„Professionalität und Menschlichkeit“

BBU Klausenburg ehrte den Historiker Prof. Dr. Rudolf Gräf

Der Banater Historiker und langjährige Prorektor der BBU, Prof. Dr. Rudolf Gräf (r.), wurde für sein Engagement an der Klausenburger Uni gewürdigt. Foto: Facebook Deutschsprachige Studien UBB


„Die fachlichen, sozialen und menschlichen Verdienste von Professor Gräf sind kaum zu ermessen, und seine Arbeit geht unvermindert und ununterbrochen weiter, wobei er nach wie vor die Multikulturalität, den europäischen Gedanken, die Verständigung und das Verständnis der Geschichte und ihrer zeitgenössischen Auswirkungen sowie das Studium auf Deutsch fördert“. Mit diesen Worten schloss Doz. Dr. Lorand Madly von der Klausenburger Babeș-Bolyai-Universität (BBU) seine Laudatio auf Professor Dr. Rudolf Gräf am vergangenen Freitagabend ab. Die Universität hatte nämlich eine Feier für Professor Gräf organisiert – nachträglich, denn der Leiter des Forschungsinstituts für Geisteswissenschaften in Hermannstadt/Sibiu hatte bereits am 26. Januar seinen 70-jährigen Geburtstag gefeiert.

Im Piramida-Restaurant der Uni kamen aus diesem Anlass zahlreiche Kollegen des Hochschullehrers zusammen, manche sogar von weither angereist – Rektoren, Professoren, ehemalige Doktoranden und andere Mitarbeiter der Uni, die dem Historiker Rudolf Gräf jahrelang zur Seite gestanden waren. Anwesend war auch der Historiker, ehemalige BBU-Rektor und derzeitige Vorsitzende der Rumänischen Akademie, Prof. Dr. Ioan-Aurel Pop. Der derzeitige Rektor der BBU, der Mathematiker Prof. Dr. Adrian Petru{el, übergab dem Jubilar ein Ehrendiplom, als Wertschätzung seines langjährigen Einsatzes im Dienste der Universität. Auch der Vizerektor der deutschsprachigen Studienrichtung, Assoc. Prof. Dr. Christian Săcărea, würdigte das wissenschaftliche Wirken von Prof. Gräf sowie seinen Beitrag zum Aufbau der deutschsprachigen Studienprogramme der BBU.

Der Historiker Rudolf Gräf stammt gebürtig aus Reschitza im Banater Bergland. Bereits als Gymnasialschüler hatte ihn die Geschichte fasziniert – mit Vol-ker Wollmann als Geschichtslehrer in der fünften Klasse konnte es auch nicht anders kommen. Er studierte Geschichte in Jassy/Ia{i, um dann in Klausenburg/Cluj-Napoca bei Prof. Dr. Nicolae Bocșan zu promovieren. Später trat er dort als Dozent an. Nebenbei führte er seine Forschungstätigkeit zur Banater Wirtschaftsgeschichte und der Geschichte der Deutschen in Rumänien weiter, ein Bereich, in dem er jahrelang und bis heute Doktorate betreut. „Professor Rudolf Gräf, den wir heute ehren, ist ein treuer Vertreter seiner Herkunftsregion, die in seinem Leben eine prägende Rolle gespielt hat. Das gute Verständnis zwischen den Bewohnern, soziale Werte rund um Arbeit, die entscheidende Rolle von Ordnung und Ehre und nicht zuletzt die europäischen Orientierungspunkte – all dies sind Werte, die Professor Gräf von seiner Region mitgenommen hat“, betonte der Historiker Lorand Madly in seiner Laudatio. Der Forscher hob dabei auch den „zutiefst menschlichen Ansatz“ hervor, der Professor Gräf auszeichnet und der wohl Wurzeln in der Geschichte seiner Familie habe, denn schließlich wurden mehrere seiner Familienmitglieder zur Zwangsarbeit in die ehemalige Sowjetunion verschleppt, ein prägender und traumatisierender Moment in der kollektiven Erfahrung der Deutschen in Rumänien. Professor Gräf war jahrelang als Unterrichtender an der BBU tätig und zwischen 2008 und 2020 Prorektor der Klausenburger Uni. Derzeit ist er nur noch im Doktorandenkolleg der BBU aktiv, wobei seine Haupttätigkeit nach Hermannstadt/Sibiu verlagert wurde, wo er seit 2018 das Forschungsinstitut für Geisteswissenschaften der Rumänischen Akademie leitet.

Außer den Teilnehmern an der Feier gab es auch viele, die Grußworte für den Jubilar schickten. Unter ihnen auch der Schriftsteller und Rothberger Pfarrer Dr. h. c. Eginald Schlattner. „Was mein staunendes Hin zu Ihnen von jeher ausmacht, ist, dass Sie sich in unserer Beziehung nicht haben beirren lassen von der Fragwürdigkeit, die in der trivialen Öffentlichkeit meinem Namen und meiner Person anhaften. Ich kann mir vorstellen, dass die Verleihung des Ehrendoktors an mich durch die Klausenbur-ger Universität – Ihr Werk! –, lautstark eine Phalanx schriller Gegenstimmen auf den Plan gerufen hat. Diese Ihre Treue zu meiner umstrittenen Biografie – Treue von tragen, mittragen –, nehme ich wahr als ein Signal von Hochsinn und Großmut, neben Ihren anderen erwiesenen Meriten“, schrieb Eginald Schlattner. Neben den zahlreichen Verdiensten als Historiker wurden auch Rudolf Gräfs Verdienste um die Förderung der deutschen Studiengänge an der BBU und sein Einsatz für die Österreich-Bibliothek Klausenburg, dessen Leiter er zwischen 2003 und 2020 war, hervorgehoben.
Mit dem ehemaligen österreichischen Botschafter in Rumänien und derzeitigem Botschafter in Italien, Martin Eichtinger, verbindet Professor Gräf eine langjährige Freundschaft. „Deine Heimat im Banater Bergland hat Dir das Bekenntnis zur kulturellen Vielfalt Europas in die Wiege gelegt. Österreich und Rumänien verdanken Dir so viel: ohne Dich gebe es kein höchst angesehenes Institut für deutschsprachige Lehre und Forschung an der Babe{-Bolyai- Universität Klausenburg, keine Österreich-Bibliothek und keine Österreich-Lektorinnen und -Lektoren an der Babes-Bolyai-Universität“, hob Botschafter Martin Eichtinger hervor. Der siebenbürgische Historiker Dr. Konrad Gündisch, der seit mehr als 40 Jahren mit Rudolf Gräf befreundet ist, unterstrich auch seine menschliche Seite: „Als Mensch ist er fair, bescheiden, offen, immer bereit, denjenigen zu helfen, die ein Problem haben. Sein allgemeines und historisches Wissen ist ausgezeichnet, ein Autor, der korrekt informiert, sine ira et studio. Als Organisator in den Bereichen Hochschulwesen und Geschichtswissenschaften war und ist er effizient, engagiert, gönnerhaft und kollegial.“ Auch Dr. med. Wolfgang Schareck, Rektor der Universität Rostock, übermittelte seine besten Wünsche an seinen Freund Rudolf Gräf.

Ein ganz besonderer Gruß kam von Prof. Dr. Andrei Corbea-Hoișie. Die beiden Professoren verbindet eine schöne Freundschaft, die sich um das Projekt „Limbă și cultură germană în România 1918-1938. Realit˛]i postimperiale, discurs public și câmpuri culturale” nur noch gefestigt hat, obwohl Abstammung, Familiengeschichte, soziale Umstände sie in unterschiedliche Welten hätte verbannen können.

Als Brückenschläger zwischen Rumänien und dem deutschsprachigen Raum wurde Professor Gräf in mehreren Grußworten beschrieben. Als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen verbindet ihn eine langjährige Freundschaft mit dem Historiker Josef Wolf. „Ob als Forscher zur Geschichte der Deutschen in Rumänien, als Hochschullehrer und Projektleiter, Autor und Herausgeber, als Prorektor für die deutsche Abteilung, Promotionsstudien, Joint-Programme und Regionalkooperation der Babe{-Bolyai-Universität Klausenburg, als Leiter der Österreich-Bibliothek sowie als Direktor des Forschungsinstituts für Geisteswissenschaften Hermannstadt der Rumänischen Akademie, insbesondere aber auch als langjähriger Mitgliedsvertreter und engagiertes Kuratoriumsmitglied des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas (IKGS) an der Ludwig-Maximilians-Universität München – stets verbindet Univ.-Prof. Dr. Rudolf Gräf Fachwissen und Empathie, Engagement und Umsicht, Professionalität und Menschlichkeit. Wir sind dankbar für seine zahlreichen Brückenschläge und hoffen, dass wir noch viele Gelegenheiten haben werden, gemeinsam über diese Brücken zu gehen“, hieß es seitens des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München.