Der Königstein ist ein beliebtes Ausflugsziel, inzwischen sogar von internationalem Renommee. Dazu beigetragen haben auch Forschungsprojekte über die Großraubtiere der Karpaten und die damit verbundene Öffentlichkeitsarbeit.
Filme, Fernsehsendungen, Veröffentlichungen von Studien über Wölfe, Luchse und Bären, die da noch frei in ihrem natürlichen Lebensraum anzutreffen sind, waren eine willkommene zusätzliche Werbung für die Kleinstadt Zărneşti und die Bergdörfer am Fuße des Königsteins und des Bucegi.
Seit 2004 ist das vom deutschen Ehepaar Hermann und Katharina Kurmes geführte Gästehaus „Villa Hermani“ eine beliebte Anlaufstelle, um diese Gegend, mit allem was sie an Natur und Traditionen bieten kann, zu erkunden und einige angenehme, erholsame Urlaubstage zu genießen. Das alles geschieht aber mit Rücksicht auf die besondere Umwelt. Es ist ein „sanftes Reisen“, es ist Ökotourismus.
Bewusst die Natur erleben und sich für deren Erhalt einzusetzen – das kann man zum Beispiel auch unterstützen, indem man seinen Urlaub entsprechend gestaltet. „Ich fahre gern in den Urlaub, aber wer profitiert davon?“ Diese Frage stellen sich, das muss man zugeben und das unterstreicht auch Hermann Kurmes, vor allem ausländische Touristen. Selbst wenn ein „Öko-Urlaub“ teurer ist als Pauschalreisen im üblichen Massentourismus, so bietet er auch mehr. Man erlebt mehr, man kommt in direkten Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung, man ist in kleineren Gruppen unterwegs und profitiert von einer kompetenten Führung. Man tut auch etwas Gutes, denn ein guter Teil des ausgegebenen Geldes bleibt vor Ort; ein Teil des Profits (rund 10 Prozent) wird von den Reiseveranstaltern in lokale Projekte reinvestiert.
Vorreiter im Ökotourismus
Der aus Wolkendorf/Vulcan im Burzenland stammende 57-jährige Hermann Kurmes erklärt, wie diese gut klingenden, noblen Vorsätze von seinem 1999 gegründeten Reiseunternehmen „Carpathian Nature Tours“ auch in die Praxis umgesetzt werden. Der gelernte Gymnasiallehrer für Biologie und Sport, der auch ein Betriebswirtschaftsstudium absolviert hat, wagte in seiner Heimat den Neuanfang und investierte sein Geld in den Bau eines der ersten und inzwischen bekanntesten Gästehäuser im Bergdorf Măgura.
Es trägt den Namen „Villa Hermani“ und ist in bekannten englischen und deutschen Reisekatalogs sowie Reiseführern erwähnt. Der Großteil der Kunden kommt aus dem westeuropäischen Ausland: aus England, dem deutschsprachigen Raum und nun verstärkt aus Skandinavien. Die Touristen wollen wandern, Fahrrad fahren, manche sogar klettern.
Sie wollen Wildtiere beobachten, Pflanzen bewundern, Pilze und Kräuter sammeln. Außerdem wollen sie die hier noch fast intakt anzutreffende bäuerliche Kultur, den Alltag und die Sitten eines rumänischen Bergdorfes kennenlernen. Sie wollen gesund, möglichst natürlich und „ohne Chemie“ essen. Ihre Wege führen auch außerhalb des Nationalparks zur nur fünf Kilometer auf Wanderwegen erreichbaren Törzburg, von der sie natürlich als „Dracula-Schloss“ bereits gehört haben. Oder sie besichtigen die Kirchenburgen des Burzenlandes; Kronstadt und Schäßburg, Deutsch-Weißkirch, vormals ein „Geheimtipp“, sie wandern im Bucegi oder am Hohenstein. Das alles können ihnen die Eigentümer und die Belegschaft von „Villa Hermani“ bieten. Mehrere deutsch- und englischsprachige Führer sind in der Hauptsaison im Einsatz.
Wandern und Naturstudien
Zum Standardprogramm gehören Sternwanderungen, die während einer Woche Tagesausflüge vorsehen, welche bei „Villa Hermani“ beginnen und enden, ohne dass ein Weg wiederholt wird. Höhepunkte der Urlaubstage sind Wildbeobachtungen an eigens dafür vorgesehenen Hochständen oder ein Besuch ins nahe Bärenreservat der Stiftung „Millionen von Freunden“ von Cristina Lapis. Es hat etwas gedauert, bis die Verantwortlichen der Forstregie, aber auch der Nationalpark-Verwaltung, verstanden haben, dass nicht nur aus teuren Jagdgenehmigungen Geld herausspringt, sondern eben auch durch das Einrichten und Benutzen von Hochständen für Wildbeobachtung. Allerdings, sagt Kurmes, setzt das voraus, diese auch zu pflegen, Mitarbeiter für Führungen zu schulen, das Wild regelmäßig zu füttern.
Sondergruppen kommen hierher, um Schmetterlinge zu bestimmen, Vögel zu beobachten, botanische Studien vorzunehmen. Bisher waren es in dieser Saison zum Beispiel Studenten von der Hochschule Köln, Mitarbeiter vom Frankfurter Botanischen Garten und eine Gruppe aus der Schweiz. Da ist selbst Biologielehrer Kurmes überfordert; die Gruppen reisen mit ihren eigenen Fachleuten an. Kinderlager und Familienreisen sind oft gefragt, wie auch Teambuilding-Aktionen verschiedener Firmen.
Zum Wohl des Dorfes
Was haben die Dorfbewohner von all diesem Treiben? „Villa Hermani“ sichert Arbeitsplätze für die Bedienung in Haus und Küche; das meiste, was in die Küche kommt – Milch, Käse, Fleisch –, stammt aus den lokalen Bauernhöfen. Manches wird den Touristen direkt von den Bauern angeboten. Und – was in den Städten nicht mehr so selbstverständlich ist – die Dorfbewohner nehmen sich Zeit, mit den Touristen zu sprechen, sie freuen sich über Besucher, heißen sie willkommen. Noch ist Măgura, was den Touristenandrang betrifft, nicht überfordert. Da ist inzwischen, neben Viehzucht, Käsezubereitung und Holzverarbeitung, auch der Dorftourismus als Nebenbeschäftigung präsent. Die Leute wissen nun ihr Dorf, ihre Sitten, ihre Umgebung besser einzuschätzen. „Villa Hermani“ unterstützt Säuberungsaktionen der Dorfschule-Klassen, stellte die besten Schülerzeichnungen zum Thema „Unser sauberes Dorf“ aus, spendete ein Mittagsessen für die jungen Umweltschützer und erreicht so auch ihre Familien.
Umweltschutz ist auch auf den Touren selbstverständlich, zumal man sich an die Regeln eines Nationalparks halten soll. Dessen Verwaltung leistet auch etwas dafür: so sind gewisse Wanderwege auf neueren Karten nicht mehr eingetragen, um manche Gebiete besser zu schützen. Infotafeln wurden an mehreren Orten angebracht, Feuerstellen sind eingerichtet worden. Trotzdem, Hermann Kurmes würde sich eine aktivere Präsenz der Nationalpark-Ranger wünschen. Diese sieht man selten; dafür merkt man immer wieder die Spuren von Abholzungen in der Pufferzone des Schutzgebietes, manchmal auch direkt im Reservat.
„Villa Hermani“ besitzt die Ökotourismus-Zertifizierung, CN-Tours ist eines der ersten Mitglieder des rumänischen Ökotourismusverbandes AER (Association of Ecotourism in Romania). Als solches versucht man, im Sinne der „sanften Reisen“ neue Ziele in Rumänien anzubieten. Außer dem Westgebirge kamen das Retezat-Gebirge und das Gebiet bei Vatra Dornei hinzu. Selbstverständlich konnte auch das berühmte Donaudelta nicht fehlen. Hier läuft mit schönem Erfolg ein gemeinsames Projekt mit der bekannten Kanu-Sportlegende Ivan Patzaichin, bei der viele Ökoprodukte des Donaudeltas besser vermarktet werden. In den Nachbarkreisen Harghita und Covasna werden Kleinunternehmer im Rahmen internationaler AER-Partnerschaften unterstützt. So können zum Beispiel kleine Marmeladenfabriken entstehen oder Obstsaft wird als Ökoprodukt abgefüllt und verkauft.
Der Ökotourismus bleibt zunächst ein Nischentourismus. Es besteht zudem die Gefahr, dass etwas als Ökotourismus angeboten wird, was eher marktwirtschaftlichen Überlegungen entspricht als den Anforderungen eines ernst gemeinten Umweltschutzes im Tourismus. Manche Entwicklungen in Moeciu (die Gemeinde, zu der auch Măgura gehört), das dortige Überangebot an Pensionen, mit oder ohne Betriebsgenehmigung, heben Măgura noch besser als echte ökotouristische Alternative mit Nationalpark-Vorteil hervor.