PSD-Korruptionsprozess kann beginnen

Mehrere Ex-Verantwortliche der Regionalen Straßenbaudirektion DRDP Temeswar können vor Gericht gestellt werden

Beim Zoll in Nădlac II an der Ausfahrt der Autobahn Richtung Ungarn sollen die Fernlastfahrer Schmiergelder bezahlen müssen. | Foto: Wikimedia Commons

Hohe PSD-Verantwortungsträger im Westen Rumäniens, die in hochbezahlten Ämtern der Regionaldirektion für Straßen- und Brückenbau DRDP Temeswar und beim Zollamt an der Westautobahn in Nădlac das Sagen hatten, aber auch in der PSD-Kreisorganisation Arad, neuerdings auch im Parlament sitzen, werden sich, sechs Jahre nach dem Start der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen, vor Gericht verantworten müssen. Über so viele Jahre war es ihren Anwälten gelungen, immer wieder Lücken im Untersuchungs- und Anklage-Prozedere zu beanstanden und die Staatsanwälte zu zeitraubenden Nachbesserungen in den Anklagepapieren zu zwingen. Der ganze Aufwand geschah in der Hoffnung, die Causae näher an ihre Verjährungsfristen zu schieben.

Im Dezember 2019 hatten die Anti-Korruptionsstaatsanwälte der Nationalen Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft DNA gegen eine Reihe von hohen Verantwortungsträgern der PSD aus Westrumänien – in Arad, Temeswar und Karasch-Severin – zugeschlagen. Es ging um Schmiergeldzwang beim Zoll in Nădlac II an der Ausfahrt der Autobahn Richtung Ungarn, dem die Fernlastfahrer unterworfen wurden, um Schmiergeldforderungen für die Besetzung von Posten in der Hierarchie der Straßenbaubehörde DRDP in Temeswar (wobei das Schmiergeld für die Entscheidungsträger bei der Postenbesetzung meist aus dem Schmiergeldern finanziert wurde, die den Fernlastfahrern abgeknöpft wurden – oder die vorher für Posten gezahlten Schmiergelder wurden aus dem Schmiergeldzwang, dem man die Fernlastfahrer unterwarf, wieder „herausgeholt“), um illegale PSD-/Parteifinanzierung aus solchen Schmiergeldern, um das Netzwerk des PSD-Spezitums in Westrumänien, wo kein „verdienter Parteigenosse“ durch die Maschen des Netzwerks von mit hohem Monatseinkommen dotierten Posten durchfallen durfte usw.

Mehrere Abgeordnete vor den Kadi

Sechs Jahre lang konnten die hochbezahlten Anwälte der Beschuldigten die Anklagepapiere in der Präliminärkammer der Arader Gerichte blockieren lassen, mal wegen Ausnahmeregelungen, auf die man sich berief, mal wegen angeblichen oder reellen Prozedurfehlern und Unregelmäßigkeiten in den staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen. Erst Ende 2024 hat das Kreisgericht in Arad festgestellt, dass es keinen Haken mehr in den Anklagepapieren gibt, dass also der Prozess beginnen könnte, und unlängst hat das Temeswarer Regionale Berufungsgericht diese Tatsache endgültig bestätigt. Nun steht dem Prozess nichts mehr im Wege. Die Anklageschriften der DNA-Staatsanwaltschaft sind in ihrer letzten Form, von Juni 2023, allen Anforderungen der Präliminärkammer des Kreisgerichts Arad angepasst worden.

Angeklagt wird der Chef der Kontroll- und Inkasso-Agentur des Grenzübergangs Nădlac II (Autobahn), Cristian Horgea, gleichzeitig Vizepräsident der PSD Arad. Vorgeworfen wird ihm „Schmiergeldannahme in kontinuierlicher Form“, unlautere „Einflussnahme in kontinuierlicher Form“ und Amtsmissbrauch in Form von Überschreitung seiner Beeinflussungsmacht und der ihm zustehenden Autoritätsbefugnisse als Amtsperson in Führungsposition im Rahmen einer politischen Partei, mit dem Ziel, für sich selber oder für andere in kontinuierlicher Form nicht zu rechtfertigenden Nutzen zu erzielen.

Angeklagt wird auch Cristian Ilie Ispravnic, Generaldirektor der DRDP Temeswar und Vizepräsident der PSD-Kreisorganisation Arad. Ihm wird vorgeworfen, seine politische Funktion genutzt zu haben, um für sich oder für andere Vorteile herauszuschlagen, die ihm oder anderen nicht zustanden, Schmiergeldannahme in kontinuierlicher Form und Amtsmissbrauch. Angeklagt wird auch der Abgeordnete und Vorsitzende der PSD Arad, Dorel Gheorghe Căprar, der über unlautere Einflussnahme und Autoritätsmissbrauch als Parteivorsitzender ihm oder seiner Parteiorganisation nicht zustehenden Nutzen aus seiner Position gezogen habe, sowie wegen Komplizentum bei der Schmiergeldannahme anderer, in Dauerform.

Auch der Arader PSD-Abgeordnete Florin Dan Tripa, geschäftsführender Sekretär des Ständigen Büros der Abgeordnetenkammer, wird angeklagt wegen Einfluss- und Autoritätsmissbrauch als Führungsperson einer politischen Partei, mit dem Ziel, für sich oder für andere ihm nicht zustehenden Nutzen zu erringen, desgleichen wegen Komplizentum beim Amtsmissbrauch.

Bis zu 10.000 Euro Schmiergeld für einen Posten

Eine andere Anklagerichtung ist das Prozedere der Postenbesetzung bei der Regionaldirektion für Straßen- und Brückenbau in Temeswar, die unter strengster Kontrolle der PSD stand. Allein der PSD-Chef von Arad und PSD-Abgeordnete Dorel Gheorghe Căprar war hier befugt, Postenbesetzungen in den lukrativen Ämtern zu „genehmigen“. Die Auswahl künftiger Kandidaten für die gut bezahlten Posten geschah in den PSD-Parteigremien, meist direkt beim Sitz der PSD Arad. Ilie Cristian Ispravnic, der DRDP-Generaldirektor und Vizepräsident der PSD Arad, akzeptierte die jeweilige „Auswahl“ mit der Bedingung, dass ihm ein „entsprechendes“ Schmiergeld zugeschoben wurde: zwischen 5000 und 10.000 Euro pro Person.

Bei der Kontroll- und Inkasso-Agentur Nădlac II, wo Cristian Horgea auch als PSD-Vize von Arad das Sagen hatte, entschied er über die Besetzung von vier der fünf hochbezahlten Posten im Zoll- und Warenkontrollbereich, wenn ihm die „entsprechende“ Schmiergeldsumme zugesteckt wurde: 4000 bis 10.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft schreibt in ihrem Anklagepapier, dass auch Dorel Gheorghe Căprar für je 5000 Euro Schmiergeld der Besetzung von zwei Posten zugestimmt habe. Jenes Geld sollte aber als Spende „direkt an der Kassa“ der PSD-Kreisorganisation Arad eingezahlt werden.

Schmiergeld als laufende „Beitragszahlung“

Diese „Kassa“ der PSD Arad war auch ein Muss für alle Chefs der DRDP Temeswar, die monatlich diverse Summen dort einzahlen mussten, sozusagen als Erhaltungsstütze zwecks ihrer Beibehaltung auf dem von ihnen besetzten Posten. „Für „augenblickliche Notwendigkeiten“ konnten in diesem PSD-Parteiunterstützungs-„System“ jederzeit weitere Summen eingefordert werden, stellte die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft fest. Zum Beispiel nach einem Besuch von Sozialdemokraten aus Japan beim Sitz der PSD Arad, als Căprar nachträglich eine Art „Lastenausgleich“ in Höhe von 4500 Lei – immerhin rund 900 Euro – einforderte.

Relativ nebensächlich behandelt wird in derselben Anklageschrift die unlautere Einflussnahme der ehemaligen PSD-Chefin von Karasch-Severin (die Ex-Sekretärin des Ex-PSD-Landeschefs Liviu Dragnea), Luminița Jivan, und des Ex-PSD-Senators von Karasch-Severin und heutigen Direktors des in einem Wiederbelebungsprozedere befindlichen Reschitzaer Rüstungsbetriebs „Arsenal“, Ionuț Chisăliță. Beide waren aktiv involviert bei der Postenbeschaffung für den 2016 abgewählten PSD-Bürgermeister von Bokschan, Mirel-Patriciu Pascu, der dann zeitweilig bei der Straßenbaudirektion DRDP in Temeswar angestellt wurde. Trotz der Behandlung als Nebenstrang ist der Vorgang Teil des Anklagedossiers, denn auch Pascu saß auf Wartestellung auf dem Abstellgleis DRDP auf einem hochbezahlten Posten, bevor er neuerlich PSD-Bürgermeister in Bokschan wurde. Und heute noch ist. Und Luminița Jivan sowie Ionuț Chisăliță – der zeitweilig auch als persönlicher Berater des damaligen PSD-Premierministers und heutigen Präsidentschaftskandidaten Victor Ponta tätig war – hatten sich bei der mafiös agierenden Leitung der Temeswarer Straßenbaudirektion aktiv als Einflussnehmer zugunsten von Pascu eingesetzt. Was die Staatsanwaltschaft nachgewiesen hat.

Für alle genannten Personen gilt bis zu einer Urteilsverkündung die Unschuldsvermutung.