Zusammenarbeit in Bereichen wie Wirtschaft und Hochschulwesen

Baden-württembergische Delegation auf Banat-Besuch

West-Universitätsrektor Marilen Pirtea (2.v.l.) hieß Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch, Eberhard Herzog von Württemberg und IHK-Geschäftsführerin Michaela Eberle herzlich willkommen.

Eine Delegation des Landes Baden-Württemberg hat vergangene Woche der Stadt Temeswar/Timişoara einen Besuch abgestattet. Veranlasst wurde der Besuch von einem ganz besonderen Konzert, das die Junge Philharmonie Ostwürttemberg am Dienstag-abend in der Millenniumskirche in der Fabrikstadt bestritt. Anwesend waren, unter anderen, Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch, Mitglied im Landtag Baden-Württemberg, und Eberhard Herzog von Württemberg, die die Schirmherrschaft über das sinfonische Konzert übernommen hatten.

Während ihres Banat-Aufenthaltes besuchten die Gäste aus Deutschland das Zentrum für landwirtschaftliche Fachaus- und -fortbildung in Woiteg/Voiteg, im Kreis Temesch/Timi{, und sprachen mit dem Rektor der West-Universität in Temeswar, Marilen Pirtea. Die West-Universität besitzt ein Doppeldiplomabkommen mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Karlsruhe, wodurch interessierte Studierende der deutschsprachigen Abteilung für Rechnungswesen und Wirtschaftsinformatik an der Temeswarer Fakultät für Wirtschaftswissenschaften die Möglichkeit haben, einen Teil ihres Studiums in Deutschland zu bestreiten sowie ihre Bachelor-Arbeit unter doppelter Betreuung – eines Professors aus Deutschland und eines aus Rumänien – zu erarbeiten.

Im Rahmen einer Pressekonferenz an der West-Universität erwähnte Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch die geschichtlichen Beziehungen, die zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Banat bestehen. „Ich finde es als Schwäbin sehr spannend, dass unsere Landsleute vor über 200 Jahren ihre Heimat verlassen haben und hierher gezogen sind. Ich selbst bin Landwirtstochter und habe auch gewusst, dass es hier sehr viel Fruchtbarkeit in den Böden gibt und von daher wollte ich ganz einfach wissen, welche Chancen in der Landwirtschaft bestehen. Dann war natürlich Temeswar als europäische Kulturhauptstadt im Jahr 2021 auch ein Ziel. Ich wollte sehen, was es hier für ein kulturelles Leben gibt und welche Baudenkmale noch da sind. Ich bin überwältigt davon“, beschrieb die Staatssekretärin ihre Erwartungen an den Banat-Besuch. Mit dem landwirtschaftlichen Ausbildungszentrum in Woiteg gäbe es eine bewährte Zusammenarbeit, die seit Jahrzehnten dauert. „Ich habe mit dem Schulleiter vereinbart, dass wir uns in Baden-Württemberg wieder treffen, in Kirchheim/Teck, wo das Bildungszentrum DEULA angesiedelt ist, um zusammen auszuloten, wie wir unsere Zusammenarbeit vertiefen können“, informierte die Staatssekretärin.

Die Rolle der Banater Schwaben, die in Baden-Württemberg leben, sieht Friedlinde Gurr-Hirsch als „eine ganz besondere“. „Speziell meine Partei, die CDU, hat nie den Kontakt abreißen lassen, wir haben einen engen Austausch miteinander. Wenn Festivitäten und wenn politische Kundgebungen der Banater Schwaben stattfinden, sind wir zugegen, weil wir auch wissen, was die Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Banat zurückgekommen sind, für eine Arbeitsleistung erbracht haben und dass sie ihre Kultur in ihrem Herzen tragen“, sagte die Politikerin. 

Bei den Gesprächen dabei war auch Michaela Eberle, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Ostwürttemberg. „Es geht um Kultur und Netzwerke, darum, sich gegenseitig besser kennenzulernen und zu verstehen. Das ist das, was wirtschaftliche Zusammenarbeit auch ausmacht“, sagte Michaela Eberle an der West-Universität. Die IHK Ostwürttemberg betreut zurzeit ungefähr 34.000 Mitgliedsunternehmen aus Industrie-, Handels- und Dienstleistungsbereichen. „Wir haben über 120 Mitgliedsunternehmen in unserer kleinen Region, die in Rumänien Niederlassungen, Vertriebsgesellschaften oder Produktionsstätten besitzen“, informierte Michaela Eberle.  

Eberhard Herzog von Würt-temberg berichtete von seinem allerersten Besuch in der Stadt an der Bega und in Rumänien überhaupt – es war im Dezember 1989, kurz nach den blutigen Umsturzbewegungen. Der junge Student kam damals mit dem ersten Hilfstransport ins Banat, der noch vor dem Roten Kreuz oder anderen Organisationen Rumänien erreichte. „Meine Eltern wollten nicht, dass ich hierher fahre, weil es doch Kriegsgebiet war. Es war sehr aufregend, als wir die ungarische Grenze überschreiten durften. Man hat diese Dankbarkeit in den ersten Momenten in den Augen der Menschen gesehen. Ich habe kein Wort auf Rumänisch verstanden, aber man hat einfach gesehen, wie dankbar die Leute waren, für teilweise einfache Sachen, wie Kleidung, Essen oder medizinische Versorgung“, erinnerte sich der Herzog. In den darauffolgenden drei Jahren war er noch zweimal nach Rumänien gefahren, erzählte er. „Für mich ist es, 25 Jahre später, sehr interessant, wieder hier zu sein. Temeswar ist einfach eine wunderschöne Stadt geworden, man sieht die Freude der Menschen auf den Straßen – es macht Spaß, hier zu sein“, betonte der Herzog, der bei seinem Banat-Aufenthalt auch zwei Weingüter in der Region besichtigte. Am Dienstagabend beteiligten sich die Gäste aus Baden-Württemberg an dem Konzert der Jungen Philharmonie Ostwürttemberg in dem beeindruckenden Sakralbau aus der Fabrikstadt.

Das Konzert kam mit Unterstützung des Römisch-Katholischen Bistums Temeswar zustande und hatte auch einen Wohltätigkeitszweck. Spenden für die Gesellschaft „Timi{oara 89“, die obdachlosen Menschen unter die Arme greift, wurden bei dieser Gelegenheit gesammelt. Der Jungen Philharmonie Ostwürttemberg gehören ungefähr 70 junge Musiker im Alter zwischen 12 und 26 Jahren aus der Region Ostwürttemberg an. Das Orchester, das in diesem Jahr im Rahmen seiner Rumänien-Konzerttournee in Sathmar/ Satu-Mare, Schäßburg/ Sighi{oara und Kronstadt/ Bra{ov auftrat, wurde 1995 ins Leben gerufen und bestreitet jährlich zahlreiche Konzerte im In- und Ausland. „Wir haben nur freundliche und gastfreundliche Menschen in Rumänien getroffen und wir fühlen uns unheimlich wohl hier“, sagte der Dirigent des Orchesters, Uwe Renz. Im Rahmen des Konzerts in Temeswar gab die Junge Philharmonie Ostwürttemberg mehrere Ouvertüren, Intermezzi und Zugaben zum Besten, darunter die Fledermaus-Ouvertüre von Johann Strauss und Richard Wagners Ouvertüre zur Oper „Der fliegende Holländer“.

„Es ist sehr wichtig, dass man die Jugend unterstützt, weil die Jugend unsere Zukunft ist. Da war ich natürlich sehr gerne bereit, die Schirmherrschaft dieses Konzerts in Temeswar zu übernehmen“, sagte Eberhard Herzog von Württemberg. Das Konzert der Jungen Philharmonie Ostwürttemberg erfreute sich eines großen Erfolgs bei den Temeswarern, die die Millenniumskirche füllten.