Zugebissen: Wenn es die Banken nach Papieren dürstet

Es ergibt sich folgende Situation: Ein Verein hat seine Konten bei einer der großen rumänischen Banken. Ein Vertreter der Bank – ob es wirklich ein Angestellter der betreffenden Bank oder nur der Vertreter eines anderen Unternehmens war, an welches der Kundenservice externalisiert wurde, steht auf einem anderen Blatt – ruft am Donnerstag an, dass die Kundendaten aktualisiert werden müssen. Natürlich ist dies mit einem Weg zur Bank verbunden, denn obwohl die Banken mit ihren Online-Dienstleistungen werben, muss man immer wieder Papiere vorlegen. Natürlich wusste der Vertreter der Bank am Telefon nicht, welche Dokumente genau dafür notwendig sind – sein Job war nur die Vermittlung dieser Teilinformation. Um auf der sicheren Seite zu sein, ruft man bei der offiziellen Nummer der Bank an, und nach einer guten halben Stunde Wartezeit in der Schleife (weil für die meisten Anliegen nur noch automatisierte Möglichkeiten zu Verfügung stehen) wird man mit einer lebendigen Person verbunden. Überraschenderweise erfährt man, dass nur eine schriftliche Bestätigung der Unterschriftsberechtigten notwendig ist, soweit weitere Daten sich seit der letzten Aktualisierung derselben nicht geändert haben. 

Zuversichtlich, zugegeben vielleicht auch ein bisschen blauäugig, geht man mit dem betreffenden Papier zur Bank. Dieses wird am Schalter ohne weitere An- oder Bemerkungen entgegengenommen und das Alltagsgeschäft geht seinen Weg.   

Man stelle sich nun die verblüfften Gesichter der Vereinsvertreter vor, als diese fünf Tage später feststellen, dass die Konten des Vereins gesperrt wurden und sie keinen Zugriff mehr auf die eigenen Finanzen haben. Natürlich gab es seitens der Bank keinerlei Mitteilung in dieser Hinsicht. 

Es beginnt ein erneutes Ausharren in der Warteschleife. Als nach mehr als 30 Minuten endlich eine Person am anderen Ende der Leitung erreicht wird, kann nun die Situation analysiert werden. So erfährt man, dass ein Dokument von einer vorgesetzten Institution fehlt, welches bestätigen soll, dass der Verein als solcher noch existiert. Trotz wiederholter Erklärung, dass für den betreffenden Verein eine derartige Einrichtung nicht vorhanden ist, konnte man auf kein grünes Blatt kommen, legt auf und macht sich erneut auf den Weg in die Filiale der Bank, in der Hoffnung, dass man dort ein wenig schlauer wird. 

Tatsächlich erhält man diesmal umfassendere Informationen (zugegeben – man kannte den Bankangestellten, zu dem man diesmal ging, persönlich). So erfährt man, dass für die Entsperrung der Konten folgende Papiere notwendig sind: die Satzung in ihrer neuesten Fassung, der Gründungsbeschluss des Gerichts, die Bestätigung des Eintrags ins Vereinsregister, die Zulassungsnummer beim Finanzamt, die Ausweise der für die Konten unterschriftsberechtigten Personen, sowie eine Bestätigung seitens des Gerichts, dass es den Verein noch gibt (nicht älter als 30 Tage). Natürlich alle Dokumente im Original. 

Außer der Bestätigung des Gerichts liegen alle Dokumente seit der Konteneröffnung der Bank vor. Die Ausstellung der Bestätigung durch das Gericht dauert gewöhnlich sieben Tage, wobei man das Gesuch dafür persönlich am Schalter abgeben muss und genauso persönlich das Dokument abzuholen hat. In der gesamten Zeit bleiben die Konten gesperrt und der Verein ohne Zugriff auf sein Geld. 

Vorwand für die ganze Prozedur ist Gesetz Nr. 656/2002 zur Verhinderung und Ahndung von Geldwäsche und zu Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Wenn man nun überlegt, dass das Register der Vereine in Rumänien für jeden Bürger online zugänglich ist, stellt man sich die Frage, wieso die Banken nicht den eigenen Kunden entgegen kommen und alle notwendigen Informationen online abrufen. Es würde sicher weniger Arbeitskraft binden, als die gesamten eingereichten Papiere auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Denn die Papiere werden zwar von der Bank im Original beantragt – nur um sie dann am Schalter einzuscannen, damit sie elektronisch verarbeitet werden können.  

Zugleich scheinen den Banken die eigenen Kunden mehr als egal zu sein. Der Kunde hat nicht Recht, sondern der Kunde ist schuld. Lange Jahre hat man erwartet, dass die eher schlanken Normen der freien Wirtschaft, was Papierkram betrifft, ihren Weg in die rumänische Bürokratie finden. Es scheint aber, das Land belehrt uns eines Besseren: Die überdimensionierten papierschluckenden Normen des rumänischen staatlichen Apparates finden ihren Weg in die freie Wirtschaft.