem Tag, den die „siegreiche“ PNL an den Regierungshebeln sitzt, wird offensichtlicher, dass in diesem Land keine Minderheitsregierung bestehen kann, wenn sie sich nicht mit der PSD „arrangiert“. Andernfalls nutzt sie sich bloß ab (das haben wir schon mal erlebt, nachdem in der vergangenen Legislaturperiode die PSD ein Jahr vor den Parlamentswahlen das Regieren ließ und andere die glühenden Kohlen aus dem Feuer holten, während sie mit der Kritik an denen, die ihre Führungsfehler zu begradigen versuchten, punktete und die nächsten Wahlen gewann.) Das ist die größte Gefahr, welche der PNL droht – zumal es keine Voraussetzungen für eine Allianz der Oppositionsparteien (PNL, USR, PLUS, PMP, teilweise auch die Januspartei ALDE) gibt. Präsident Johannis hat recht mit seiner eindringlichen Warnung an die PNL, dass es „ein großer Fehler“ wäre, die PSD zu unterschätzen. Gilt für alle Oppositionsparteien.

Die PSD leckt inzwischen ihre Wunden. Ihr vorsichtiger und hinterlistiger Interim-Chef Ciolacu hegt den Scheinschlaf der Lokalbarone: Er braucht sie bei den Kommunalwahlen in sechs Monaten. Mit dem Misstrauensvotum droht er halbherzig – er hat kein Interesse, irgendetwas zu unternehmen, was vorgezogene Wahlen näherrücken könnte. Kalt nutzt er die Stimmenüberzahl der PSD in beiden Parlamentskammern, um, wenn´s drauf ankommt, von der PSD eroberte Redouten zu verteidigen: die Sonderabteilung zur Kontrolle der Staatsanwälte und Richter, die Wahl der Bürgermeister in einem einzigen Wahlgang, die Methodik der Haushaltsverteilung an die Bürgermeister (eine umfangreiche PSD-Klientel), die Sonderrenten aller, deren Rentenbeiträge in keinem Verhältnis zu deren Bezügen stehen. Außerdem hat die PSD Meister der Diversion, im Fußangelstellen (siehe den Misstrauensantrag gegen Finanzminister Florin Câțu, der das gesamte unprofessionelle und staatsgefährdende Getue seines PSD-Vorgängers Orlando öffentlich entlarvte). 

Ombudsfrau Renate Weber hat sich nun auf die Seite der PSD geschlagen, nachdem ihr die Partei, die sie hochschob, die ALDE, politisch nicht mehr behagte. Diese stur-verbissene Verteidigerin der PSD-initiierten „Novellierungen“ der Justizgesetze und des Strafgesetzbuchs, diese starrköpfige Anhängerin der Theorie des „Parallelstaats“, des Geschwafels von der „neuen Securitate“ und von den „Über- und Missgriffen der Antikorruptionsbehörde DNA und deren ehemaligen Leiterin Laura Codruța Kövesi“, spannt sich vor den Karren von PSD-Anliegen – ob aus eigener Initiative oder nach Aufforderung ist egal – und ruft das Verfassungsgericht in „Herzensangelegenheiten“ der PSD an: die Dreierkollegien der Richter beim Obersten Gerichts- und Kassationshof, die DNA-Staatsanwälte, „die nicht eigens auf Korruptionsfälle spezialisiert wurden“. Letztendlich verfolgt sie mit der ihr eigenen Verbissenheit dasselbe Ziel wie die PSD: die Einstellung sämtlicher Strafverfahren der DNA gegen PSD-Politiker.