Ungarische Fußballexpansion hat den Nordwesten Rumäniens erreicht

Die Fußballakademie „Partium“ will sich in Sathmar trotz einiger Fragezeichen etablieren

Die Partium Fußballakademie nutzt für den Trainings- und Spielbetrieb gegenwärtig das Dinamo-Sportzentrum in Sathmar. | Foto: der Verfasser

Für den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán sind Fußball und Politik eng miteinander verbunden. Der Sport lässt sich hervorragend für Propagandazwecke und die Stärkung des Nationalstolzes nutzen. Seit mehr als einem Jahrzehnt hat die ungarische Regierung Millionen Euro in die nationale Fußballinfrastruktur investiert. Das Engagement wurde über die Jahre hinweg ausgeweitet, auch über die Landesgrenzen hinaus – vor allem in diejenigen Nachbarländer, in denen es eine ungarischsprachige Minderheit gibt. Insgesamt über 75 Millionen Euro soll die ungarische Regierung in den vergangenen zehn Jahren für ihre Fußballexpansion in die Nachbarländer investiert haben (die ADZ hatte bereits im August 2021 berichtet). Nutznießer dieser Investitionen sind mittlerweile zehn Fußballakademien in der Slowakei, Slowenien, Kroatien, Serbien, der Ukraine sowie Rumänien. Das aus Ungarn geförderte Jugendfußball-Netzwerk in Rumänien (Akademien in Mircurea Ciuc und Sfântu Gheorghe) hat mit der Fußballakademie Partium in Sathmar/Satu Mare Zuwachs bekommen.


Sathmar im Blickfeld der ungarischen Fußballexpansion

Anfang Dezember 2016 stattete Viktor Orbán Sathmar einen Besuch ab. Neben Gesprächen zur Infrastrukturfinanzierung soll hier auch die Idee einer von Ungarn geförderten Fußballakademie geboren worden sein. Zumindest nach dem Besuch des ungarischen Regierungschefs wurden die Pläne für eine Jugendakademie und Fußballförderung auch in öffentlichen Zirkeln thematisiert.

Das Interesse, die ungarische Fußballexpansion auch in Sathmar fortzusetzen, hat Gründe: Die nordwestlichste Großstadt Rumäniens befindet sich nur wenige Kilometer von der Grenze zu Ungarn entfernt und verfügt über eine relativ große ungarischsprachige Gemeinschaft. Die Stadt wird zudem vom UDMR-Bürgermeister Gábor Kereskényi geführt, dem auch eine gewisse Nähe zu Orbán nachgesagt wird. Zwischenzeitlich soll auch die Gründung einer vergleichbaren Akademie im Kreis Bihor in den Blickpunkt gerückt sein.

Die Pläne stießen jedoch auf lokalen Widerstand, so dass das Projekt erfolglos blieb. Das Sathmar nur zweite Wahl war, bestritt Bürgermeister Kereskényi einst vehement. „Für die ungarischen Förderer sei stets Sathmar im Fokus gestanden“, sagte er.

Partium soll mit modernem Sportkomplex zum Stützpunkt werden

Nach mehrjähriger Planungsphase und Vorbereitung wurde 2021 in Sathmar die Partium-Fußballakademie (Academia de Fotbal Partium/Partiumi Labdarúgó Akadémia) als Klub ins Leben gerufen. Neben den beiden Akademien im Szeklerland soll Partium als regionaler Fixpunkt für den den Nordwesten Rumäniens dienen. Auf einer Pressekonferenz im Mai 2022 verkündete der sportliche Koordinator der Akademie, Árpád Purguly, das weitere Planungsvorhaben und die Philosophie der Akademie.

Ebenso wurden die Baupläne für ein zur Akademie gehörendes Sportleistungszentrum präsentiert. Hierfür wurde ein acht Hektar großes Grundstück außerhalb der Stadt erworben. Die Zustimmung des Stadtrates sowie die Baugenehmigungen liegen eben-falls vor. Die moderne Sportanlage soll gemäß der vorgelegten Unterlagen sechs Fußballfelder, Tribünen, Unterkünfte für ein Internat, Fitnessräume, einen Speisesaal sowie einen Erholungsraum umfassen.

Im ersten Jahr sollen etwa 140 Kinder und Jugendliche die Anlage nutzen können. Für die nächsten zwei bis drei Jahre wird mit rund 1500 jugendlichen Fußballern gerechnet, die sowohl am Stützpunkt Sathmar als auch in weiteren kooperierenden Zentren in den Landkreisen Sathmar, Salasch/Sălaj und Bihor von der Förderung der Partium-Akademie profitieren sollen. Für das Akademie-Projekt sollen insgesamt 750.000 Euro investiert werden, die direkt von der ungarischen Regierung und der staatlichen Gábor-Bethlen-Stiftung kommen.

Ein omnipräsenter Partner und Profiteur

Die Partium Akademie profitiert bereits jetzt schon von den Synergieeffekten des ausgeklügelten Systems, hinter dem der ungarische Fußballklub Puskás Akadémia FC, der in der Heimatgemeinde Viktor Orbáns in Felcsút ansässig ist, steckt. Er setzt die Standards für die Ausbildung der jungen Fußballer in allen partizipierenden überregionalen Akademien.

Auch die gegenwärtig drei geförderten Jugendakademien in Rumänien folgen diesem Konzept. Die Trainer profitieren von Aus- und Fortbildungsangeboten, die über das Netzwerk angeboten werden. Bereits 2021 besuchte der Sathmarer Akademiekoordinator zusammen mit Bürgermeister Kereskényi die Jugendakademie im Szeklerland, um sich ein Bild von den dort herrschenden Bedingungen zu machen.

Auch Ende Januar diesen Jahres nahmen 13 Trainer der Partium Akademie an einer Schulung zum Thema „Teambuilding“ in Miercuria Ciuc teil. Mit einem renommierten und finanzstarken Partner wie der Puskás Akademie im Rücken ist es auch möglich, dass Gastredner wie der ehemalige ungarische Nationaltorhüter Gábor Király, der viele Jahre auch in der deutschen Bundesliga für den Hauptstadtklub Hertha BSC Berlin aktiv war, die Partium Akademie in Sathmar im Dezember 2022 besuchte.

Die Puskás Akadémia fungiert offiziell neben den drei in Rumänien vorhandenen Jugendakademien auch für die Akademien im kroatischen Osijek sowie im serbischen Backa Topola als Partner. Das übergeordnete Ziel der Expansion im Jugendfußball ist es, die Spielerentwicklung in Regionen, in denen es vermehrt ungarischsprachige Gemeinschaften außerhalb Ungarns gibt, zu unterstützen.

Die Akademien sollen dazu beitragen, Jugendliche aus der gesamten Region, in der sie ansässig sind, zusammenzubringen und ihnen ein modernes Fußballumfeld zu bieten. Letztlich soll auch der Klub aus Viktor Orbáns Heimatort von der Förderung profitieren, in dem vielversprechende Talente aus den Nachbarländern im Optimalfall nach Ungarn wechseln. Trotz des erst kurzen Aktivitätszeitraums der Partium Akademie hat im Oktober 2022 hat ein Spieler der U16-Junioren diesen Weg eingeschlagen und spielt mittlerweile bei Puskás Akadémia FC.

Ambitionierte Pläne sind ins Stocken geraten

Über die Fertigstellung des Sportkomplexes für die Akademie wurde bereits 2019 gesprochen. In der ursprünglichen Planung war die Fertigstellung für das Jahr 2021 vorgesehen. Auf diesen Zeitplan hatte auch der Bürgermeister gesetzt. Auf der Pressekonferenz im vergangenen Jahr wurde dann mitgeteilt, dass der Bau noch im Jahr 2022 begonnen werden soll und das Bauvorhaben innerhalb von 22 Monaten abgeschlossen sein soll. Bis heute ist in den Bau des Sportkomplexes keine Bewegung gekommen.

Um den Kindern und Jugendlichen dennoch ein vernünftiges Trainingsumfeld bieten zu können, schloss die Partium Akademie vergangenes Jahr einen Kooperationsvertrag mit dem lokalen Sportclub CSM Satu Mare. Ein außerordentlich wichtiger Bestandteil der Kooperationsvereinbarung ist auch die Nutzung des mittlerweile sanierten Sportzentrums „Dinamo“ sowie den Kunstrasenplatz für Minifußball im Stadion „Daniel Prodan“ in Sathmar, für die seitens der Akademie etwa 60.000 Lei an Nutzungsgebühr entrichtet werden.

Trotz des bisher fehlenden Leistungszentrums nimmt die Partium Akademie diese Saison mit drei Jugendteams (U16, U17, U19) am Spielbetrieb im Juniorenbereich teil. Die Heimspiele werden zur Zeit im „Dinamo-Sportzentrum“ ausgetragen.

Ungarns Investitionsaktivitäten nehmen ab

Zu den bisherigen Verzögerung für den Baubeginn des Sportleistungszentrums gab es bisher keine öffentlichen Stellungnahmen seitens der Partium Akademie. Das Projekt ist bei Weitem nicht das erste finanzielle Engagement der ungarischen Regierung in Sathmar.

Bei der Renovierung des ungarischsprachigen Kölcsey Ferenc-Lyzeums sowie des katholischen Lyzeums „Hám János“ gab es Finanzspritzen aus Ungarn. Ein ungarischer Geschäftsmann, der Viktor Orbán ebenfalls nahestehen soll, hat im Jahr 2018 über eine Firma eines der Wahrzeichen der Stadt erworben, das historische Dacia Hotel.

Ein Grund für den noch nicht in Angriff genommenen Bau könnten vor allem die deutlich zurückgehenden Finanzspritzen Ungarns in Siebenbürgen sein. Dieser Rückgang der Finanzmittel hat einen erheblichen Einfluss auf diverse Bereiche. Bereits Ende vergangenes Jahr wurde die finanzielle Unterstützung der ungarischsprachigen Medien in Rumänien maßgeblich zurückgefahren. Im Zeitraum 2017 bis 2019 sollen noch etwa 10,5 Millionen Euro aus Ungarn an die ungarischsprachige Presse in Siebenbürgen geflossen sein. Zudem engagierte sich die ungarische Regierung mit einigen Tochterunternehmen beim Erwerb und der Restaurierung diverser Immobilienprojekte in Siebenbürgen. Auch in diesem Bereich scheint sich das Tempo zu verlangsamen oder ganz zum Stillstand gekommen zu sein.

An den Investitionssummen der staatlichen Gábor-Bethlen-Stiftung, über die ein Großteil der Investitionen im Ausland getätigt werden, lässt sich der Rückgang besonders eindrucksvoll veranschaulichen: Wurden 2020 noch 132 Millionen in Siebenbürgen investiert, so waren es 2021 noch lediglich 37,6 Millionen.

Die geplante Restaurierung des Dacia Hotels in Sathmar kann hierfür ebenfalls als Exempel herangezogen werden, denn nach der Entrümpelung des Gebäudes sind die weiteren Sanierungsarbeiten bis auf weiteres eingestellt worden. Wie und wann es weitergehen soll, scheint unklar. Für den Investitionsstau Ungarns könnten die von Brüssel blockierten EU-Mittel in Milliardenhöhe sowie die seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine vorherrschende wirtschaftlich angespannte Lage verantwortlich sein.

Durch diese Entwicklung stehen auch hinter dem Bau des Sportkomplexes für die Partium Akademie mehrere Fragezeichen. Welche Konsequenzen sich durch zukünftig potenziell fehlende ungarische Investitionen für die Fußballexpansion ergeben, bleibt abzuwarten.