Ab in die Kühle der Natur!

Der Nationalpark Nera-Klamm – Beușnița bietet auch bei Sommerhitze zahlreiche Ausflugsmöglichkeiten

Zu den Wasserfällen im Tal des Bey/Valea Beiului gehört auch der Șușara-Fall. Fotos: Gabriela Bora

Der sagenumwobene Ochiul Beiului ist ein kleiner See mit kristallklarem Wasser in der Nera-Klamm.

Bei der Wanderung entlang der Klamm gelangt man über mehrere Hängebrücken von einem Ufer der Nera ans andere.

Das türkisfarbene Wasser des Ochiul Beiului ist eine wohlverdiente Belohnung nach einer angenehmen Wanderung durch den Wald. Mit dem Ort sind viele Sagen verbunden, die beeindruckendste davon erzählt von der Liebe des Sohnes eines türkischen Bey (osmanischer Herrschertitel), der vor Hunderten von Jahren in der Gegend herrschte, zur Tochter eines Schafhirten. Der junge Mann entführte das Mädchen und steckte es in den Großen Turm in der Nera Klamm, doch die Schäferin schaffte es, zu entfliehen. Daraufhin verordnete der Bey ihre Ermordung. Als der Sohn die Gräueltat mitbekam, weinte er so lange, bis aus seinen Tränen ein See entstand – er trägt heute den Namen „Ochiul Beiului“ – das Auge des Bey. Die rumänische Romeo-und-Julia-Story erzählen Einheimische in der Nera-Klamm immer wieder gerne. 

In der Johannisnacht am 24. Juni, rumänisch als „Sânziene“ bekannt, sollen sogar die Waldfeen (rum.: „iele“) um diesen kleinen See – sein Durchmesser beträgt nur etwa 20 Meter – tanzen. Auch sonst soll der rund acht Meter tiefe See eine magische Kraft auf den Wanderer ausüben - nicht nur einer sei, so spricht sich herum, von seiner Depression geheilt worden. Fakt ist, dass die Natur eine heilende Wirkung auf die Psyche ausübt. Deswegen sind Ausflüge ins kühle Grün, gerade in der warmen Jahreszeit, besonders zu empfehlen. Der Nationalpark Nera-Klamm – Beușnița im Kreis Karasch-Severin/Caraș-Severin, etwa 180 Kilometer von Temeswar/Timișoara entfernt, bietet dazu viele Möglichkeiten.

Praktisch kann die Nera-Klamm von vier verschiedenen Stellen aus erforscht werden: vom Almascher Land aus über Șopotul Nou, von Orawitza über Montan-Saska/ Sasca Montană und Rumänisch-Saska/Sasca Română oder über Rumänisch-Tschiklowa/Ciclova Română - Ilidia - Socolari - Potoc sowie über die Gemeinde Cărbunari. An jedem „Eingangstor“ kann das Auto geparkt werden – von dort geht die Reise zu Fuß weiter. Gute Schuhe sind dabei zu empfehlen, am besten mit griffiger Sohle. Es ist bekannt, dass in der Nera-Klamm giftige Vipern heimisch sind, deswegen ist es wichtig, lange Hosen zu tragen – das schützt übrigens auch vor den lästigen Zecken, die sich vor allem im hohen Gras aufhalten. 

Nachdem man in den Nationalpark über die Bey-Brücke gefahren ist, lässt man das Auto im Parkplatz an der Forellenzucht, um von dort zu Fuß zum Ochiul Beiului zu wandern. Man kann auch an der Bey-Brücke anhalten und von dort bereits die Wanderung antreten. Erwachsene zahlen zehn Lei, Kinder dürfen kostenlos den Nationalpark erkunden. Der Ochiul Beiului ist von der Forellenzucht in etwa 30 Minuten zu Fuß zu erreichen und in etwa 45 bis 60 Minuten, wenn kleine Kinder mitkommen. Von dort geht es weiter zu den Beușnița-Wasserfällen. Diese entstanden am Fluss Beu aufwärts vom See Ochiul Beiului. Es sind mehrere Wasserfälle, von denen der größte 15 Meter hoch ist. Die Durchlässigkeit des Kalksteins hat auch zur Entstehung von Minidämmen, Wasserlöchern und kleinen Höhlen geführt. Der Weg dorthin ist nicht ganz einfach, aber die Mühe lohnt sich. Auch mit diesen Wasserfällen ist eine Legende verbunden. Sie besagt, dass das glitzernde Wasser den Brautschleier der Schäferin darstellt, in die der Bey-Sohn verliebt war. Im Frühling oder Frühsommer, nach vielen Regenfällen, sind die Beu{ni]a-Wasserfälle am spektakulärsten und etwas dünner im Sommer, bei Hitzetemperaturen. 

In die entgegengesetzte Richtung, ebenfalls von der Forellenzucht aus, ist der Wasserfall La Văioaga zu erreichen. Der Weg misst etwa zwei Kilometer und ist ebenfalls in maximal 30 Minuten zu machen. Der Wasserfall La Văioaga liegt versteckt im Bey-Tal, am Rande der Forststraße, die die Bey-Brücke mit dem Ochiul Beiului verbindet. Auf der rechten Seite der Straße befindet sich ein Wegweiser zum Wasserfall. Von dort muss man nur noch einige Meter auf dem Pfad zwischen den Bäumen zurücklegen und schon ist der Wasserfall erreicht. Auch dieser ist spektakulär. Das kristallklare Wasser gleitet über die Felsen und fällt dann in einem schmalen Vorhang herab in ein türkisfarbenes Auge aus klarem Wasser. 

Diese kurzen Ausflüge sind vor allem für Eltern mit Kindern geeignet, aber auch für Menschen, die weniger Ausdauer haben und nicht die gesamte Klamm erkunden wollen. Wer allerdings durch die ganze Nera-Klamm wandern möchte, der kann sein Auto in Șopotul Nou zurücklassen und von dort die Wanderung antreten. 

Der Eingang in die Nera-Klamm befindet sich in Șopotul Nou, wo der Fluss bei Buceaua eine große Kurve macht, um die herrlichen Schluchten zu graben, die der Wanderer entlang der Wegstrecke entdecken wird. Im ersten Abschnitt durchquert der mit Rot markierte Weg am rechten Ufer der Nera ein breites, U-förmiges Tal, das stellenweise von den Feldern der Einheimischen gesäumt wird. Das Tal wird immer enger, Kalkstein verdrängt Granit und die Felswände engen den Fluss immer mehr ein. Nach fast fünf Kilometern erreicht man eine Wiese, die Poiana Meliugului oder Poiana lui Trifu, wie sie von den Einheimischen genannt wird. Am Eingang zur Wiese hört man das angeblich schönste und stärkste Echo der Welt, das von der Meliugului-Schlucht auf der linken Seite der Nera ausgeht. Es handelt sich um die größte Schlucht der Nera, fast ein Kilometer lang, an deren Ende sich die Mühle von Utan befindet. Wassermühlen sind in dieser Gegend seit dem 18. Jahrhundert bekannt, sie wurden und werden teilweise noch zum Mahlen von Getreide genutzt. Die Ortschaft Eftimie Murgu, einst Rudăria, nicht weit von der Nera-Klamm entfernt, gilt im Banater Bergland als die Heimat der Wassermühlen. 

Nicht weit von der Poiana Meliugului entfernt liegt schon der Teufelssee/Lacul Dracului (6 km von Șopotul Nou, zwei Stunden Gehzeit), etwa 20 bis 30 Meter oberhalb der Nera. Der Teufelssee ist ebenfalls türkisfarben und liegt in einem steinernen Trichter mit Felsengewölbe darüber. Er entstand an dem Tag, als die Höhlendecke, zwischen deren Wänden sich der (ursprünglich unterirdische) See befindet, einstürzte. Der See ist etwa knapp neun Meter tief, doch die Dorfbewohner behaupten, er hätte keinen Grund, weil das Wasser der Nera ihn durch einen unterirdischen Stollen in der Höhle speist. Lianen und Seerosen sinken zum Wasser hinab und schmiegen sich an die Felswände. Der Sage nach soll an diesem Ort der Teufel selbst einem Hirten, der seine Schafe in der Meliugului-Wiese hütete, erschienen sein. Nach einer Wette mit dem Teufel, die der Hirte gewinnt, stürzt sich der Teufel wütend in den See – daher auch der Name. 

Vom Teufelssee kehrt der Wanderer zum Anhaltspunkt „La Scaune“ zurück, von wo aus er auf der linken Seite der Nera weitergeht. Es folgt der zweite Abschnitt der Klamm, der längste (13 Kilometer), aber auch der spektakulärste, bis zur Bey-Brücke, wo man die Kreuzung in Richtung Ochiul Beiului und Beușnița-Wasserfälle überquert. Entlang dieses Abschnitts gibt es auf beiden Seiten der Nera Karstformationen von besonderer Schönheit: Höhlen, Alleen und Zacken, die den Berghang in zwei Hälften teilen. 

Nach etwa neun Kilometern erreicht man den Damian-Kanton, der als beliebter Zwischenstopp bei der Erkundung der Nera-Klamm gilt. Es ist der ideale Ort zum Zelten, aber auch Ausgangspunkt zum Besteigen der Kalksteinpyramide des Großen Beg-Turms/Turnul Begului. Der Große Beg-Turm wird durch den Kleinen Beg-Turm flussabwärts vom Forstkanton fortgesetzt.

Flussabwärts vom Damian-Kanton folgt die Markierung dem Waldweg, der unter der Cârșia Rolului hindurchführt, die mit ihren 270 Meter hohen Steintürmen beeindruckt. Am Fuße des Felsens befindet sich die Rolului-Höhle, in der die Karascher Haiducken einst Zuflucht fanden.  Nach vier Kilometern ist schon die Bey-Brücke erreicht. 

Es folgt der dritte und letzte Abschnitt der Nera-Klamm, von der Bey-Brücke bis nach Rumänisch-Saska – die Strecke ist nur etwa drei Kilometer lang. Nach der Überquerung der Bey-Brücke verlässt man die Forststraße, die nach Potoc führt, und folgt einem in die Felsen eingegrabenen Pfad. Es folgen sieben Tunnel im Fels – eine Besonderheit der Natur. Schließlich führt der Weg zu einer Hängebrücke, über die man ans rechte Ufer der Nera gelangt. Das Tal wird langsam breiter und schon ist man – über einen steinigen Forstweg – in Rumänisch-Saska angekommen. 

In den vergangenen Jahren wurden in der Gegend mehrere Pensionen eröffnet – die Zimmerpreise beginnen bei 200 bis 300 Lei pro Nacht, während den Low-Cost-Reisenden auch einige Campingplätze zur Verfügung stehen. Ein besonderes Erlebnis mit Schwimmbad bietet zum Beispiel die Pension „Rocker´s Inn“, in der kein Zimmer dem anderen gleicht und eine entspannte Atmosphäre herrscht. 

Verschiedene Organisationen veranstalten regelmäßig Ausflüge in die Nera-Klamm. Ein solcher Ausflug für Familien mit Kindern ist für das Wochenende vom 2. bis 4. August geplant und unter „Weekend în familie la Ochiul Bei și Beușnița“ als Facebook-Event zu finden.