Eine Woche lang auf einem Boot – das kann wohl nicht gut gehen, dachte ich mir, während ich meine warmen Pullover und Jacken in das Gepäck zwängte. „Vergiss nicht, warme Socken mitzunehmen“, hatte mir meine Freundin noch vor der Abreise geraten. Die Socken waren schon längst im Gepäck drin, es mangelte nur noch an der Lust, frühmorgens um fünf Uhr aufzustehen, um in die Low-Cost-Maschine nach London zu steigen. Doch als der Wecker klingelte, war plötzlich auch die Reisefreude da. London, here I come!
Nach einem zweistündigen Flug von Temeswar/Timişoara aus landeten wir reibungslos auf dem Flughafen in Luton bei London. Draußen war es neblig und kalt. „Typisch London“, überlegte ich, „gut, dass ich meine warmen Sachen dabei habe“. Doch das war schon alles, was ich von dem typischen London-Wetter während meines einwöchigen Aufenthalts erleben durfte. Kurz nach der Landung besserte sich das Wetter – und es gab fast die ganze Woche über nur Sonnenschein, obwohl zu der Zeit in Rumänien – es war Anfang Oktober – eine Kältewelle zugeschlagen hatte.
Eine Metropole mit viel Grün
Eines muss gesagt werden: London ist nicht nur eine Hauptstadt, London ist eine Metropole. Mit über acht Millionen Einwohnern ist London viermal so groß wie Bukarest und doppelt so groß wie die deutsche Hauptstadt Berlin. Man merkt das sofort, wenn man von Luton bis nach Hampton Court in den Südwesten Londons etwa zwei Stunden fahren muss – ausschließlich auf der Autobahn. Auffällig ist aber auch das viele Grün, das London prägt. Es gibt zahlreiche Waldflecken – sogar mitten in der Stadt – in denen wildlebende Tiere wie Rehe, Füchse oder Hasen heimisch sind. Fährt man über die Ringstraße von London, so hat man das Gefühl, dass es nicht eine einzige Stadt ist, sondern viele kleine Orte, die aneinandergereiht sind. Das ist eigentlich London: Ein riesiger zusammengewürfelter Haufen von kleinen Städten, die gemeinsam ein Ganzes ergeben. Eine Metropole, so groß wie das gesamte Banat.
Wenn man London besuchen möchte, sollte man sich vorher erkundigen, welche Übernachtungsmöglichkeiten es gibt. Die Palette reicht vom billigen Zehn-Pfund-Hostel, in dem man sich ein Zimmer mit weiteren neun Personen teilt, bis zum Luxushotel am Golden Eye, in dem man einige Hundert Euro für eine Übernachtung bezahlt. Für mich war die Entscheidung leicht: Ich sollte eine Woche bei einem Freund verbringen, der sich ein Boot gekauft hatte und auf der Themse lebte. Eine spannende Erfahrung allemal!
Freundliche Menschen von überallher
Wenn eine Monatsmiete in der Tarifzone 1 oder 2 die Tausend Pfund im Monat überschreitet, so sucht man als junger Mensch, der in London arbeitet und lebt, ernsthaft nach Alternativen. Eine Wohnung in London zu kaufen ist kaum möglich, denn der Preis eines Ein-Zimmer-Apartments in einem keinesfalls zentral gelegenden Stadtteil überschreitet 100.000 Pfund. Ein Boot ist wohl die billigste Variante, denn ein solches Fahrzeug, das mit Küche, Wohn- und Schlafzimmer sowie mit einem Bad ausgestattet ist, kostet um die 50-60.000 Pfund und man kann es sich nach Belieben einrichten. Das Beste daran ist, dass man damit nie am selben Ort sein muss und man auf Fragen wie „Wo wohnst du denn?“, schon mal „Hampton Court“, das Reichenviertel, angeben kann. Für mich war die Erfahrung auf dem Boot ein reizvolles und unvergessliches Erlebnis. Man hat nämlich nicht jeden Tag die Gelegenheit, die Tiere der Königin, die Schwäne, zu füttern.
Doch zurück zu London: Wer gedacht hat, dass Berlin cool ist, dem rate ich eins: Ab nach London! Neben dem gut organisierten Verkehrsnetz und den exzellenten Möglichkeiten zum Freizeitvertreib sind es vor allem die freundlichen Menschen, die einen positiv überraschen. London ist eine Weltstadt, deswegen trifft man hier Leute von überallher. Wie viele von ihnen waschechte Briten sind, ist ungewiss, aber auch unwichtig. Die Londoner wissen, was Tourismus bedeutet – und zeigen das bei jeder Gelegenheit.
Kostenlose Museen für jedermann
London ist zwar teuer, aber man kann sich als Besucher schon einiges leisten, denn fast alle großen Museen sind kostenlos. Im Angebot stehen das riesige British Museum mit Funden aus der ganzen Welt, die National Gallery, die Gemälde aus allen Epochen zur Schau stellt, das Natural History Museum, das Victoria and Albert Museum und vieles mehr. Bezahlen muss man allerdings für die sogenannten „kommerziellen“ Sehenswürdigkeiten wie das Madame Tussauds´ Wachsfigurenkabinett, das Riesenrad „London Eye“, das „Sealife“ Aquarium oder den Dungeon – Londons Museum für Horrorerlebnisse. Überall kostet eine Eintrittskarte jeweils rund 20 Pfund – das Gleiche gilt für einen Besuch in den zahlreichen Schlössern in London, den man keinesfalls verpassen sollte.
Einer der besonderen Paläste in London ist Schloss Windsor. Das größte und durchgängig bewohnte Schloss der Welt gilt als das Lieblingsschloss von Queen Elisabeth II. Zusammen mit dem Buckingham Palace und dem Holyrood Palace in Edinburgh ist es eine der offiziellen Hauptresidenzen der britischen Monarchin. Ist die Queen gerade zu Hause, weht die königliche Wappenstandarte auf dem Round Tower, ansonsten ist dort der Union Jack zu sehen. Das Schloss imponiert durch seine Größe und Bauart, es verleiht dem Besucher aber auch einen authentischen Einblick in die Geschichte der britischen Monarchie. Mit einem Audio-Guide sind Touristen perfekt bedient, denn dieser ist unter anderem auch auf Deutsch erhältlich.
English Breakfast und Tee mit Milch
Man darf London nicht verlassen, bevor man die Tower Bridge gesehen und irgendwo versteckt, in unmittelbarer Nähe der Brücke, das älteste Pub Londons besucht hat. Ohne auf dem Nullmeridian von Greenwich zu tanzen und seine Uhr danach zu richten. Wenn man in London gewesen ist, muss man zumindest einmal das typische English Breakfast gegessen haben, mit zwei Würsten, zwei Spiegeleiern, Bohnen aus der Dose, gebratenem Schinken, Pommes und Toast. Für vier-fünf Pfund ist ein derartiges Frühstück in London erhältlich, dazu kommt natürlich ein schwarzer Tee mit Milch und man ist satt für den Rest des Tages und isst nur noch abends eine Kleinigkeit in Begleitung eines echten englischen Biers, von dem man am zweiten Tag überhaupt keine Kopfschmerzen bekommt. Denjenigen, die gerade die Nase rümpfen, kann ich nur raten: Wenn man einen fremden Ort besucht, sollte man versuchen, womöglich authentisches, lokales Essen zu probieren.
Eine einzige Sache hat mich in London eher negativ überrascht: Die Rumänen auf der Westminster Bridge, die Passanten mit dem Hütchen-Spiel/Alba-Neagra um ihr Geld betrügen. Illegal. Ein Moment, in dem man sich an die Taschen greift, um zu überprüfen, ob sie verschlossen sind bzw. ob man noch alles bei sich hat.
Man könnte meinen, dass eine Woche völlig ausreicht, um London kennenzulernen. Doch man liegt ziemlich falsch damit. Denn allein schon die großen Entfernungen zwischen den Sehenswürdigkeiten machen es unmöglich, mehrere an einem einzigen Tag zu besichtigen. Das sollte aber niemanden traurig stimmen, ganz im Gegenteil: Man kann immer wieder nach London zurückkehren und stets eine andere, neue Facette der Metropole entdecken. Denn gerade diese Vielfalt ist es, die London so einzigartig, so besonders macht.