Rumänien soll mehr Geld für EU-Projekte erhalten

Brüssel will armen Ländern entgegenkommen / Von Siegfried Thiel

Die Europäische Kommission beabsichtigt, sechs Staaten die Finanzierung für Projekte aus dem gemeinsamen Haushalt zu erleichtern. So soll für Rumänien, aber auch für Griechenland, Irland, Portugal, Lettland und Ungarn die staatliche Pflichtbeteiligung bei der Finanzierung durch EU-Gelder von derzeit 15 auf künftige fünf Prozent herabgesetzt werden.
Für den Haushalt bis 2013 sind das allein für Rumänien Einsparungen von 714 Millionen Euro. Das Gesetz, das dem EU-Parlament in diesen Tagen vorgelegt wird, könnte 2012 in Kraft treten. Die geringere Mitfinanzierung des Staates soll die Akquirierung von Geldern aus Brüssel für die regionale und ländliche Entwicklung, für Landwirtschaft und Fischzucht und Projekte aus Kohäsionsfonds fördern. In Behörden und Büros, die irgendwie mit EU-Fördermitteln tangieren, frohlockt so mancher, dabei sind doch noch viele Fragen offen, vor allem weil das Gesetz noch in der Projektphase ist.

Konkret geht es darum: Ein finanzschwaches Land wie Rumänien muss weniger Eigenleistung erbringen, wenn es EU-Projekte durchführt. Ohnehin konnte bisher nur ein geringer Teil der verfügbaren 30 Milliarden Euro abgerufen werden. Eigenleistung und Vorfinanzierung schrecken oft Kommunen davon ab, sich an ein EU-Projekt zu wagen. „Um die Vorfinanzierung zu sichern, muss ich von der Bank einen Kredit aufnehmen und die Zinsen dafür verrechnet mir niemand“, heißt es in manch einer Kommunalverwaltung. Die Frage, die sich derzeit in einigen Verwaltungen auftut, ist, ob sich dieses Entgegenkommen auch direkt und positiv auf den Haushalt einer Kommune auswirkt oder nicht.


Bei genehmigten EU-Projekten übernimmt nach jetzigem Gesetz die Europäische Union 85 Prozent der Kosten, 13 Prozent steuert die rumänische Regierung bei und für die restlichen zwei Prozent muss der jeweilige Nutznießer aufkommen. „Die Neuregelung wäre nur dann sinnvoll, wenn auch der Beitrag der Kommune durch diese geplante Senkung für das Land herabgesetzt wird“, sagt Aura Junie, Leiterin der Direktion für Stadtentwicklung im Bürgermeisteramt von Temeswar/Timi{oara. Sie gibt zu, dass auch indirekt leichte Vorteile zu erkennen sind, wenn der rumänische Staat eine geringere Summe mitzufinanzieren hat. „Nämlich dann, wenn der Staat weniger zum Projekt beisteuern muss, da eine geringere Summe leichter zur Verfügung gestellt werden kann“, sagt Junie.

Es ist nicht neu, dass Bürgermeister, Stadtdirektoren und auf EU-Projekte spezialisierte Beamte nicht selten behaupten, dass die Regierung manchmal auch absichtlich Projekte hinausschiebt, nur weil das Geld zur Mitfinanzierung nicht vorhanden ist. „So kann man das nicht sagen. Ich kenne kein Projekt, das aus Finanzknappheit der Regierung blockiert wurde“, sagt Sorin Maxim, Direktor der Entwicklungsagentur ADR Vest. Gleichzeitig vermutet er jedoch, dass durch die geringere Beteiligung des rumänischen Staates an den verschiedenen Projekten ein zusätzlicher Kapitalfluss ins Gesamtsystem gewährleistet wird. Zwar ist alles im Moment zu diesem Thema noch Hypothese, doch dass sich auch die Eigenleistung der Kommunen verringern wird, daran glaubt Maxim nicht. „Ich war kürzlich in Bukarest und dieses Thema wurde nicht angesprochen“.