Eröffnet von kleinen Wahldesastern und Mini-Wahltriumphen der Demokratie in den östlichen Bundesländern Deutschlands, hat mit den Wahlen in Moldau und Georgien ein Wahlen-Spätherbst mit globalen Folgen begonnen, der mit den US-Präsidentschaftswahlen Erschütterungen erahnen lässt, die auf kommende Jahre unangenehm abfärben könnten/dürften. Jenseits des Wahlausgangs in Rumänien, wo die Kandidaten infolge ihrer Insignifikanz dem Wähler keine reelle Auswahlmöglichkeit bieten, weil keine Unterschieds-Kriterien ausmachbar sind. Das Wählen 2024 hierzulande wird schwierig.
Man wird an den unsympathischen Winston Churchill erinnert mit dem hintergründigen Urteil zu „Normalwählern“/„Demokratie“: „Das stärkste Argument gegen die Demokratie ist eine Fünf-Minuten-Konversation mit einem Normalwähler.“ Entscheidungskriterien des „Normalwählers“ (weiter: „NW“) haben nichts mit „Demokratie“ – der Wahl der die Macht Ausübenden durch das Volk – zu tun. Binnen fünf Minuten erfahre man, dass die Evaluierungskriterien des NW nichts am Hut haben mit Prinzipien, Ideen, Visionen oder Werten – er wählt inkompetent, parteiisch, lässt sich kaufen und manipulieren, Moral ist ihm schnuppe, persönliches Momentaninteresse heilig.
Deswegen stellt sich ein notorischer Lügner, Täuscher, Misogyn und rechtsgültig verurteilter Straftäter wie Trump einer demokratischen Wahl (die Wahlmechanismen in den USA sind eh nicht lupenrein demokratisch…), deswegen hat ein Putin oder ein Netanjahu, ein Modi oder ein Xi keinerlei Skrupel, sich dem „Urteil“ des „NW“ zu stellen und das Dutzend Kompetenzloser, die sich um die nächste rumänische Präsidentschaft bewerben, hatten und haben ihrerseits keine Skrupel, es zu tun. Sie alle wissen um die „Wählkompetenz“ des „Volks“, des „großen Lümmels“ (Heine).
So kommt es, dass für Versprechen gestimmt wird, die nie eingehalten werden können. Es wird für Idiosynkrasien gestimmt. Für Instinkteingaben. Für das „Ich, Wir und die Unseren“, nie fürs Wohl der Allgemeinheit (das allen schnuppe ist, Kandidaten wie NW). Für Vorgegaukeltes, das bei rationellem Nachdenken nie erfüllbar, keinesfalls machbar ist – mehr noch, durch die angestrebte Funktion des/der Kandidaten nie in den Kompetenzbereich des Versprechenden fallen kann.
Kurzum: das Wahlverhalten des „NW“, auf den Churchill als abschreckendes Beispiel betreffs Ausüben der Demokratie abzielt, ist irrational. Das Ausfüllen des Stimmzettels ist beim „NW“ nie das Resultat gründlicher, verantwortlicher und am Allgemeinwohl orientierter Überlegung(en), nie die Folge einer desinteressierten Entscheidung, nie argumentativ und rational überzeugend rechtfertigbar. Ein Verhalten, eine Haltung, die „Volkssympathien“ für einen Hitler, einen Mussolini, einen Antonescu, Castro oder Ceaușescu erklären. Massenverhalten verdeckt Denkvermögen. Rechtfertigt selbstverschuldete Wahlergebnisse, egal wie katastrophal sie ausfallen.
Geschichte ist eine gute Zeugin, Ingeborg Bachmann hatte Recht: „Die Geschichte ist eine große Lehrmeisterin. Leider fehlen ihr meist die Schüler.“ Natürlich jene Schüler, die keine Hinterbänkler sind/waren.
Derselbe grantige und mit Autokratie liebäugelnde Churchill sagte: „Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“ Demgegenüber ist mir der amerikanische Satiriker und geniale Erzähler G. B. Shaw lieber: „Demokratie ist ein Verfahren, das garantiert, dass wir nicht besser regiert werden, als wir es verdienen.“ Barack Obama antwortet Shaw: „Wahlen allein machen noch keine Demokratie.“ Darauf, etwas sympathischer, Churchill: „Demokratie ist die Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute zu beugen.“ Willy Brandt, der Unvermeidliche: „Die Demokratie ist keine Frage der Zweckmäßigkeit, sondern der Sittlichkeit.”
Womit wir wieder bei Moral und Moralität sind…