Bratislava liegt im äußersten Südwesten der Slowakei im sogenannten Dreiländereck, wo sich die slowakische, ungarische und österreichische Grenze trifft. Nach dem Zerfall der ehemaligen Tschechoslowakei wurde die Donaustadt, die früher auch unter ihrem deutschen Namen Pressburg und ungarisch als Pozsony bekannt war, 1993 zur Hauptstadt der Slowakei erklärt.
Mit ihren rund 433.000 Einwohnern ist sie viel kleiner als Wien oder Budapest – die auch touristisch bekannteren mitteleuropäischen Hauptstädte an der Donau. Bratislava ist aber in den letzten Jahren für Touristen mehr als nur ein Zwischenhalt auf einer Donau-Kreuzschifffahrt geworden.
Die Altstadt
Wer von der „Bratislavsky hrad“ herabblickt – der dominanten Burg mit den vier Ecktürmen, errichtet auf einer Erhebung direkt am Donauufer – hat ein beeindruckendes Panoramabild dieses Teiles der slowakischen Hauptstadt vor Augen. Die Donau teilt die Altstadt (Stare Mesto) von dem neueren Stadtteil Petrzalka ab. Die Altstadt liegt am Fuße der Burg und kann am besten zu Fuß erkundet werden. Das tun auch viele Touristengruppen aus aller Welt, wobei englische und deutsche Führungen am meisten gefragt sind.
Wer eine individuelle Führung bevorzugt, kann für zehn Euro eine Rundfahrt durch die engen Gassen in einem roten Oldtimer-Fahrzeug mit Anhänger buchen. Beim Einsteigen bekommt man ein Kopfhörergerät mit Erklärungen in rund 10 Sprachen (Rumänisch kann noch nicht gewählt werden), angepasst an Route und Stationen. Das originelle Touristenvehikel ist übrigens das einzige, das in der Fußgängerzone fahren darf.
Nach einer halben Stunde weiß ich nun, dass Pozsony/Bratislava zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert fast 250 Jahre lang, als Folge der Niederlage von Mohács, die Hauptstadt des von den Türken unbesetzt gebliebenen Teils des ungarischen Königreichs war. Im Martinsdom wurden bis 1830 die ungarischen Könige aus dem Haus Habsburg gekrönt.
Viele der Palais und Patrizierhäuser gehörten ungarischen Adelsfamilien. Heute sind einige davon Museen, Hotels, Sitz von Behörden oder von Botschaften und Konsulaten. Es lohnt sich, den Martinsdom zu besichtigen, wie auch das Mirbach-Palais, wo jetzt die städtische Kunstgalerie ihren Sitz hat, oder die Architektur der Bauten aus verschiedenen geschichtlichen Perioden am Hauptplatz zu bewundern, wo sich auch das Alte Rathaus und das Primatialpalais befinden.
Beim Spaziergang überraschen einen kleine, neue Metallstatuen. Sie stellen nicht etwa historische Persönlichkeiten dar, sondern zum Beispiel einen napoleonischen Soldaten, der einem hinter einer Bank über die Schulter sieht, einen Kanalarbeiter, der aus dem Gully auf die überraschten Touristen blickt, oder einen Paparazzi, der sich hinter einer Straßenecke in Lauerposition aufgestellt hat. Bei den zahlreichen Gaststätten, Bars und Kneipen kann man sich zu mäßigen Preisen etwas Leckeres gönnen.
Ich entschließe mich unter anderem für etwas Landesspezifisches: „Bryndzove halusky“. Bei „bryndza“ wusste ich, dass das nur Käse sein kann. Nachher erfahre ich, es handelt sich um einen „speziellen Schafskäse“ – auf Deutsch Brimsen genannt. Halusky sind Kartoffelknödel. Dazu passt ein Bier, wobei die tschechischen Brauereien auch von den Slowaken geschätzt werden. Eine Überraschung ist das Erfrischungsgetränk „Kofola“ – ähnlich wie ein koffeinhaltiger, leicht prickelnder Sirup, der gut gekühlt getrunken wird und an Cola erinnert.
Die Donau
Die Donau an Bord eines Schiffes zu erleben, ist in der slowakischen Hauptstadt nicht nur den Kunden von Kreuzschifffahrten vorbehalten. Im wenige Minuten von der Altstadt entfernten Personenhafen am linken Donauufer kann man für vier Euro eine 45-Minuten Panoramafahrt unter den Brücken von Bratislava unternehmen. Für zwei Euro mehr konnte man im Sommer bis zur Burg Devin, die am Zusammenfluss der Donau mit der March liegt, und zurück fahren. Dabei kann auch dieses Nationalkulturdenkmal der Slowakei und das dazugehörende Freilichtmuseum besichtigt werden.
Flussaufwärts dauert die Fahrt eineinhalb Stunden, wobei man einen kleinen Einblick in die Donauauen als Naturlandschaften mit spezifischer Tier- und Pflanzenwelt erhält. Der Rückweg ist selbstverständlich viel kürzer (eine halbe Stunde). Unterwegs begegneten wir nicht nur Schleppern, sondern auch Tragflügelbooten, die ins nahe Wien fuhren.
Die österreichische und die slowakische Hauptstadt sind heute eine Twin City, eine Zwillingsstadt, so dass es auch eine Schiffslinie „Twin City Liner“ gibt. Von Bratislava dauert die Fahrt bis Wien 105 Minuten und kostet 17 Euro (Hin- und Rückfahrt: 27 Euro). Im August gab es auch tägliche Schifffahrten nach Budapest.
Entlang des linken Donauufers spazieren vor allem nachmittags und abends gern Touristen und Einheimische auf einem neuen und schön angelegten Promenadenweg mit vielen Terrassen und einigen Botels (Hotels auf verankerten Schiffen). Auf den Grünflächen spielen Kinder, werden Decken oder große Polster ausgebreitet, auf denen sich die Menschen entspannen oder ein Buch lesen. Dieselbe lockere Stimmung und kein Verbot, den Rasen zu betreten, habe ich auch in den Parks der Stadt beobachten können.
Da wird geturnt, gespielt, jongliert, Karate geübt, mit der Frisbee-Scheibe herumgeworfen, denn die Parks sind riesengroß und bieten Platz für alle. Am rechten Ufer kann man auch baden – allerdings nicht im Fluss, sondern in einem großen, offenen Strandbad, wo es sehr international zugeht, da die Betreiber auf Touristen aus ganz Europa eingestellt sind.
Bratislava ist von der Geschichte her multiethnisch geprägt. Neben Slowaken und Ungarn haben auch Deutsche und Juden zur Entwicklung und kulturellen Bereicherung der Stadt beigetragen. Mehrere Museen sind diesen Minderheiten (hinzu kommen auch die Kroaten) gewidmet. In der Zizkova-Straße 14, am linken Donauufer unterhalb der Burg, gibt es das „Museum der Kultur der Karpatendeutschen“.
Vom „Karpatendeutschen Verein in der Slowakei“ erfährt man, dass bei der Volkszählung 2001 in der Slowakei sich 5405 Einwohner als Deutsche bekannt haben, 1342 davon im Bezirk Bratislava. Der Verein geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl höher sein müsste und behauptet, dass es in diesem Bezirk (im Westen der Slowakei entlang der Grenzen zu Ungarn und Österreich) zu Beginn des vorigen Jahrhunderts noch eine mehrheitlich deutsche Bevölkerung gab.