Starthilfe ins Arbeitsleben

Ausbildungsprojekt vermittelt langzeitarbeitslosen Jugendlichen bessere Zugänge zum Arbeitsmarkt

Lucian Găman, Gabriela Petre, Cristina Petre und Ramona Gheorghe (v. li.) setzen arbeitslose junge Menschen wieder auf die Spur.
Foto: Nina May

Langfristig arbeitslos. Das klingt wie ein Urteil. Eines, mit dem sich viele Jugendliche leider allzu leicht abfinden. Wenn auch frustriert, doch die Mama stellt weiterhin einen Teller Essen auf den Tisch und die paar Lei für Zigaretten läppern sich schon irgendwie zusammen. So vergeht Tag um Tag in unheilvoller Lethargie. Es gibt nichts Destruktiveres als ein Jugendlicher ohne Hoffnung, ein Mensch, der zu Beginn seines Erwachsenenlebens schon  am Ende zu sein scheint...

Gabriela Petre war einst selbst in dieser Lage. Heute ist die studierte Journalistin und Politikwissenschaftlerin mit Roma-Hintergrund ein Hoffnungsschimmer und gleichzeitig ein Beispiel für in Armut und Elend abgerutschte Jugendliche, die sich ohne Perspektive wähnen. Die junge Frau gehört zum Management der NGO „Asociaţia Centrul de Resurse Apollo“, die zusammen mit der Stiftung „Funda]ia Agen]ia de Dezvoltare Comunitară Împreun²“ 2007 für den Kreis Prahova ein Projekt eingeführt hat, das Jugendliche befähigt, sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten.

Seither setzt sie sich für langzeitarbeitslose Jugendliche ein und hilft ihnen, ihr Berufsleben trotz schlechtem Start mit neuem Elan in Angriff zu nehmen. Als solche gelten Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, die mehr als sechs Monate ohne feste Anstellung sind. Nach ersten Bewerbungsmisserfolgen – sei es aufgrund mangelnder Fachkenntnisse, eines geringen Bildungsstandes, einer schlechten Selbstdarstellung bei der Arbeitssuche oder tatsächlicher Knappheit an Arbeitsplätzen – verfallen vor allem junge Menschen schnell in eine Art Lähmungszustand nach dem Motto „Es hat ja doch keinen  Sinn“.

Um aus diesem Teufelskreis herauszufinden, ist nicht nur der berühmte Tritt in den Hintern nötig – diplomatischer als Motivation bezeichnet –, sondern vor allem konkrete Starthilfe: Wo liegt das Problem? Wie kann es behoben werden? Welche Möglichkeiten gibt es und sind sie alle ausgeschöpft?

Interviewtraining und konfliktfreie Kommunikation

Der Leiter des Projekts, Lucian Găman, präsentiert konkrete Daten. Nutznießer des EU-finanzierten Programms sind arbeitslose und anderweitig gefährdete Jugendliche, die meisten mit Roma-Hintergrund. In einer 22 Monate dauernden, sozial betreuten, praktischen Ausbildung vermittelt man ihnen das nötige Handwerkszeug, sich auf dem Arbeitsmarkt neu zu orientieren.

Im ganzen Landkreis Prahova werden potenzielle Kandidaten für das Programm durch persönliche Informationskampagnen vor Ort identifiziert und informiert. Die Kurse finden in Ploieşti in einem 112 Quadratmeter großen Büroraum statt, zu dem die Kandidaten täglich selbstständig anreisen. Kosten für Anreise und Auslagen in monatlicher Höhe von etwa 300 Lei – natürlich nur bei 100 Prozent Anwesenheit – werden ihnen erstattet.

Manchmal findet der Kurs am Nachmittag statt, wenn die aus entlegeneren Gegenden anreisenden Teilnehmer darum bitten. Die Unterrichtsräume sind mit Arbeitsplätzen, Computern, Druckern und Kopiergeräten ausgestattet – alles, was man für die Erstellung von Bewerbungsunterlagen braucht.

Über einen Info-Kiosk erfahren die Kursanten ständig über freiwerdende Stellen oder Ausbildungsprogramme, oder können eigene Profile auf der Website der Organisation posten (www.centrulapollo.ro). Die Ausbildung vermittelt neben Fachkenntnissen vor allem auch soziale Kompetenzen: Selbsterkenntnis, Gefühlsmanagement, gute Manieren und Konfliktvermeidung.

Des Weiteren wird Interviewtechnik geübt oder wie man sich telefonisch bewirbt. Die Gruppen sind so inhomogen wie die Reihenfolge der eintreffenden Bewerbungen. In einer Klasse von etwa 12-20 Teilnehmern prallen Jugendliche unterschiedlichen Alters, aus der Stadt oder vom Land, arbeitslose Universitätsabsolventen oder solche mit nur 10 Klassen aufeinander. Die erste Lektion besteht daher in Toleranz.

Die Lehrerinnen Cristina Petre und Ramona Gheorghe unterrichten mit viel Geduld, aber vor allem mit Herz und Seele. Die jüngere Ramona war einst selbst Nutznießerin dieses Programms. Erstaunt nehmen die Schüler hier zur Kenntnis, dass der Unterricht nicht frontal erfolgt, sondern in Form von moderierter Gruppenarbeit, die neben der Lösung der gestellten Aufgabe vor allem Selbstständigkeit und Kommunikation fördert.

Ziele definieren und visualisieren

Zu Beginn  ist oft Motivation ein Problem, erläutert Gabriela Petre anhand eines konkreten Falls, mit dem sie tagelang den Bewerbungsprozess bei einer Kommunikationsfirma durchpaukte. Oft wissen die jungen Leute gar nicht, warum sie sich den Job überhaupt antun sollen. Wie soll man so gegen den Ansturm der übrigen Bewerber ankommen?

Zuerst muss man wissen, was man will. Danach kann man es in Worte fassen, und „Wenn ihr nicht ausdrücken könnt, was ihr erreichen wollt“ versucht sie, die Schüler mit flammenden Worten zu überzeugen, „dann stellt es euch wenigstens bildhaft vor!“ Sie selbst hatte die europäischen Sterne visualisiert – so lange, bis ihr Traum von einer Reise nach Brüssel wahr wurde.

Nicht immer ist jedoch die Erlangung des Traumjobs die beste Lösung. Lucian Găman berichtet von angebotenen Schneiderinnenstellen, die einfach niemand haben wollte. Die Mädchen wollen Friseurin oder Kosmetikerin werden, eine Schneiderlehre hat wenig Prestige. Ein Junge hingegen, der über die Organisation eine Ausbildungsstelle zum Metzger angeboten bekam, ergriff die Chance und lebt heute mit einem Spitzengehalt in Frankreich.

Nicht jeder der Kursanten ergattert nach der Ausbildung sofort einen Job, doch viele sind zumindest motiviert für weitere Ausbildungen, andere helfen als Volontäre in der NGO oder werden als Mitarbeiter eingestellt. „Wichtig ist, dass man auch nach dem Kurs den Kontakt zu den ehemaligen Schülern nicht verliert“, betont Lucian Găman. Denn in Zeiten der Krise kommt es schon vor, dass es mit der Jobsuche länger dauert. Dann muss man  schon mal ein paar motivierende Worte spenden, damit der Kandidat sich von Misserfolgen nicht entmutigen lässt.

Erwartungen der Schüler übertroffen

Das aktuelle Ausbildungsprojekt, das im November 2010 begann und bis 31. August 2012 dauert, wird von der EU mit 2.126.210 Lei gefördert. Derzeit nehmen 106 Jugendliche an dem Programm teil. Zu deren Identifizierung wurden 45 Informationsveranstaltungen in verschiedenen Gemeinden in Prahova mithilfe lokaler Behörden und Schulen durchgeführt und 221 Bewerbungsdossiers erstellt. Die Initiative wird von der Präfektur Prahova, 38 Bürgermeistereien, sieben Schulen und der Arbeitsagentur Prahova unterstützt. Lucian Găman gibt einen Ausblick auf Zukunftspläne: der Erwerb eines Schulgebäudes, die Ausweitung des Programms sowohl in Prahova, als auch auf nationalem Niveau.

Auf den Feedback-Bögen, die am Schluss des letzten Ausbildungsganges verteilt wurden, finden sich durchwegs positive Äußerungen: „Es tut mir leid, dass ich mich am Anfang so quer gestellt habe“, schreibt ein Teilnehmer. „Man müsste den beiden Lehrerinnen die Note 20 geben, denn sie sind ausgezeichnet und ich möchte ihnen danken“, lautete ein anderer Kommentar. Oder: „Die Unterrichtsmethoden sind exzellent, viel besser als in der Schule. Man sollte sie auch dort einführen“. „Ich habe keine Verbesserungsvorschläge“, meint ein weiterer Schüler, „denn alles, was hier passiert ist, überstieg meine Erwartungen um vieles“.