Temeswar auf dem Prüfstand

Barometer zur Lebensqualität zeigt Rekordoptimismus mit Schattenspielen

Das Barometer zur Lebensqualität in Temeswar zeigt: Eine Mehrheit der befragten Bürger ist überzeugt, dass sich die Stadt in die richtige Richtung bewegt. Fotos: Zoltán Pázmány

Zu den größten Problemen der Stadt zählten die Umfrageteilnehmer den Nahverkehr und die fehlende Sauberkeit. Beim Nahverkehr wurde vor allem die Unzuverlässigkeit der Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Nahverkehrsmittel bemängelt.


In Temeswar/Timișoara lässt es sich gut leben: Das findet zumindest die Mehrheit der Stadtbewohner, die die Lebensqualität als gut einschätzt, wie aus dem aktuellen Barometer zur Lebensqualität 2024 hervorgeht, das von der West-Universität in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung durchgeführt und vor gut einer Woche auf der Internetseite des Temeswarer Bürgermeisteramts veröffentlicht wurde. Rund 71 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass sich ihre Stadt in die richtige Richtung bewegt – ein Rekordwert seit 2016. 

Zudem gaben 86 Prozent an, mit ihrem Leben in Temeswar insgesamt zufrieden zu sein.  Die Erhebung wurde zwischen November 2024 und Februar 2025 unter 2355 volljährigen Personen durchgeführt – davon 1402 im direkten Interview, 953 online. Die Daten wurden nach Alter und Geschlecht gewichtet und umfassen alle 36 Stadtviertel Temeswars. Bürgermeister Dominic Fritz sieht die Ergebnisse als Bestätigung, aber auch als Auftrag: „Das Vertrauen der Temeswarer verpflichtet uns, weiter an einem modernen und lebenswerten urbanen Raum zu arbeiten.“

Die positivste Wahrnehmung findet sich vor allem bei jungen Menschen und Frauen. Ältere Bürger und Menschen mit niedrigem Einkommen äußern hingegen deutlich mehr Zweifel an der Entwicklung der Stadt. Deutlich pessimistischer ist auch der Blick auf das Land insgesamt: Nur 31,4 Prozent glauben, dass sich Rumänien in eine gute Richtung bewegt. Auch der Blick auf Europa ist nicht der beste: Nur 41,9 Prozent der Befragten finden, dass sich Europa in die richtige Richtung bewegt, während 35,4 Prozent das Gegenteil behaupten und 22,6 es nicht wissen. 

Besonders zufrieden sind die Temeswarer mit ihren familiären Beziehungen (93 Prozent) und dem eigenen Bildungsniveau (87 Prozent). Bei der finanziellen Situation fällt das Urteil jedoch zurückhaltender aus – nur 60 Prozent zeigen sich damit zufrieden. Sorgen bereitet vor allem der Gesundheitsbereich: Jede dritte befragte Person sieht hier den dringendsten Handlungsbedarf.

Im Vergleich zu früheren Erhebungen fällt auf, dass die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben insgesamt leicht gesunken ist. Mehr Menschen gaben an, dass sich ihre Situation „nicht verändert“ hat – ein möglicher Hinweis auf die wachsende wirtschaftliche Unsicherheit oder stagnierende Lebensstandards. Auf die Frage, wie sich ihr Leben im Vergleich zum Jahr zuvor verändert hat, meinten 52,7 Prozent der Befragten, dass es in etwa so wie im Vorjahr geblieben sei. 5,2 Prozent gaben an, es sei erheblich besser geworden, während 24,7 Prozent behaupteten, ihr Leben sei jetzt doch etwas besser als im Jahr zuvor.

Die Infrastruktur der Stadt wird zunehmend besser bewertet. Besonders positiv werden der Zugang zu Supermärkten (91 Prozent), die öffentliche Beleuchtung (87 Prozent) sowie Fußgänger- und öffentliche Räume (84 Prozent) gesehen. Demgegenüber stehen aber massive Probleme mit dem Autoverkehr – 69 Prozent der Befragten zeigten sich damit unzufrieden. Auch der Zustand der Straßen (41 Prozent unzufrieden) sowie der Schienenverkehr (42 Prozent) wurden kritisiert.

Fast die Hälfte der Temeswarer nutzt regelmäßig den öffentlichen Nahverkehr (49,4 Prozent), ein stabiler Wert über die letzten drei Jahre. Die Erneuerung der Fahrzeugflotte scheint Wirkung zu zeigen, besonders der Komfort und die Nähe zu Wohngebieten werden geschätzt. Doch nach wie vor gibt es Kritik an der Frequenz und Pünktlichkeit der Busse und Straßenbahnen. Auch die Sauberkeit der Fahrzeuge bleibt laut Studie ein Problemfeld.

Nur 59 Prozent der Befragten sind mit der Sauberkeit der Stadt zufrieden – trotz einer leichten Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr. Die Stadtverwaltung hat darauf mit der Gründung eines eigenen Reinigungsunternehmens reagiert, das Qualität über Profit stellen soll. Ob das gelingen wird, steht momentan noch in Frage, denn Probleme mit der Sauberkeit fallen nach wie vor insbesondere außerhalb des zentralen Stadtgebiets auf. 

Die Parkplatzsituation bleibt die größte Herausforderung auf Stadtteilebene. Zwar stieg die Zufriedenheit leicht von 38 Prozent auf 41 Prozent, doch das Problem bleibt drängend. Die kürzlich begonnenen Maßnahmen wie der Abriss von Garagen zur Schaffung neuer Parkflächen zeigen erste Wirkung, reichen aber noch nicht aus.

Erfreuliche Entwicklungen sind im Bezug auf den Bürgerbeteiligungshaushalt zu vermerken, was für ein steigendes Interesse für die Art und Weise, wie die Stadt verwaltet wird, spricht: 90,7 Prozent der Befragten gaben an, sich am Bürgerhaushalt beteiligt zu haben. 63,7 Prozent derjenigen, die ein Engagement angaben, taten dies, damit jene Projekte, die sie direkt interessieren, umgesetzt werden. 35 Prozent der am Bürgerhaushalt Beteiligten wünschen sich, engagierte Stadtteilbewohner zu sein.  

Das diesjährige Barometer untersuchte auch die soziale Teilhabe und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Viele Bürger sehen sich als tolerant gegenüber jungen Familien sowie ethnischen und religiösen Minderheiten. Auffällig ist jedoch die geringere Akzeptanz gegenüber LGBTQ+-Personen und ukrainischen Geflüchteten. Eine Mehrheit unterstützt die Integration von Migranten, erwartet jedoch auch das Erlernen der rumänischen Sprache und das Pflegen kultureller Eigenheiten.

Das Barometer 2024 zeigt: Die Menschen in Temeswar glauben mehrheitlich an die Zukunft ihrer Stadt – doch ihr Vertrauen ist differenziert. Gesundheit, Verkehr, Sauberkeit und soziale Integration sind weiterhin Baustellen. Für die Stadtregierung bedeutet der historische Vertrauenswert nicht nur ein Lob, sondern vor allem eine klare Erwartung an konkrete Verbesserungen im Alltag der Menschen.