WORT ZUM SONNTAG: Das Prinzip Hoffnung

Ein wohltätiger Mann gab öfter einem Bettler Geld. Nun wurde er neugierig, wofür der Bettler diese Spenden ausgab. So folgte er ihm einmal heimlich nach. Er überraschte den Empfänger in seiner Behausung, ein dumpfes Loch, wie er mit einem Gefährten einen Plan zur Neuordnung der Staatslotterie ausarbeitete, den er dem Ministerium unterbreiten wollte. Erstaunt fragte der Wohltäter: „Wie, Sie spielen Lotterie?“ „Natürlich“, war die Antwort, „man will doch etwas vom Leben haben“. „Haben sie schon einmal gewonnen?“ „Noch nicht“, war die Antwort, „trotzdem ich schon viel Geld hineingesteckt habe. Aber das macht nichts. lch kaufe mir mit jedem Los eine kleine Hoffnung, denn ohne Hoffnung kann der Mensch nicht leben! “

Damit hat er eine Grundwahrheit ausgesprochen. Alle Menschen sind auf Hoffnung geschaffen. Das unterstreicht auch das weise lateinische Sprichwort „Dum spiro, spero“ – solange ich atme, hoffe ich! Ein Mensch, der die Hoffnung verloren hat, gleicht einer Taschenuhr, deren Feder zerbrochen ist oder einer modernen Armbanduhr, deren Batterie leer ist. Es stellt sich die Frage: Wer oder was kann unseren Hoffnungshunger stillen? Die Materialisten behaupten, dass die Güter dieser Erde, also die materiellen Dinge, diesen Hunger völlig stillen können. Sie müssen nur gerecht verteilt werden. ln diesem Sinne schrieb der neomarxistische Philosoph Ernst Bloch (1885-1977) sogar ein Buch mit dem Titel: „Das Prinzip Hoffnung“. Wir fragen: Woher soll die Erfüllung dieses Prinzips kommen? Laut Materialisten nur von den Gütern dieser Erde. Das heißt: Hat der Mensch immer einen vollen Magen, warme Kleidung und ein schützendes Dach über dem Kopf, dann sind seine Hoffnungen erfüllt. Das kann doch nicht die endgültige Erfüllung unserer Hoffnung sein! Dagegen spricht schon die Weisheit des Volkes in dem Lied: „Je mehr er hat, je mehr er will! Nicht schweigen seine Klagen still!“ Das bezeugen all die Rauschgiftkonsumenten, die Alkoholiker, die Profitjäger, die Venusdiener, die Machtgierigen, die Diktatoren, die leichtfüßig über Leichen steigen, um ihr Ziel zu erreichen. Es bewahrheitet sich das Wort‚ das Christus gesprochen hat: „Nicht vom Brot allein lebt der Mensch!“

Mit den Hoffnungsgütern dieser Erde müssen wir sorgfältig umgehen. Ein französischer Forscher hatte bei einem König an der Westküste Afrikas eine Menge Kostbarkeiten eingetauscht. Nun wollte er an die Küste zurück. Der König empfahl ihm einen kürzeren Weg durch den Wald. „Aber gib acht,“ sagte er, „auf diesem Weg gibt es zuweilen böse Geister!“ Der Forscher lachte heimlich über solchen Aberglauben. Er machte sich mit seinen Trägern auf den Weg. Im Wald schien aber das Leben verschwunden zu sein. Die Träger wurden immer müder. Wie benebelt taumelten sie dahin. Da erkannte der Forscher mit Schrecken, dass es die ringsum wachsenden tropischen Blumen mit ihrem betäubenden Duft waren, die alle Träger so kraftlos machten. Am Wege lagen Menschenskelette, gemordet von dem Duft der Blumen. Mit letzter Kraft entkam die Gruppe dieser verführerisch lockenden Hölle. Der Forscher wusste nun, dass das Wort von den bösen Geistern kein Märchen, sondern süßes Gift war.

 So ähnlich ist es mit allen Hoffnungsgütern unserer Erde. Nur auf sie fixiert, lähmen sie die edlen Geistestriebe im Menschenherzen und können sie sogar töten. Dann wird das Wort der Bibel vor der Sintflut wahr: „Mein Geist wird nicht im Menschen bleiben, da er nur Fleisch ist!“ Deshalb mahnt uns der Apostel Paulus (Röm. 8,5f): „Wenn jemand nach seiner Natur lebt, liegt ihm alles daran, die eigenen Wünsche zu befriedigen. Wenn dagegen der Geist Gottes in ihm lebt, liegt ihm alles daran, diesem Geist in sich Raum zu geben. Die eigenen Wünsche fahren zum Tod. Der Geist Gottes dagegen schenkt Leben und Frieden!“ Darum setzt der wahre Christ seine Hoffnung nicht auf Güter, die er spätestens bei seinem Tod verliert. Er setzt seine Hoffnung auf den von den Toten erstandenen Christus. Er allein kann unser Hoffnungsstreben erfüllen, nicht nur für einige Jahrzehnte, sondern für ewig. Das hat sogar der Philosoph Friedrich Nietzsche erkannt: „Weh spricht: Vergeh! Doch alle Lust will Ewigkeit –, – will tiefe, tiefe Ewigkeit!“ Das kann aber kein materielles Gut, kein Mensch aus Fleisch erfüllen, sondern nur der ewige Gott. Der Hl. Augustinus hat diese Hoffnungsmelodie ins Herz geschrieben:„Du hast uns für Dich geschaffen, o Gott! Und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in Dir!“ Darin besteht „das Prinzip der Hoffnung“!