Randbemerkungen: Kohlenkraftwerke schließen, aber Weiterfunktionieren

Erst hat Rumänien durch seine autorisierten Vertreter in Brüssel den EU-Beschluss mitgetragen, in naher Zukunft die Kohlenkraftwerke aus dem EU-Raum aus ökologischen Gründen durch Schließung zu verbannen. Rumänien: binnen zehn Jahren! Im Herbst 2024 hat sich Rumänien, zusammen mit Griechenland und Bulgarien (Zufall? Das ist der orthodoxe Block in der EU! Winkt Moskau?) zu einer Lobbygemeinschaft vereint, um den vor zwei Jahren gefassten EU-Beschluss aufzuweichen.

Am Südost-Rand der EU könne der Beschluss nicht umgesetzt werden, weil die „Interkonnektivität“ mit dem europäischen Strommarkt nicht funktioniere. Dieser Raum sei vom Rest des europäischen Markts „isoliert“. Ergo könne man unmöglich auf die Kohlekraftwerke verzichten. Die gehören zur „nationalen Energiesicherheit“.

Es gibt Argumente auch für dieses Vorgehen – das fatal an Alleingänge Ceau{escus innerhalb des RGW erinnert. Doch ein erstes Gegenargument liefert der rumänische Staat selber: nie bekundete er viel Inte-resse fürs Abrufen verfügbarer EU-Gelder zwecks Änderung dieser Lage! Für die Verbesserung der Verteilernetzwerke, für den Bau „klügerer“ Interkonnektivität. Das Verdachtsmoment: es handelt sich nicht um ein technisches, geschweige denn finanzielles, sondern um ein mentales Problem, wenn die Verantwortlichen nicht das Naheliegendste tun, sobald sie die Hürde - korrekt - erkannt haben. Oder: es gibt andere Interessen (man denke beispielsweise an die nie ganz aufgeklärten Verwicklungen des Anwalts, Ex-PSD-Landeschefs und Ex-Premierministers Victor Ponta in der Causa der oltenischen Braunkohlenkraftwerke – Umweltvergifter par excellence. Ponta ist immer noch ein Braunkohlenlobbyist). Zudem ist es wohl in dieser EU (zu) einfach, Ausnahmeregelungen für sich zu fordern, statt konkret Übel zu beseitigen.

Mehr noch: Transelectrica, das verantwortliche Staatsunternehmen, hat vergangene Woche wieder mal eine neue Führung verpasst bekommen. Kein einziger Fachmann sei unter ihnen, melden die Medien, lauter „verdiente“ Parteigenossen. Oder „Naschisten“ (Leute, die sich einflussreiche Politiker zu Trauzeugen gewählt haben), etwa ein „Wahl“-Verwandter von PSD-Bonze Marian Neacșu, ein Ex-Abgeordneter, der schon mal jemanden mit einer Waffe bedroht hat, ein Ex-Kreisratsabgeordneter usw. Die Drohung der EU, die nächste Tranche an Geldern zurückzuhalten, die den Nationalplan für Wiederaufbau und Resilienz PNRR in Raten füttern, wenn (wieder) keine Kompetenten auf Schlüsselposten gelangen, hat man balkanisch belächelt. Man benimmt sich souverän: Die Hunde bellen, die Karawane zieht vorbei. Die neuen Kompetenzlosen werden Rumänien vertreten im Verband der europäischen Stromtransport-Gesellschaften ENTSO-E bzw. Argumente liefern, weswegen Rumänien nicht auf Kohlenkraftwerke verzichten kann…

Aber die EU ist eh extrem lax in der Anwendung ihrer eigenen Regeln. Das Energieministerium Rumäniens meldete unlängst voller Un-Schuld, dass der Abschluss der mit EU-Geldern finanzierten Modernisierung der oltenischen Kohlenkraftwerke „mindestens“ um anderthalb Jahre hinausgezögert wird. Die EU schluckt sowas. Die Grundfrage bleibt: wenn ohnehin ein Beschluss über die Schließung aller Kohlenkraftwerke besteht, warum finanziert die EU dann Modernisierung? Bewusst rausgeschmissenes Geld!

Einerseits ist der Staat unfähig, neue umweltfreundliche Energiekapazitäten aufzubauen oder zu modernisieren. Das ist seit 30 Jahren klar. Gemurkst wird in Iernut, Doicești, an CE Oltenia, an den Reaktoren drei und vier des Kernkraftwerks Cernavoda, am Wasserkraftwerk Tarni]a usw. Zahnlose „Papiertiger“, Propagandahäppchen.

Andererseits bedeutet in den souveränen Hohlköpfen der Regierenden „energetische Sicherheit“: nur ja keine Ausländer ranlassen ans System!

Sowas nennt sich dann rumänische Variante der EU-Integration.