Neue Chancen für Bärenwaisen

Interview mit Leonardo Bereczky, Leiter der Bärenwaisenstation „Harghita“

Leonardo Bereczky hat sein Leben der Erforschung von Bären verschrieben. Er leitet das Projekt der Bärenwaisenstation „Harghita“, das hauptsächlich von der deutschen Tierschutzvereinigung VIER PFOTEN finanziert wird. Hier verbringen Bärenjungen, deren Mutter von Jägern verjagt oder getötet wurden, ihre ersten zwei Jahre, um anschließend ausgewildert zu werden. Ohne die Hilfe der Tierschützer müssten sie ein Leben in nicht tiergerechter Haltung in Zoos, Zirkussen oder bei Privatpersonen fristen.

Im Gespräch mit Lucia Schöpfer von der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ erzählt der Leiter der Bärenwaisenstation über seine Arbeit.

Herr Bereczky, seit wann gibt es die Bärenwaisenstation in Harghita?

Seit 2004. Ich habe zu der Zeit bereits mit Bären gearbeitet. VIER PFOTEN wollte in die Bären in Rumänien „investieren“ und gleichzeitig habe ich nach Sponsoren gesucht, um das Projekt umzusetzen. Der Mann, der hierher geschickt wurde, um den „Markt“ zu checken, hat von mir gehört und kam auf mich zu. Glücklicherweise war er ein aufgeschlossener Mensch und wir haben übereingestimmt, dass der Schutz der 15 bis 20 Bärenwaisen aus den rumänischen Wäldern wichtig ist, und das Rehabilitationszentrum wurde eingerichtet.

In ihrem Programm verbringen die Bären ihre ersten zwei Lebensjahre in der Waisenstation. Danach werden sie freigelassen. Wie gehen Sie vor, um die Menschenscheu der Bären zu erhalten und so Probleme mit den freigelassenen Bären zu vermeiden?

In diesem Projekt gibt es nur minimalen Kontakt zum Tier. Das Vermeiden von Kontakt bedeutet, das die Bären so gefüttert werden, dass sie die Essensquelle in keinen Bezug zu menschlicher Präsenz setzen können. Menschen ist der Zugang zu unserem Schutzgebiet nicht gestattet und die Bären wachsen in völlig natürlicher Umgebung auf. Sie haben also genauso viel menschlichen Kontakt wie ihn jeder wild aufwachsende Bär haben würde.

Was würde passieren, wenn die Bären nach ihrer Freilassung trotzdem den Kontakt zum Menschen suchen würden?

Wir lassen die Bären nur frei, wenn ihr Verhalten zeigt, dass sie das nicht tun werden.

Wie schätzen Sie den Erfolg Ihres Projektes ein?

Wir haben bis jetzt über 50 Bären aufgezogen und wieder freigelassen. Keiner von ihnen ist zum Problembär geworden. Mehr als die Hälfte von ihnen hat überlebt (die, die nicht überlebt haben, sind von älteren Bären getötet worden, was ein natürliches Phänomen bei Bären ist).

Wir beobachten per Überwachung mit Peilsendern unserer Bären im Vergleich zu wilden Bären. Ihr Verhalten, ihre Reviergröße, ihr Siedlungsverhalten, der Abstand, den sie zu menschlichen Siedlungsräumen halten, alles war absolut gleich zu den wild aufgewachsenen Tieren. So können Sie sich die Frage selbst beantworten.

Und was halten die Bewohner im Gebiet Harghita von der Bärenwaisenstation?
Harghita ist ein großer Kreis. Die meisten Leute wissen nichts von unsrer Station. Die Einstellung der Einwohner, die das wissen, ist geteilt: Einige denken, dass die vielen Bären der Gegend und die damit verbundenen Probleme (z. B. Zerstörungen) von diesem Projekt herrühren. Andere halten es für etwas Einzigartiges und sehr Schönes.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.