Es zeichnet sich also ab, dass der Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine nicht eine neue Epoche der Kriegsführung eröffnet, sondern eher eine abschließt, indem Artillerie, gepanzerte Fahrzeuge und ausreichend Munition kriegsentscheidend sein könnten – immer vorausgesetzt, dass der Positionskrieg á la Verdun (siehe Bachmut) nicht in einen Atomkrieg ausartet… Dass die Ukraine eine Offensive plant, das bestätigen sogar der britische und der amerikanische Geheimdienst, die offen der Ukraine zuarbeiten: Die Ukraine führe Aufklärungsarbeiten im Raum Saporischschja und bei Cherson durch, heißt es, und Wagner-Chef und -Ideologe Prigoschin weiß bestimmt, weshalb er vom Kreml Verstärkung für den Donbass fordert – trotz all seiner Siegesfaxen. Prigoschin befürchtet eine Isolierung seiner Söldner vom Heer der Russen.
Viel diskutiert (von Ukrainern, Russen und dem Westen) wird die Stoßrichtung der Ukrainer bei ihrer „Frühjahrsoffensive“. Kiew lässt vermuten, die russische Front im Süden werde durchbrochen und ans Asowsche Meer vorgestoßen, um so die Krim zu isolieren. Weitere drei Stoßrichtungen sind noch im Gespräch (auch aufgrund der Herbstoffensive 2022): im Südwesten, von Nowaja Kachowka Richtung Armijansk; im Süden, aus Richtung Orechow nach Melitopol; im Südosten, aus Richtung Ugledar nach Mariupol. Fakt bleibt: Der Zugang zum Asowschen Meer und die Isolierung der Krim scheint ein Kriegsideal von Kiew zu sein. Der Angriff auf den Donbass dürfte unter solchen Umständen als Herbstoffensive folgen. All das unter der Voraussetzung, dass Russland sich keine (unangenehme) Überraschung einfallen lässt…
Die Hoffnungen der Ukrainer beruhen auf dem Ruf der Überlegenheit der westeuropäischen und Nato-Waffentechnik. Die HIMARS-Drohnen- und Raketenabwehrsysteme waren bisher dafür überzeugende Argumente. Jetzt sollen es auch die Panzer und Kriegsfahrzeuge des Westens nochmal wissen. Macron schickte leichte französische Panzer, Großbritannien ein paar Challenger 2, unter Schluckauf liefert Deutschland den Leopard in diversen Ausführungen und unter Sträuben auch die Amerikaner den Abrams. Zuerst sollten es 14 Leoparde aus Deutschland und 14 aus Polen sein, dazu 14 Challenger 2 und 31 M1 Abrams von den Amerikanern. Inzwischen ist schwer zu sagen, mit wie viel modernen Panzern die Ukraine letztendlich aufgerüstet wird (in Ramstein hatten zwölf Länder zusammen über 100 Leopard-Panzer zu liefern versprochen – inzwischen ist das Versprechungs-Barometer bei 150 Leopard-Panzern angelangt… aber allein die Bundeswehr hat laut Spiegel 212 eingemottete Leoparden verschiedenen Typs, die fahrt- und kriegsbereit gemacht werden könnten) – zusätzlich zu den alten sowjetischen, die aus DDR-Beständen oder denen anderer Ex-Warschauer-Pakt-Länder an die Ukraine abgegeben werden und schon wurden.
Fakt ist, dass ein vom Standpunkt der Demokratie und der Einhaltung der Menschenrechte nicht ganz koscheres Land wie die Ukraine (darüber sieht man jetzt beim Bollwerk des Abendlands gegen ein aggressives Russland weg, aber es werden auch ein andere Zeiten kommen…) bald zum militärisch bestausgerüsteten Land im Osten Europas wird – zusätzlich mit einer kriegserprobten (und unweigerlich auch kriegsverrohten) Armee. Da kann man nur beten, dass diese Aufrüstung nicht auch auf den Bereich der Luftwaffe übergreift…
Aber die große Vielfalt der Kriegsmaschinen, die der Ukraine geliefert werden, macht eine enorme Logistik der Instandhaltung und Reparatur nötig. Dass da die Rüstungsfirmen kräftig mitverdienen, sollte man im Hinterkopf behalten, denn etwa Rheinmetall – bloß als ein Beispiel – wird in Sathmar wohl nicht gratis in seinem neuen Wartungszentrum Panzerhaubitzen, Marder-Schützenpanzer, Fuchs-Transportpanzer, Militärlastwagen sowie Leopard-2- und Challenger-Panzer warten. Für den Einsatz in der Ukraine.