WORT ZUM SONNTAG: Vater unser im Himmel

„Not lehrt beten“, sagt das Sprichwort. Gott erteilt uns in dieser Corona-Krise eine wichtige Lektion. Es war und ist offensichtlich: Geld hilft hier nicht. Wohlstand und Reichtum hilft nicht. Gute Beziehungen zu den Ärzten helfen nicht. Hohe Ämter und Macht helfen nicht. Ja, was hilft denn sonst? Der Gottesdienst? „In Zeiten der Not füllen sich die Kirchen“? Ja, aber der Gottesdienst war verboten. Die Kirchen blieben leer.

Und doch sagte jemand: „Obwohl jetzt, in dieser gegenwärtigen Krisenzeit, die Kirchen geschlossen sind, steigen mehr Gebete der Menschen zu Gott auf als vorher. Jetzt sind die Menschen offener und empfänglicher für den Glauben an Gott. Jetzt hat Mission eine Chance!“ Und tatsächlich wurde aus dem freikirchlichen Bereich gemeldet, dass es allein zu Ostern über hunderttausend „Bekehrungen“ gegeben hat. Menschen fanden in ihrer Not den lebendigen Gott. Durch Jesu Versöhnungstat traten sie ein in die heilsame Vater-Kind-Beziehung mit Gott und fanden Frieden.

Not lehrt beten. Der kommende Sonntag „Rogate“ ruft zum Gebet auf. Jesus lehrte seine Jünger das „Vaterunser“. Es gibt nichts, was in diesem Gebet nicht zur Sprache kommt. Hier betet man um alles oder um gar nichts. Voraussetzung ist die Vater-Kind-Beziehung des Beters mit Gott – „Vater unser im Himmel“.

Nach der Anrede folgen nun die sieben Bitten des Vaterunsers. Die ersten drei Bitten reden von dem, was Gott will:

1. „Geheiligt werde dein Name“. Wir beten hier darum, dass durch mein Leben, d. h. durch mein Reden, Denken und Tun, der Name Gottes geheiligt und verehrt wird. Welch ein edles Lebensprinzip ist das doch: Immer so zu leben, dass der Name Gottes durch mich geheiligt wird!

2. „Dein Reich komme“. Gottes Reich ist dort, wo an ihn geglaubt wird und wo ER der Herr ist. Jesus hat gesagt: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ Wenn wir beten: „Dein Reich komme“, dann bitten wir, dass Gott sein Reich auch unter uns und mit uns aufbaut.

3. „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden“. Gottes Wille möge immer und überall geschehen, denn sein Wille ist der beste. Welch ein wunderbarer Glaube steckt hier drin! Wer das glauben kann, ist ein glücklicher Mensch. „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe, Herr, auch in meinem Leben.“

Nachdem die Interessen Gottes vorangestellt sind, folgt nun das, was dem Beter in seinem irdischen Leben zum Besten dient:

4. „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Wir denken daran, wie Jesus immer wieder dazu ermutigt, das Sorgen sein zu lassen. Gott, der selbst für die „Vögel unter dem Himmel“ und für die „Blumen auf dem Feld“ sorgt, sorgt auch für jeden von uns. Er gibt seinen Kindern gerne das tägliche Brot. Hier ist alles gemeint, was wir brauchen.

5. „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ In dieser Bitte sind alle Gebetsanliegen einzuordnen, die die Schuldfrage betreffen. Hier geht es um die eigene Schuld, nicht um die Schuld der anderen. Es geht um die Befreiung meiner quälenden Schuld. Hier ist auch das Schuldigwerden in Ämtern eines Volkes und in der Kirche gemeint. Gott vergibt gerne, aber er erwartet das Gleiche auch von uns.

6. „Führe uns nicht in Versuchung“. Wir beten hier um Bewahrung von Versuchung im eigenen Leben. Gott möge uns nicht mehr auflegen, als was wir tragen können. Viele Menschen zerbrechen unter der Last, die sie zu tragen haben. Wir bitten hier darum, dass es bei uns nicht soweit komme.

7. „Erlöse uns von dem Bösen.“ Hier werden wir erinnert an die vielen Heilungen und Befreiungsaktionen Jesu. Er hat Besessene von bösen Mächten befreit. Gebundene und Kranke wurden durch sein Machtwort frei von ihren Süchten, Bindungen und Krankheiten. Der Gott, der alles kann und der seine Kinder liebt, möge uns bewahren vor dem Bösen. Diese Bitte führt uns aber auch hin zu der zentralen Bitte der Christenheit: „Maranatha“, das heißt, „Unser Herr kommt!“ Ja, komm, o Herr, und mache dem Bösen ein Ende!

Am Ende dieses Gebetes steht der Lobpreis Gottes und das Amen. Martin Luther lehrt im Kleinen Kathechismus: „Das soll gewiss sein, solche Bitten sind dem Vater im Himmel angenehm und erhöret. Denn er selbst hat uns geboten, also zu beten, und verheißen, dass er uns will erhören. Amen, Amen, das heißt: Ja, ja, es soll also geschehen.“

Krisenzeiten eröffnen dem hilflosen Menschen die unbegrenzten Möglichkeiten Gottes. Wenn wir beten, müssen wir wissen, was der im Stande ist, zu dem wir beten: Es ist der allmächtige Gott, der alles kann! So fällt es uns nicht schwer, die letzte Verantwortung für unser Leben ganz aus der Hand zu geben, und dem himmlischen Vater zu vertrauen, der alles richtig macht. Es ist wichtig, dass wir in dieser Gewissheit beten, dass Gott keine Fehler macht. Deshalb sprechen wir „Amen“. Ja, ja, es soll also geschehen.