Der Thron auf der Basaltklippe

Die frisch restaurierte Burg von Reps wartet auf ihre Eroberung

Von ihrem Basaltplateau blickt sie stolz ins weite Land – die Festung von Reps/Rupea.

Die gewaltige Festung erstreckt sich über fast elf Hektar Land...

Fremdenführer Adrian Comşa demonstriert das genial konstruierte Schöpfrad des Brunnens in der unteren Festung.

Einen herrlichen Ausblick bis zu den Karpaten bietet die Aussichtsplattform in der oberen Burg.
Fotos: George Dumitriu

Trutzig thront sie hoch auf dem Basaltfelsen, der einzigen nennenswerten Erhebung im Repser Land, gut sichtbar von der DN 13, die Kronstadt/Braşov mit Schäßburg/Sighişoara verbindet. In der Vergangenheit ein wichtiger strategischer Punkt, hier kreuzten sich die Wege, die die Walachei, Siebenbürgen und die Moldau verbanden. Heute liegt sie, die lange nur als Ruine aus der Ferne beeindruckte, erneut im Zentrum der Aufmerksamkeit. Diesmal der der Touristen, welche die Region zwischen den beiden siebenbürgischen Städten bereisen. In den letzten drei Jahren aufwendig restauriert und vor Kurzem feierlich eröffnet, präsentiert sie sich nun fast wie früher als stolze Festung, die Fremdlinge zur Eroberung – diesmal mit Wanderstock und Knipskasten – herausfordert: die Repser Burg.

Über eine breite Zufahrt gleiten wir den Hügel hinauf, vorbei an friedlich weidenden Pferden. Allein die riesigen Parkplätze, die Pixi-WC-Häuschen und Bänke, die moderne Beleuchtung und Schilder zur kürzlich erfolgten Restauration erinnern uns daran, dass in der stolzen Burg mit ihren sieben frisch gedeckten Türmen, den Wohnhäusern und Beobachtungsposten, keine Kanonen mehr gestopft, kein Pech mehr aus Scharten gegossen und kein Speck mehr im Turm verwahrt wird. Statt dessen erwarten uns im Eingangsturm, wo früher vor Fremdlingen schnell die Hängebrücke hochgezogen wurde, ein freundlicher Führer und jede Menge Prospektmaterial mit Touristeninformationen über die gesamte Region. Der Wind zerrt unbarmherzig an der Kleidung, schnell suchen wir Schutz im Inneren der Mauern!

Speckturm, Fußgängertor, Kundschafterkammer

Heute sind wir hier noch allein, obwohl sich Fremdenführer Adrian Comşa seit der Eröffnung regen Zuspruchs erfreut: ein paar Hundert Touristen aus dem In- und Ausland erkunden wohl pro Woche die über fast elf Hektar ausgedehnte Burg. Tafeln an Türmen, Mauern und Häusern  – leider strotzt die deutsche Version nur so vor Fehlern –  informieren über die wichtigsten Fakten: die verbarrikadierte Geheimtür aus dem Jahr 1623 für Bürger aus der am Fuße des Felsens gelegenen Stadt, die diesen über einen Pfad erklimmen konnten. Der vier Stockwerke hohe Speckturm aus der ersten Hälfte des 16. Jh., der die Festung sofort als sächsische verrät.

Der Brunnen mit dem Schwungrad, so einfach-genial konstruiert, dass der Kraftaufwand umso kleiner wird, je höher der Eimer steigt. Wenn Mann und Frau hier aus demselben Becher trinken, zitiert Adrian Comşa eine Legende, soll sie  ewige Liebe verbinden. Wir haben keine Gelegenheit, die Legende zu testen, denn der Brunnen ist leider nicht mehr in Gebrauch. Statt dessen stöbern wir durch frisch gedeckte, wiederaufgebaute Wohnhäuser der sächsischen Familien, die sich hier im Angriffsfall verschanzten: Oben der Wohnbereich, direkt am schroffen Fels, der nicht selten eine der vier Wände bildet. Eine Etage tiefer  Utensilien und Vorräte. Einst gab es hier über  hundert solcher Behausungen! Von der Plattform vor der „oberen Kammer“ dann ein herrlicher Ausblick über die weite Ebene. An den Fuß des Basaltfelsens schmiegen sich die Miniaturhäuschen der Stadt Reps/Rupea in säuberlichen Reihen.

Basis für den Sachsenaufstand von 1324

1342 wird die Festung zu Reps als „Castrum Kuholom“ erstmals in Dokumenten über den Sachsenaufstand von 1324 erwähnt. Damals hatten sich Aufständler aus der ganzen Region unter der Führung des Gräfen Henning von Petersdorf hier verschanzt, um gegen den vom ungarischen König Karl  Robert von Anjou eingesetzten Woiewoden Thomas zu rebellieren.  Spätere Dokumente aus dem 15. Jahrhundert erwähnen Reps als bedeutendes Handels- und Handwerkszentrum mit zwölf Zünften. Die Burg wird heute von drei Beringen unterteilt: Der obere datiert auf das 13. -14.Jh., der mittlere auf das 15. und 16., während der untere im 17. Jh. hinzugefügt wurde. Lange diente sie den umliegenden sächsischen Dörfern als Fluchtburg, bis sie 1688 von den Österreichern besetzt –  und repariert - wurde, die dort ihre Garnison stationierten.

Die Ansiedlung von Reps soll schon im 13. Jh. neben einer älteren Szeklersiedlung entstanden sein. Bei  den Restaurierungsarbeiten wurden jedoch keine Spuren einer ungarischen Vorläuferfestung gefunden, berichtet der Führer.

Vom dakischen Rumidava zum heutigen Rupea


Schon zur Zeit der Daker war die Region besiedelt, wie archäologische Funde zeigten. Der Ort der heutigen Burg wurde erstmals von den Römern als Oppidum Rumidava erwähnt, wobei sich die Endung „dava“ auf ein dakisches Stammeszentrum oder eine Ansiedlung mit administrativer Bedeutung bezieht. Der römische Begriff „Oppidum“ deutet auf eine Befestigungsanlage in erhöhter Position hin. Nach der Eroberung durch die Römer erhält der Ort den Namen Castrum Rupes („rupes“ bedeutet „Fels“), aus dem sich die heutige rumänsiche Bezeichnung Rupea ableitet. Das römische Castrum diente der Verteidigung der Handelswege zwischen dem heutigen Kokelgebiet, dem Alt-Tal, Rosenau/Râşnov und Hoghiz.

Der Stein, der Wunden heilen lässt

Der in den Dokumenten von 1342 erwähnte Name „Castrum Kuholom“ bezieht sich auf das Basaltgestein, aus dem der Festungsfelsen besteht. Einer Legende zufolge, so Adrian Comşa, soll der Felsen heilkräftige Wirkung besitzen, die sich vor allem auf die Wundheilung günstig auswirkt. Tatsächlich wird Basalt  – die älteste vulkanische Gesteinsform in Rumänien – alten Schriften zufolge seit Tausenden von Jahren als Heil- und Schmerzstein für Erkrankungen des Bewegungsapparates eingesetzt. Hierzu wird der Stein leicht erhitzt und dann körperwarm auf die schmerzende Stelle aufgelegt. Als Massagestein ist Basalt bis heute beliebt. Im 18. Jahrhundert wurde zudem östlich der Burg eine Mineralquelle mit Heilwirkung entdeckt.

Eine tragische Legende rankt sich um den Basalt-Steilhang in der Festung, auch als „Klippe der Mädchen“ („coasta fetelor“) bekannt: Von hier soll sich so manches verzweifelte sächsische Mädchen in den Tod gestürzt haben, um nicht von türkischen oder tatarischen Belagerern als Sklavin verschleppt zu werden, erzählt unser Führer.

In Racoş, zwölf Kilometer vom Ort Gara Rupea entfernt, wurde übrigens bis ins 20. Jh. Basalt in Steinbrüchen abgebaut. Heute kann man dort  zwölf Meter hohe Basaltsäulen und Canyon-artige Felsformationen in einem einzigartigen Naturpark bestaunen.

Im Umkreis der trutzigen Burg vermitteln verschlafene sächsische Dörfer mit Wehrkirchen in zauberhafter Natur ein trügerisch idyllisches Bild der hiesigen Vergangenheit. Ach, wenn die Osmanen wüssten, welch schöner Flecken Erde ihnen da entgangen ist!