Peter Maffay beflügelt die Siebenbürger Sachsen

Burzenländer gestalten den Heimattag in Dinkelsbühl maßgeblich mit

Mit 61 Jahren hat Peter Maffay zum ersten Mal den Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl besucht. Jahrzehntelang war er reserviert gegenüber seinen Landsleuten, doch die Begegnung mit Tausenden vor allem jungen Leuten hat ihn stark bewegt. „Was für ein schöner Platz und was für ein elektrisierender Augenblick!“, ruft er am Pfingstsonntag den 20.000 Besuchern in Dinkelsbühl zu. „Ich komme aus Kronstadt, also von weit her, so wie Sie alle. Und weil wir von weit her kommen, treffen wir uns hier, um genau das nicht zu vergessen. Gestern Abend nach dem Auftakt in der Paulskirche war ich im Zelt. Was für eine Energie, was für eine schöne Kraft!“

„Vor allem diese jungen Leute zeigen uns, dass es diese Wurzeln in die Vergangenheit gibt, auch wenn die Bäume woanders wachsen“, sagte Peter Maffay. Sie seien frei von Vorurteilen und in der Lage, „die Wunden, die die Geschichte erzeugt hat, zu heilen. Ihr habt die Kraft für diesen Neuanfang.“ Deshalb forderte der Rockstar die Jugend auf, auf Entdeckungsreise nach Rumänien zu gehen, auf ihr Herz zu hören und ihrem Instinkt zu vertrauen.

Am Samstag hatte Peter Maffay in die Ausstellung „Kirchenburg Radeln – ein Schutzraum für Kinder“ in der St. Paulskirche in Dinkelsbühl eingeführt. Ähnlich wie in Spanien und Bayern baut die Peter Maffay Stiftung in der Kirchenburg Radeln bei Kronstadt ein Ferienheim für traumatisierte Kinder auf. Das Heim in Radeln soll am 9. Juli offiziell in Anwesenheit des sozial engagierten Musikers eröffnet werden.

Ihren 61. Heimattag haben die Siebenbürger Sachsen vom 10. bis 13. Juni 2011 unter das bezeichnende Motto „Flügel hier – Wurzeln dort. Brücken über Zeit und Raum“ gestellt. Das Pfingsttreffen stand im Zeichen dreier Jubiläen: 800 Jahre seit der ersten urkundlichen Erwähnung des Burzenlandes, 60 Jahre seit dem ersten Heimattag in Dinkelsbühl und 25 Jahre seit Gründung der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD).

„Das Interesse an unserer Geschichte, an unseren Traditionen und an dem, was Heimat ausmacht, ist lebendig!“ Dies stellte Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. und Präsident der Föderation der Siebenbürger Sachsen, auf der Festkundgebung des Heimattages der Siebenbürger Sachsen am 12. Juni 2011 in Dinkelsbühl fest. Die junge Generation sei „unsere Brücke in die Zukunft“.

Der rumänische Außenminister Dr. Teodor Baconschi sprach in seiner Festrede bewusst die „dunklen Seiten der Geschichte“, namentlich die Deportationen der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben nach Russland und in die rumänische B²r²gan-Ebene, an und verneigte sich vor den Opfern des kommunistischen Unrechts. Im Namen der rumänischen Regierung bedauerte er die Auswanderung der Deutschen aus Rumänien und lud sie ein, möglichst oft nach Rumänien zurückzukehren. Die Rumänen seien sich der kulturellen Bedeutung der Siebenbürger Sachsen bewusst. Diese könnten auch heute ein Modell für das moderne Rumänien sein, da sie die Mittelschicht als tragende Pfeiler der Gesellschaft aufgebaut hätten. Baconschi zeigte sich zuversichtlich, dass die Eigentumsrückgabe, der finanzielle Augleich für kommunistisches Unrecht und die Rentenzahlungen, die im Dialog mit der Verbandsspitze in Dinkelsbühl erörtert wurden, auf den richtigen Weg gebracht werden.

Die Brücken, die die Siebenbürger Sachsen in Europa und insbesondere zwischen Deutschland und Rumänien bauen, seien tragfähig, sagte Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich in seiner Festrede. Wer die Farbenpracht und Fröhlichkeit des Festzuges gesehen habe, spüre den „Optimismus, den es braucht, um ein gemeinsames Europa zu bauen“, sagte der CSU-Politiker. In über 850 Jahren ihrer Siedlungsgeschichte hätten die Siebenbürger Sachsen ihre Wurzeln nie vergessen. Mit einer aktiven Jugendarbeit sei es dem Verband der Siebenbürger Sachsen gelungen, diese kulturellen Werte an die nachfolgende Generation weitergeben.

Den Festreden vorausgegangen war ein farbenprächtiger Festumzug mit rund 2400 siebenbürgisch-sächsischen Trachtenträgern – so viele wie noch nie.

Das Engagement der ausgesiedelten Siebenbürger Sachsen in Rumänien würdigte tags zuvor auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bei einer Festveranstaltung in der St. Paulskirche: Sie hätten sich beim Erhalt der Kulturlandschaft in ihrer alten Heimat durch Renovierung von Kirchen und Burgen ebenso Verdienste erworben wie durch soziale Projekte und die Vermittlung wirtschaftlicher Kontakte.

Die Burzenländer Heimatortsgemeinschaften brachten sich als Mitausrichter des Heimattages mit Konzerten der Blaskapellen, einer Brauchtumsveranstaltung, dem „Zeidner Wunderkreis“, ein und wurden dabei vom Jugendbachchor Kronstadt unter der Leitung von Steffen Schlandt durch niveauvolle Konzerte hervorragend unterstützt. Dr. Konrad Gündisch ging in einem Festvortrag auf die Bedeutung des Deutschen Ordens für die Geschichte der Siebenbürger Sachsen ein.
Bischof Reinhart Guib predigte am Sonntag im Pfingstgottesdienst und sprach das Geistliche Wort vor der Schranne. Er ließ dabei erkennen, dass sich die evangelische Kirche in Siebenbürgen auch unter den ausgewanderten Siebenbürger Sachsen stärker einbringen will. 

In seiner Rede an der Gedenkstätte plädierte Wolfgang Wittstock, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt, für eine Erinnerungskultur der Siebenbürger Sachsen mit den richtigen Akzenten. Der Siebenbürgisch-Sächsische Jugendpreis 2011 wurde an Ingeborg Acker und Bettina Ganzert vergeben, die sich um die musikalische Jugendarbeit in Kronstadt verdient gemacht haben.

Der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis wurde den Germanisten und Literaturwissenschaftlern Dr. Stefan Sienerth und Dr. Peter Motzan verliehen. Sie haben einen entscheidenden Beitrag insbesondere zur deutschen Literatur in Siebenbürgen und zu deren Geschichte erbracht und setzen sich für die wissenschaftliche Aufarbeitung der Securitate-Vergangenheit ein. Diesem aktuellen Thema widmete sich auch die von Dr. Anneli Ute Gabanyi moderierte Podiumsdiskussion „Die Wahrheit? Mit Sicherheit? Rund um das Archiv der Securitate“, mit welcher der gelungene Heimattag am Pfingstmontag ausklang.