Waffenscheine für Geld statt Wissen

Antikorruptionsbehörde sprengt einen Verbrecherring mit Tentakeln bis ganz oben

Symbolfoto: Pixabay.com

Zwei Auffälligkeiten erregten das Misstrauen der Antikorruptionsbehörde DGA und der Direktion zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens und des Terrorismus (DIICOT): Die Häufigkeit der Jagdunfälle im Banater Bergland, bei denen Jäger aus Karasch-Severin impliziert waren (erst jüngst erschoss ein 28-Jähriger seinen Bruder, den er beim illegalen Jagen als Treiber benutzt hatte, ein paar Tage später zertrümmerte ein angeblicher Querschläger den Unterkiefer eines Jägers), und die Tatsache, dass bei Waffenscheinprüfungen immer dann sämtliche Kandidaten bestanden, wenn der Leiter der Polizeibehörde für Waffen- und Sprengstoffkontrolle in die Prüfung involviert war – wenn nicht, fielen alle Prüfungskandidaten durch.

Am Dienstag dieser Woche überraschten Offiziere der DGA und DIICOT, die allesamt nicht im Banater Bergland Dienst taten (sie waren aus Arad, Alba, Hunedoara, Gorj, Mehedinți und Temesch dafür abkommandiert worden), unterstützt von „Maskierten“ der Sondereinheit der Polizei für Terrorismusbekämpfung, in Karansebesch eine Prüfung von Möchtegernjägern, die in einem Saal des Museums für Ethnografie und Geschichte des Grenzregiments stattfand. Sie fanden, was sie suchten: Per E-Mail den Prüflingen zugeschickte Fragebögen mit fertigen Antworten, die bloß handschriftlich auf die offiziellen Prüfungspapiere übertragen werden mussten.

Damit hatten DGA und DIICOT die Bestätigung ihrer Vermutung: Die Prüfungsergebnisse zum Erhalt des Jagdscheins und zur Genehmigung von Waffenbesitz sind seit mindestens Anfang 2017 im Banater Bergland manipuliert. Ab diesem Zeitpunkt häuften sich auch die Jagdunfälle. Eine weitere Bestätigung lieferten die Abhörprotokolle von Politikern und Tagesprominenten, die DGA und DIICOT mit bis dato geheimgehaltener gerichtlicher Genehmigung angefertigt hatte. Die Kreise ziehen sich bis Matei Lupu, bis Donnerstag Präfekt von Karasch-Severin, und Mihai Fifor, der bis zu seinem Sturz nach dem für die PSD peinlichen Ausgang der Präsidentschaftswahlen als Geschäftsführer der PSD und Wahlkampfmanager von Vasilica Dăncilă fungiert hatte. DGA und DIICOT sprechen bereits von der „Sprengung einer Gruppierung organisierter Verbrecher, der Übertretung des Waffen- und Munitionsgesetzes, Schmiergeldgabe und -nahme, unlautere Einflussnahme, Amtsmissbrauch, Fälschung offizieller Dokumente, Fälschungsnutzung, Falschaussagen und Verrat von Dienstgeheimnissen“.

Involviert waren bis Freitag rund 40 Personen aus höchsten Polizei- und Politikerkreisen, die nun zum Verhör durch die DIICOT-Staatsanwälte erscheinen müssen. Gegen mehrere der Verdächtigten laufen bereits Strafuntersuchungen – darunter genannter Matei Lupu und der Leiter der Karasch-Severiner Polizeibehörde zur Kontrolle des Waffen- und Munitionsgebrauchs, Chefkommissar Radu Ștefan, sowie der pensionierte Kommandeur der Gendarmerie des Banater Berglands, der Karansebescher Ioan Pop. Aber auch der langjährige Bürgermeister von Bokschan, Mirel Patriciu Pascu, dem nachgesagt wird, dass er mit einiger Aussicht auf Erfolg bei den Kommunalwahlen 2020 wieder kandidieren möchte. Aufschlussreich, und für Kenner der Szene relevant: Die meisten von ihnen haben als Anwalt den „Vater aller Verbrecher“ des Banater Berglands, Cosmin Bolosin, angeheuert. Die Hausdurchsuchungen dauerten Ende vergangener Woche an, ebenso die Verhöre.

Begonnen haben die Ermittlungen – so ein erstes Kommuniqué der DIICOT und des Kreisinspektorats der Polizei Karasch-Severin – am 30. Juli dieses Jahres. Durch die eingangs genannten Vorfälle hatte sich bereits Anfang 2017 der Verdacht erhoben, dass im Banater Bergland eine organisierte Verbrechergruppe agiere, welche Waffengesetze unterlaufe und Zahlungswillige zu Waffenscheinen und Genehmigungen zum Waffenbesitz verhelfe, also den Kauf und Besitz von Waffen erleichtert. Die Ermittlungen ergaben, dass zunächst immer dann alle Prüflinge glänzend abschnitten, wenn der damals neue Chef der Waffenkontrollbehörde, Chefkommissar Radu [tefan, anwesend war. Später genügte die Anwesenheit eines anderen bestimmten Polizeioffiziers oder dreier dort angestellter Polizisten – immer dieselben. Auch die Anwesenheit eines Besitzers eines Jagdwaffengeschäfts und Schießstands in Karansebesch, der schon erwähnte pensionierte Gendarmeriekommandant Ioan Pop, trug massiv zum Erfolg der Prüfungen bei. Während der Untersuchungen kam heraus, dass dessen Karansebescher Firma überhaupt keine Lehrgänge zur Vorbereitung für die Waffenprüfung abhielt, sondern einfach Bescheinigungen verkaufte, die belegten, dass der Zulassungskurs zur Prüfung absolviert war. Danach gab die Firma den künftigen Schützen Tipps, an wen sie sich bei der Polizei wenden mussten, um die Prüfungsfragen und die richtigen Antworten gegen Geld per E-Mail geliefert zu bekommen. Der Kreis schloss sich damit, dass frischgebackenen Waffenscheinbesitzern suggeriert wurde, von wem in Karansebesch sie sich die neuen Jagd- oder sonstigen Waffen (im Falle des Bokschaner Ex-Bürgermeisters Pascu handelte es sich um eine Pistole) und Munition erwerben sollten. 

Das System führte zu einer Erfolgsquote der Waffenscheinprüfungen im Banater Bergland von 100 Prozent – was offenbar auch zahlreiche Personen, die bei der Waffenscheinprüfung in ihrem Landkreis wiederholt durchgefallen waren, dazu bewog, ihren Wohnsitz ins Banater Bergland zu verlegen, um den erträumten Waffenschein zu erhalten. Während einer einzigen Prüfung seit 2017 kam das System nicht zum Tragen, schreiben DIICOT und IJP – bei dieser sank die Quote auf null Prozent. Für die DIICOT-Staatsanwälte war dies der Auslöser, um gegen den Verbrecherring vorzugehen. 

Von diesem System profitierten auch zahlreiche Politiker und „wichtige“ Personen aus dem ganzen Land, die durch den Präfekten – dies der Grund, weshalb die DIICOT-Staatsanwaltschaft Matei Lupu (PSD) Mitwisserschaft vorwirft – oder durch den Ex-PSD-Geschäftsführer Mihai Fifor an die „Quelle der Waffenscheine“ kamen. Die Liste der auf diese Weise Bedienten wurde von den Staatsanwälten noch nicht öffentlich gemacht. Laut Kommuniqué sind im Umfeld des Systems außerdem weitere Verbrechen und Gesetzesübertretungen begangen worden: Rechtsverdrehungen, um Mitglieder des Zirkels vor den Folgen ihrer Gesetzesübertretungen zu schützen; wissentliche Verzögerung von Strafuntersuchungen gegen Mitglieder des Verbrecherkreises; Fälschung von Dokumenten der implizierten Firma aus Karansebesch; Nichtumsetzung von Geld- und anderen Strafen gegenüber Mitwissern (etwa Waffenentzug derer, die bei Jagdunfällen impliziert waren) usw.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hat der diensthabende Richter für Rechte und Freiheiten des Kreisgerichts Karasch-Severin dem Antrag der Staatsanwälte auf Untersuchungshaft stattgegeben – für Chefkommissar Radu Ștefan, Chefkommissar Nicolae Cernea (seinen Amtsvorgänger in der Dienststelle für Waffen- und Sprengstoffkontrolle), für den Ex-Gendarmerie-Kommandeur und Waffenhändler Ioan Pop, für den Geschäftsmann Florin Negru und einen Polizisten der einschlägigen Dienstelle. Wie Rechtsanwalt Cosmin Bolosin mitteilte, wird das Urteil dem Berufungsgericht Temeswar zur Revision vorgelegt und gefordert, die Untersuchungshaft in gerichtliche Aufsicht oder eine andere, mildere Maßnahme umzuwandeln.