Regionalprogramm West: investieren, nicht ausgeben

Das Programm wurde direkt mit der EU-Kommission abgestimmt und wird von der Entwicklungsagentur ADR Vest gemanagt

ADR Vest-Geschäftsführer Sorin Maxim

Die Regionalentwicklungsagentur ADR Vest hat ab der vor Kurzem angebrochenen Finanzierungsperiode aus EU-Mitteln ein eigenes Regionalentwicklungsprogramm entwickelt, das mit der Europäischen Kommission abgestimmt wurde. Das ist ein wegweisender Schritt in Richtung Dezentralisierung, der von den Medien des Inlands bislang kaum gewürdigt wurde. Es ist eine offensichtliche Ablöse für das Bukarester Entwicklungsministerium, das seine Hauptmittel bisher ebenfalls aus den Zuwendungen der EU nahm und zentral agierte, was eigentlich einem der Grundprinzipien der EU widerspricht: Die Probleme sind dort zu lösen, wo sie auftreten, ergo dezentral, vor Ort.

Die Regionalentwicklungsagentur ADR Vest hat für die Zeitspanne 2021 bis 2027 rund 1,18 Milliarden Euro zur Verfügung, mit denen Projekte in den Landeskreisen Arad, Hunedoara, Karasch-Severin und Temesch zu finanzieren sind. Als Premiere hat ADR Vest in Absprache mit Brüssel das Regionalentwicklungsprogramm in „strikter Anlehnung an die Probleme und Eigenheiten der Westregion Rumäniens“ ausgearbeitet, heißt es beim Sitz der Agentur in Temeswar, aufgrund von Konsultationen mit den Bewohnern der Westregion und mit den wichtigsten Akteuren des Raums.

Gleichzeitig werde gezielt auf die Verwirklichung der politischen Ziele der EU hingearbeitet, mit Gewichtung auf eine harmonische Wirtschaftsentwicklung, Digitalisierung, Innovation und Investment in grüne Energien. Endziel müsse die Verbesserung der Lebensqualität in der Westregion Rumäniens sein.

Aufgaben des Entwicklungsministeriums dezentralisiert

In der laufenden Finanzierungsperiode hat die Regionalentwicklungsagentur den Status einer Managementautorität bekommen. Das heißt unter anderem, dass die EU-Gelder direkt von ADR Vest verwaltet werden, ohne Zwischenschaltung von Bukarest.

Im Klartext: Wir haben es mit einer sicht- und spürbaren Aufwertung der regionalen Entwicklungsagenturen zu tun, die in ihrer problematischen Anfangszeit (der damalige Präsident Ion Iliescu (PSD) schoss aus allen ihm zur Verfügung stehenden Rohren gegen deren Gründung) irgendwie als eine Art Handlanger des Entwicklungsministeriums behandelt wurden. Diese Aufwertung des Status der Entwicklungsagenturen geht implizite auch mit einer Debürokratisierung einher: Man arbeitet nach einfacheren und klareren Regeln, hat kürzere Evaluierungsetappen, eine transparentere Kommunikation, schwindende Schlupflöcher für Bukarester Mauscheleien, größere und freiere Zugänglichkeit zu Programmen mit Projekten.

„Ich glaube nicht, dass es eine Übertreibung ist, wenn ich hier und heute sage, dass wir zu Zeitgenossen eines wichtigen Schritts in der Schreibung der Geschichte der Regionalentwicklung geworden sind“, meinte der Leiter der Regionalentwicklungsagentur ADR Vest, Sorin Maxim, der auch der Vorsitzende des Rats für Regionalentwicklung West ist. „Wir erleben einen Augenblick, auf den ich – und mit mir viele – schon lange gewartet haben.

Es ist die Frucht der langjährigen Arbeit des gesamten Teams von ADR Vest und des Entwicklungsrats. Nun steht uns die höchste Summe zur Verfügung, die jemals der Westregion aus Brüssel für einen einzigen Finanzzyklus zugestanden wurde. Das sind Gelder, die investiert, nicht ausgegeben werden. Wir arbeiten an der Änderung der mentalen Einstellung gegenüber den EU-Finanzen. Im kollektiven Bewusstsein muss festgeschrieben werden: EU-Gelder müssen Entwicklung gerieren, auch und vor allem von dem Augenblick an, wo die EU-Quelle nicht mehr für ein Projekt sprudelt! Das heißt: Nachhaltigkeit von Projektfinanzierungen ist gefragt.“

Sieben Prioritäten und etwas Risiko

Für die laufende Finanzierungsperiode hat ADR Vest in Abstimmung mit Brüssel sieben Prioritäten festgelegt. Erstens soll die Westregion „innovativ und wettbewerbsfähig“ werden, wofür 236 Millionen Euro investiert werden können, indem die Digitalisierung der Unternehmen vorangetrieben wird, das „Ökosystem der Innovation“ entwickelt und „Zukunftskompetenzen“ gefördert werden.

Zweitens soll die Westregion zur „Smart-Region“ gemacht werden. Dafür stehen 34 Millionen Euro zur Verfügung. Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden, Smart-City-Technologien sollen zum Einsatz kommen, die Interaktion zwischen Bevölkerung und der Geschäftswelt soll erleichtert werden. Drittens stehen 157 Millionen Euro zur Verfügung, um eine „Grüne Region“ zu schaffen: Die Wärmedämmung der Wohn- und Bürohäuser soll weiter ausgebaut werden, mehr neue Grünflächen sollen entstehen.

Viertens soll die West-Region zu einer Region mit nachhaltiger Mobilität umgestaltet werden, wofür ebenfalls 157 Millionen Euro bereitgestellt werden. Kapazität, Qualität und Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs sollen gesteigert werden. Etwas mehr, nämlich 158 Millionen Euro, stellt ADR Vest – fünftens – für die Schaffung der „besser verbundenen Region“ zur Verfügung, was auf die Verbesserung der Reise- und Kommunikationsmöglichkeiten abzielt.

Das schließt auch Verkehrssicherheit und die Verbesserung der Regionaltransporte ein.

Priorität sechs und mit 194 Millionen Euro dotiert ist die „Gebildete und attraktive Region“, wobei man hoffen muss, dass die „Gebildete Region“ möglichst wenig mit dem peinlichen „Gebildeten Rumänien“ zu tun hat... ADR Vest präzisiert: „Es werden Investitionen getätigt für einen besseren Zugang zu qualitätsvoller Bildung, für die Schaffung moderner Lern- und Bildungsräume und für die hochgradigere Nutzung der touristischen Attraktionen des Großraums Banat.“ Die siebente Priorität wurde mit „Eine Region für die Menschen“ übertitelt und mit 193 Millionen Euro dotiert. Es geht um die Anhebung der Qualität der urbanen öffentlichen Einrichtungen und Immobilien, um den Schutz des Kulturerbes und um die öffentliche kulturelle Infrastruktur.

Ein Kommentar dazu von ADR Vest-Geschäftsführer Sorin Maxim: „Zugegeben, wir haben uns im Entwicklungsbereich mit dieser Prioritätenliste auf ein paar Risikoziele eingelassen. Etwa durch die Akzentsetzung auf Investitionen in Innovation. Oder im Bereich Unterstützung von Unternehmen, die sich entwickeln möchten. Aber da wir uns zum Ziel gesetzt haben, die Zahl von Unternehmen per 1000 Einwohner zu erhöhen, müssen wir auch gewisse Risiken akzeptieren.

Ich betone: Unsere Entwicklungshilfen richten sich nicht nur an einheimische, sondern gern auch an ausländische Firmen, sofern die uns glaubhaft garantieren, über längere Zeiträume hier tätig zu sein. Deshalb haben wir uns eine solide Summe als Risikokapital in der Hinterhand behalten. Das ist einzigartig in Rumänien. Bisher. Desgleichen haben wir einen Reservefonds, mit dem wir Kompetenzzentren und Mentorat unterstützen wollen, gezielt auf Firmen, die ein beschleunigtes Wachstum in der Region anpeilen. Dazu schaffen wir letztendlich in jedem der Landeskreise unseres Wirkungsraums je ein Kompetenzzentrum, das die Aufgabe hat, mit den regionalen Universitäten und Firmen eng zusammenzuarbeiten.

 Letztendlich möchten wir, dass mehr junge Leute Unternehmer werden und in der Region bleiben. Diese ihre Chance werden wir jederzeit unterstützen.“